Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Tom Sawyer als Detektiv & Huckleberry Finns Fahrten (Illustrierte Ausgabe). Марк Твен
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Читать онлайн книгу Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Tom Sawyer als Detektiv & Huckleberry Finns Fahrten (Illustrierte Ausgabe) - Марк Твен страница 21
„Du schlecht?“ Und Huckleberry heulte zur Gesellschaft mit. „Ich sag‘s dir, Tom, du bist einfach Gold gegen mich! O, Gott, Gott, Gott — ich wollte, ich wäre nur halb so gut wie du!“
Tom fuhr zusammen und flüsterte: „Schau, Hucky, schau nur! Er wendet uns ja den Rücken zu!“
Hucky schaute hinaus, und Freude erfüllte sein Herz.
„Teufel, ‘s ist so! Tat er‘s vorher auch schon?“
„Ja, er tat‘s, aber ich Dummkopf dachte nicht daran. Na, das ist mal famos. Aber — wen kann er nur meinen?“
Das Heulen hörte auf. Tom spitzte die Ohren. „Pscht —was ist das?“
„‘s klingt wie — wie Schweinegrunzen. Oder, Tom — doch nicht, ‘s schnarcht jemand.“
„Ist‘s das? Wo aber, Hucky?“
„Ich glaub‘ dort, am anderen Ende. ‘s klingt wenigstens so. Pop pflegt zuweilen da zu schlafen — mit den Schweinen, aber, Gott segne dich, er macht alles zittern, wenn er schnarcht. Und dann, ich rechne, hierher kommt er nicht zurück!“
Die Abenteuerlust begann sich in den Seelen der beiden Burschen zu regen.
„Hucky, gehst du mir nach, wenn ich vorangehe?“
„Sehr gern nicht, Tom! Denk, ‘s könnt Joe sein!“
Tom zauderte. Aber sofort regte sich wieder die Versuchung, und sie beschlossen, den Versuch zu wagen, unter dem Vorbehalt, daß sie fliehen dürften, sobald das Schnarchen aufhören würde. So gingen sie auf den Fußspitzen weiter, einer hinter dem anderen. Als sie nur noch fünf Schritt von dem Schnarchenden entfernt waren, trat Tom auf einen Zweig, der mit lautem Knacken brach. Der Mann grunzte, wälzte sich ein bißchen herum, das Mondlicht fiel, auf sein Gesicht — es war Muff Potter. Die Herzen der Burschen hatten still gestanden — wie ihre Leiber, als sich der Mann rührte, aber jetzt war ihre Furcht vergangen. Sie schlichen zurück, schlüpften durch die geborstene Mauer und blieben in einiger Entfernung stehen, um sich zu verabschieden, Das lange unheimliche Geheul erhob sich wieder und klang durch die Nachtluft. Sie wandten sich um und sahen den fremden Hund wenige Schritt von der Stelle entfernt, wo Muff Potter lag, mit dem Kopf diesem zugewandt, die Schnauze zum Himmel gerichtet.
„Herrje, den meint er!“ riefen beide in einem Atem.
„Sag, Tom, sie sagen, ein scheußlicher Köter soll um Johnny Millers Haus herumgeheult haben — vor mehr als zwei Wochen. Und dann hat sich auch ‘ne Eule auf das Dach gesetzt und da geheult, am selben Abend. Und da ist doch bis heute noch keiner gestorben!“
„Ja, ich weiß. Und ich mein‘, das beweist nichts. Fiel nicht am nächsten Samstag Gracie Miller auf den Küchenherd und verbrannte sich schrecklich?“
„Ja — aber sie ist doch nicht gestorben. Noch mehr, sie ist bald wieder ganz gesund.“
„Schon recht, wart‘ nur und red‘ dann! Sie ist futsch, so gewiß als Muff Potter dort futsch ist! Die Neger sagen‘s, und die wissen so was ganz genau, Hucky.“
Damit gingen sie nachdenklich auseinander.
Als Tom in sein Schlafzimmerfenster schlüpfte, war die Nacht schon vorbei.
Er entkleidete sich mit äußerster Vorsicht und schlief ein, sich beglückwünschend, daß niemand etwas von seinem Streifzug gemerkt habe. Er hatte nicht gesehen, daß der brave, schnarchende Sid wach war — seit einer Stunde.
Als Tom aufwachte, war Sid bereits angezogen und fort. Das Licht draußen erschien Tom so spät wie auch die Luft. Er stutzte. Warum hat man ihn nicht gerufen — da er doch um diese Zeit stets schon auf war? Der Gedanke fiel ihm schwer aufs Herz.
In fünf Minuten war er angekleidet und die Treppe hinunter, übel gelaunt und schläfrig. Die Familie saß noch um den Tisch, hatte aber bereits gefrühstückt.
Kein Tadel, aber abgewandte Gesichter. Tiefes Stillschweigen und ein Hauch von Trauer; schwer lasteten sie auf des Sünders Haupt. Er setzte sich und tat ganz lustig, aber es war sehr schwer. Er bekam kein Lächeln, keine Antwort und versank in Stillschweigen, und sein Herz versank in die tiefste Tiefe.
Nach dem Frühstück nahm ihn seine Tante auf die Seite, und Tom atmete ordentlich auf, in der Hoffnung, daß er jetzt werde geprügelt werden; aber es sollte anders kommen. Seine Tante vergoß Tränen über ihn und fragte ihn, wie er hingehen und ihr armes Herz brechen könne. Und schließlich sagte sie, er solle nur sich selbst ruinieren und ihre grauen Haare mit Kummer in die Grube fahren lassen, denn sie habe den Mut in bezug auf ihn nun verloren.
Dies war schlimmer als tausend Prügel, und Toms Herz wurde noch schwerer, als es heute morgen gewesen. Er heulte, er bat um Verzeihung, versprach Besserung wieder und immer wieder, und er erhielt schließlich seine Entlassung mit dem Gefühl, nur halbe Verzeihung und schwaches Vertrauen gefunden zu haben.
Er empfand die Gegenwart gar zu trübselig, um ein Rachegefühl gegen Sid aufkommen zu lassen. So war des letzteren eiliger Rückzug durch die Hintertür überflüssig. Er schlich in düsterster Gemütsverfassung zur Schule und empfing dort seine Prügel wegen des Schwänzens mit Joe Harper am vorigen Tage mit der Miene eines, dessen Herz von schweren Kümmernissen belastet und ganz unempfindlich für Kleinigkeiten ist. Dann verzog er sich auf seinen Platz, stützte die Ellbogen auf den Tisch und das Kinn auf die Hände und starrte auf die Wand mit dem starren Gesichtsausdruck des Leidens, das den höchsten Punkt erreicht hat und nun nicht mehr gesteigert werden kann. Sein Ellbogen drückte auf einen harten Gegenstand. Nach langer Zeit änderte er schläfrig und gleichgültig seine Stellung und nahm den Gegenstand in Augenschein. Er war in Papier gewickelt. Er rollte das Papier auf. Ein langer, starrer, verschleierter Blick — und sein Herz brach! Es war der wundervolle abgebrochene Knopf von gestern! Dieser letzte Tropfen machte das Gefäß überlaufen.
Elftes Kapitel.
Kurz nach neun Uhr wurde das ganze Dorf durch die schreckliche Neuigkeit alarmiert. Obwohl sich damals noch niemand etwas von einem Telegraphen träumen ließ, flog die Nachricht doch von Mund zu Mund, von Haus zu Haus, mit fast telegraphischer Eile. Natürlich gab der Schullehrer für nachmittags frei. Man hätt‘s ihm sehr übel genommen, hätte er‘s nicht getan.
Ein blutiges Messer war bei der Leiche gefunden und durch ein paar Leute als das des Muff Potter rekognosziert worden — so hieß es. Und man sagte ferner, ein verspäteter Bürger habe Muff Potter in der Gegend des Verbrechens um ein oder zwei Uhr getroffen, wie er sich in einem Wassergraben wusch, und Muff Potter sei plötzlich ausgerissen — alles verdächtige Umstände, besonders das Waschen, was sonst gar nicht zu