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den vor­nehms­ten Be­woh­nern der Burg, wel­che auf dem Schre­cken­stein lag, oder den Her­ren von Rie­sen­burg, de­ren Lehn jene Burg war, und die sich dort­hin auf dem ge­hei­men Wege, den Sie ken­nen, be­ge­ben konn­ten. Wenn spä­ter ein Klaus­ner, wie er­zählt wird, den Mönchs­kel­ler be­wohnt hat, so ist es wahr­schein­lich, dass er die­se ver­bor­ge­ne Stät­te hier kann­te: der Gang, durch wel­chen wir eben ge­kom­men sind, scheint mir in der Tat in jün­ge­rer Zeit auf­ge­räumt, wäh­rend ich die, wel­che zum Schlos­se füh­ren, an vie­len Stel­len mit Sand oder Kies ver­schüt­tet fand, so­dass ich vie­le Mühe hat­te, sie frei zu ma­chen. Spu­ren end­lich, wel­che ich in der Grot­te fand, Res­te von Schüs­sel, Krug, Cru­ci­fix, Lam­pe und end­lich die Ge­bei­ne ei­nes Man­nes, der auf dem Rücken lag, die Hän­de auf der Brust ge­fal­tet wie zum letz­ten Ge­be­te, be­wie­sen mir, dass ein Ein­sied­ler hier fromm und fried­lich sein stil­les Da­sein be­schlos­sen hat.

      Un­se­re Bau­ern glau­ben, dass der Geist des Ere­mi­ten noch im In­nern des Ber­ges hau­se. Sie sa­gen, sie hät­ten ihn oft im Mond­schein um­her­ir­ren oder um den Gip­fel flie­gen se­hen, sie hät­ten ihn be­ten, seuf­zen, äch­zen hö­ren, und zu Zei­ten um­rau­sche sie aus der Tie­fe auf den Flü­geln des Nacht­win­des wie ein kaum ver­nehm­ba­rer Hauch eine wun­der­ba­re und geis­ter­haf­te Mu­sik.

      Ich selbst, Con­sue­lo, habe oft, als ich noch in der Über­rei­zung mei­ner Verzweif­lung die Na­tur um mich her mit Ge­sich­ten und Wun­dern be­völ­ker­te, die dun­ke­le Ge­stalt des kni­en­den Bü­ßers un­ter den Hus­si­ten zu se­hen ge­glaubt, und habe mir ein­ge­bil­det, sei­ne jam­mern­de Stim­me und sei­ne herz­zer­rei­ßen­den Seuf­zer aus der Tie­fe zu ver­neh­men. Seit­dem ich aber die­se Zel­le ent­deckt hat­te und selbst be­wohn­te, er­in­ne­re ich mich nicht, je einen an­de­ren Klaus­ner dar­in an­ge­trof­fen zu ha­ben, als mich, oder ein an­de­res Ge­s­penst als mei­ne Ge­stalt dar­in ge­se­hen und an­de­re Seuf­zer ge­hört zu ha­ben, als die­je­ni­gen, wel­che sich mei­ner Brust ent­wan­den.

      Con­sue­lo hat­te von Al­bert, seit ih­rer ers­ten Be­geg­nung in der Ein­sie­de­lei, nie wie­der un­sin­ni­ge Re­den ge­hört. Sie hat­te es nicht ge­wagt, ihn an die selt­sa­men Wor­te zu er­in­nern, die er in je­ner Nacht an sie ge­rich­tet, noch an die Ge­sich­te, von de­nen sie ihn da­mals um­la­gert ge­fun­den hat­te. Sie sah nun mit Er­stau­nen, dass er nichts mehr da­von wuss­te; sie ge­trau­te sich auch nicht, sie ihm zu­rück­zu­ru­fen, und be­gnüg­te sich, ihn zu fra­gen, ob ihn die Stil­le ei­ner sol­chen Ein­sam­keit denn wirk­lich von den Ge­müts­be­we­gun­gen be­freit hät­te, de­ren er er­wähn­te.

      – Ich kann es Ih­nen nicht mit Be­stimmt­heit sa­gen, ant­wor­te­te er, und wenn Sie es nicht aus­drück­lich for­dern, so will ich auch mein Erin­ne­rungs­ver­mö­gen nicht zu die­ser An­stren­gung zwin­gen. Ich glau­be wohl, dass ich vor­her von ei­nem wirk­li­chen Wahn­sinn be­fal­len war. Mei­ne ge­walt­sa­men Be­mü­hun­gen, die­sen zu ver­ber­gen, stei­ger­ten ihn und brach­ten ihn nur noch mehr an den Tag. Als ich end­lich, Dank sei es ei­nem Men­schen, der aus Über­lie­fe­rung das Ge­heim­nis die­ser un­ter­ir­di­schen An­la­ge kann­te, ein Mit­tel ge­fun­den hat­te, mich der ängst­li­chen Be­f­lis­sen­heit mei­ner An­ge­hö­ri­gen zu ent­zie­hen und die An­fäl­le mei­ner Verzweif­lung zu ver­ste­cken, än­der­te sich mein Zu­stand. Ich er­lang­te wie­der eine Art Herr­schaft über mich selbst, und si­cher, mich vor läs­ti­gen Zeu­gen ver­ber­gen zu kön­nen, wenn mich mein Übel zu hef­tig be­fie­le, brach­te ich es da­hin, vor den Mei­ni­gen die Rol­le ei­nes stil­len und in al­les er­ge­be­nen Man­nes zu spie­len.

      Con­sue­lo sah, dass Al­bert sich über Man­ches selbst täusch­te; aber sie fühl­te wohl, dass der Au­gen­blick nicht güns­tig war, um ihn über sich auf­zu­klä­ren, und voll Freu­de, dass sie ihn über sei­nen vo­ri­gen Zu­stand so kalt­blü­tig und selbst­be­wusst ur­tei­len hör­te, fing sie an die Zel­le auf­merk­sa­mer zu be­trach­ten, als es ihr das ers­te­mal mög­lich ge­we­sen war. Sie be­merk­te, dass die Ord­nung und Sau­ber­keit, wel­che ihr da­mals auf­ge­fal­len war, nicht mehr dort herrsch­te; im Ge­gen­teil, die Feuch­tig­keit der Wän­de, die Käl­te der Luft und der Schim­mel auf den Bü­chern be­wie­sen eine voll­kom­me­ne Ver­nach­läs­si­gung.

      – Sie wis­sen, dass ich Ih­nen Wort ge­hal­ten habe, sag­te Al­bert, der mit vie­ler Mühe ein Feu­er im Ka­mi­ne an­ma­ch­te. Ich habe kei­nen Fuß hier­her ge­setzt, seit Sie mich die­sem Orte ent­ris­sen ha­ben durch die un­be­schränk­te Macht, wel­che Ih­nen über mich ge­ge­ben ist.

      Con­sue­lo hat­te eine Fra­ge auf den Lip­pen, die sie aber schnell wie­der un­ter­drück­te. Sie war im Be­grif­fe zu fra­gen, ob denn Freund Zden­ko, der treue Die­ner, der ängst­lich be­sorg­te Hü­ter die Ein­sie­de­lei so ganz ver­ges­sen und ver­säumt habe. Aber sie er­in­ner­te sich, dass es Al­bert je­des Mal in eine tie­fe Trau­rig­keit ver­setzt hat­te, so oft sie sich er­dreis­te, ihn zu fra­gen, was aus Je­nem ge­wor­den wäre, und warum er sich seit je­ner schreck­li­chen Be­geg­nung in dem un­ter­ir­di­schen Baue nicht mehr vor ihr se­hen lie­ße. Al­bert war ih­ren Fra­gen im­mer aus­ge­wi­chen, in­dem er tat, als hät­te er sie nicht ge­hört, oder in­dem er sie bat, sich zu be­ru­hi­gen und von dem Un­schul­di­gen nichts wei­ter zu fürch­ten.

      Sie hat­te sich da­her an­fangs ein­ge­bil­det, dass Zden­ko den Be­fehl er­hal­ten hät­te und ge­treu be­folg­te, sich nicht wie­der vor ihr bli­cken zu las­sen. Aber als sie ihre ein­sa­men Spa­zier­gän­ge wie­der be­gin­nen woll­te, hat­te Al­bert, um ihr jede Furcht zu be­neh­men, mit ei­ner To­ten­bläs­se auf der Stirn ihr zu­ge­schwo­ren, dass ihr Zden­ko nicht be­geg­nen wür­de, denn er wäre auf lan­ge ver­reist. Wirk­lich hat­te ihn nie­mand seit je­ner Zeit wie­der­ge­se­hen und man glaub­te, er sei in ir­gend ei­nem Win­kel ge­stor­ben, oder aus dem Lan­de ge­gan­gen.

      Con­sue­lo hat­te we­der an die­sen Tod noch an die­se Rei­se ge­glaubt. Sie kann­te Zden­ko’s lei­den­schaft­li­che An­häng­lich­keit an Al­bert zu gut, um es für mög­lich zu hal­ten, dass er sich von ihm so ganz hät­te los­rei­ßen kön­nen. Und sei­nen Tod – an die­sen konn­te sie nicht ohne einen in­nern Schau­der, wel­chen sie sich selbst nicht zu ge­ste­hen wag­te, den­ken, wenn sie sich des furcht­ba­ren Schwu­res er­in­ner­te, den Al­bert in sei­ner wil­den Auf­re­gung aus­ge­sto­ßen hat­te, das Le­ben die­ses Un­glück­li­chen, wenn es nö­tig wäre, der Ruhe sei­ner Ge­lieb­ten zum Op­fer zu brin­gen. Aber sie ver­scheuch­te im­mer die­sen gräss­li­chen Ver­dacht, in­dem sie sich die Sanft­mut und die Men­sch­lich­keit vor­hielt, von de­nen Al­ber­t’s gan­zes Le­ben Zeug­nis gab. Er hat­te über­dies seit meh­re­ren Mo­na­ten ei­ner so voll­kom­me­nen See­len­ru­he ge­nos­sen, und kei­ne dro­hen­de Hand­lung von Sei­ten Zden­ko’s hat­te die Wut wie­der an­ge­facht, wel­che der jun­ge Graf in je­nem Au­gen­blick of­fen­bart hat­te.

      Al­bert hat­te ihn in der Tat ver­ges­sen, die­sen un­se­li­gen Au­gen­blick, den Con­sue­lo sich eben­falls zu ver­ges­sen be­müh­te. Er hat­te von den Vor­gän­gen in sei­ner un­ter­ir­di­schen Be­hau­sung nur die­je­ni­gen im Ge­dächt­nis­se be­hal­ten, bei wel­chen er sei­ner Ver­nunft mäch­tig ge­we­sen war. Con­sue­lo hat­te sich da­her bei der Ver­mu­tung

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