Historische Romane von Henryk Sienkiewicz. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane von Henryk Sienkiewicz - Henryk Sienkiewicz

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gepaart gewesen.

      Von Sängern an allen Höfen Europas wurde Jadwiga gepriesen. Aus den fernliegendsten Ländern pilgerten die Ritter nach Krakau, um die polnische Königin zu sehen. Ihr eigenes Volk, dem sie durch ihre Vermählung mit Jagiello so viel Macht und Ruhm verliehen hatte, liebte sie wie seinen Augapfel. Nur eine große Sorge hatte sie und ihr Volk bis jetzt darnieder gedrückt. Dieser von ihm Auserwählten war von Gott Jahre hindurch die Nachkommenschaft versagt geblieben. Als aber auch endlich dieser Fluch von ihr genommen war, verbreitete sich die Nachricht wie ein Blitz vom Baltischen bis an das Schwarze Meer und bis an die Karpathen und erfüllte alle Völker des großen Reiches mit Dankbarkeit. Selbst an den auswärtigen Höfen, den Hof der Kreuzritter ausgenommen, wurde die Kunde mit Freude begrüßt. In Rom ward ein Tedeum gesungen. In den polnischen Ländern aber wurzelte die Ansicht immer fester, daß alles unverzüglich geschehe, um was die heilige Frau Gott bitte.

      So wallfahrte man immer häufiger zu ihr. Kranke flehten sie an, für ihr Gesunden zu beten, Abordnungen aus den verschiedensten Ländern und Kreisen stellten sich bei ihr ein, um sie zu veranlassen, ihnen beizustehen, und je nach Bedarf für sie Regen bei Trockenheit, schönes Wetter zur Ernte, glückliche Heueinfuhr, reichliches Ergebnis beim Honigsammeln, gute Beute beim Fischen, erfolgreiche Jagd zu erbitten. Die gefürchtetsten Ritter auf den Grenzschlössern und Burgen, die, nach damaliger Sitte, dem Raube und dem Kriege oblagen, schoben auf eine Mahnung von ihr die gezückten Schwerter wieder in die Scheiden, ließen ihre Kriegsgefangenen ohne Lösegeld frei, gaben die erbeuteten Herden zurück und reichten sich die Hände zur Versöhnung. Alle Unglücklichen, alle Armen drängten sich an den Pforten des königlichen Schlosses. Mit ihrer reinen, unschuldsvollen Seele übte sie einen ungeheuren Einfluß auf die Herzen der Menschen aus; stets war sie darauf bedacht, das Los ihrer Unterthanen zu erleichtern, den Stolz und Hochmut der Ritter und Herren zu vermindern, die Strenge der Richter zu mildern. Gleich der Verkündigerin des Glückes, gleich einem Engel der Gerechtigkeit und des Friedens waltete sie über das ganze Land. Und deshalb erwarteten auch alle, klopfenden Herzens, den Tag des Segens.

      Nach der Aussage des Fürstbischofs Wysz von Krakau, welcher als der erfahrenste Arzt im ganzen Reiche und als der berühmteste im Ausland galt, stand die Niederkunft noch nicht so bald bevor, und wenn schon Vorbereitungen getroffen wurden, so geschah dies nur, weil es eine althergebrachte Sitte war, mit den Feierlichkeiten so zeitig wie möglich zu beginnen. Noch hatte die Königin ihre frühere Schlankheit bewahrt, doch stand sie etwas vorgebeugt da. Ihre Kleidung war fast allzu einfach. An einem glänzenden Hof erzogen und die schönste von allen Fürstinnen jener Epoche, hatte sie sich ehemals gerne mit kostbaren Stoffen, Perlen, goldenen Spangen und Ringen geschmückt, aber seit einigen Jahren schon kleidete sie sich in Nonnengewänder, und während einiger Zeit verschleierte sie sogar ihr Gesicht, aus Furcht, die eigene Schönheit könne weltliche Gedanken in ihr erwecken. Als Jagiello, voll Freude über ihren Zustand, das Schlafgemach mit Goldstoff, Byssus und Kleinodien zieren lassen wollte, erklärte sie, sie habe ja längst allem Glanz entsagt, denke nur daran, daß sie bei der Entbindung vielleicht dem Tode nahe sei und daß sie in stiller Demut, fern von allem Prunk, die Gnade hinnehmen müsse, welche ihr Gott zu teil werden lasse. Die Ersparnisse an Gold und Kleinodien wurden nun für die Akademie verwendet, und auch dazu, einige neugetaufte litauische Jünglinge an ausländische Universitäten zu schicken.

      Die Königin willigte schließlich darein, ihr Nonnenkleid abzulegen, und von der Zeit an, da ihre Hoffnungen zur Gewißheit wurden, verschleierte sie auch ihr Gesicht nicht mehr, weil sie glaubte, daß sich ein Bußgewand jetzt nicht für sie eigne. Und nun blickten aller Augen voll Liebe auf dies wundervolle Antlitz, das keiner Zieraten von Gold oder von Edelsteinen bedurfte. Langsam schritt die königliche Frau von der Thüre der Sakristei zum Altar hin, den Blick emporgerichtet, in der einen Hand das Gebetbuch, in der andern den Rosenkranz haltend. Zbyszko schaute auf dies lilienweiße Gesicht, die blauen Augen, die engelreinen Züge, in denen sich süßer Frieden, unendliche Güte ausdrückten, und sein Herz fing an, heftig zu klopfen. Er wußte, daß er nach dem Gebot Gottes verpflichtet war, sowohl seinen König als auch seine Königin zu lieben, und er liebte sie in seiner Weise, aber jetzt überkam ihn plötzlich eine Liebe, die nicht auf Befehl, sondern von selbst entsteht und Ehrfurcht, Demut und Opfermut in sich schließt. Jung und heißblütig wie er war, ergriff ihn auch das Verlangen, seine Verehrung, seine Treue irgendwie zu betätigen, irgendwohin zu eilen, den Kampf mit jemand aufzunehmen, etwas zu erobern und seinen eigenen Hals dabei zu Markt zu tragen.

      »Ich werde mit Fürst Witold in den Krieg ziehen,« sagte er sich, »denn wie kann ich der heiligen Herrin dienen, wenn es in der Nähe keine Gelegenheit zum Kampfe giebt?« Daß er ihr auch auf andere Art dienen könne, als mit dem Schwerte, der Lanze oder dem Beile, kam ihm gar nicht in den Sinn, dagegen war er bereit, mit aller Macht auf Timur den Lahmen loszugehen. Sogleich nach der Messe wollte er sich zu Pferde setzen, wollte er seine Kraft erproben. Auf welche Weise, wußte er aber selbst nicht. Er fühlte nur, daß seine Hände zuckten, und daß es ihn von ganzer Seele darnach verlangte, etwas Großes zu vollbringen.

      Er vergaß auch wieder vollständig der Gefahr, die ihm drohte, sogar Danusias vergaß er, und als sie ihm durch die Kinderchöre, welche plötzlich ertönten, wieder in den Sinn kam, sagte er sich unwillkürlich, seine Neigung für sie sei etwas ganz anderes. Danusia hatte er Treue gelobt, ihretwegen sollten drei Deutsche mit dem Leben büßen, und sein Wort wollte er halten, aber die Königin stand ja hoch über allen andern Frauen, und als er darüber nachdachte, wie viele Tote er ihr wohl zu Füßen legen müsse, sah er ein ganzes Heer von Panzern, Helmen, Strauß- und Pfauenfedern vor sich, ja, ihn überkam die Ueberzeugung, daß er nicht genug thun könne.

      Indessen wendete er die Augen nicht von ihr, und in überströmender Empfindung fragte er sich, wie er sie durch ein besonderes Gebet ehren könne, da er glaubte, für eine Königin müsse man anders beten als sonst. Er war im stande, die Worte: Pater noster, qui es in coelis, sanctificetur nomen tuum« herzusagen, denn dies hatte ihn ein Franziskaner in Wilna gelehrt, aber das ganze Vaterunser konnte er nicht mehr auswendig. Und nun wiederholte er unablässig die Worte: »Gieb unserer geliebten Herrin Gesundheit und Glück, erhalte sie am Leben und wache sorgsamer über sie als über alle andern Wesen.« Inbrünstiger wurde wohl in der ganzen Kirche nicht gebetet, und doch kam dies Gebet von den Lippen eines Jünglings, über den vielleicht bald ein harter Urteilsspruch und Strafe verhängt werden sollte.

      Nach Beendigung der Messe sagte sich Zbyszko, wenn es ihm vergönnt wäre, der Königin zu nahen, müsse er vor ihr niedersinken und ihre Knie umfassen, wenn auch er und die ganze Welt darüber zu Grunde ginge, doch nach der ersten Messe kam die zweite, dann die dritte, worauf sich die Herrin in ihre Kemenate begab, denn gewöhnlich fastete sie bis zum Mittag und nahm absichtlich nicht teil an den fröhlichen Mahlzeiten, bei denen man zur Belustigung des Königs und der Gäste Hofnarren und Gaukler aller Art auftreten ließ.

      Jetzt kam der alte Edelmann aus Dlugolas zu Zbyszko und berief ihn vor die Fürstin.

      »Du wirst bei dem Frühstück mir und Danusia aufwarten, als mein Hofkavalier,« sprach die Fürstin. »Möge es Dir nun gelingen, durch irgend einen Scherz des Königs Wohlgefallen zu erringen. Und falls der Kreuzritter Dich erkennt, wird er Dich vielleicht nicht anklagen, wenn er sieht, daß Du mich am Tische des Königs bedienst.«

      Zbyszko küßte der Fürstin die Hand, dann wendete er sich zu Danusia, und wiewohl mehr an Krieg und Schlachten, als an höfische Sitten gewöhnt, wußte er offenbar dennoch, was einem Ritter geziemt, wenn er in der Frühe die Dame seines Herzens erblickt; denn er wich etwas zurück, auf seinem Gesichte malte sich der Ausdruck der Verwunderung und er rief, ein Kreuz schlagend: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.«

      Und die blauen Augen zu ihm erhebend, fragte Danusia: »Weshalb schlägt Zbyszko ein Kreuz? Die Messe ist ja schon vorüber.«

      »Weil Deine Anmut, schöne Herrin, während der Nacht so groß geworden ist, daß sie mir wunderbar erscheint.«

      Doch

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