Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller

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Die besten Wildwestromane & Seegeschichten - Franz Treller

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Schnelligkeit, so daß sie sich, noch bevor Ni-kun-tha hinter den Felsen untergetaucht war, in eine wohl dreihundert Schritt lange Kette aufgelöst hatten, die an Ausdehnung noch fortgesetzt zunahm. Einer nach dem anderen entschwand dem Blick des Kriegers, der bei John zurückgeblieben war.

      Der letzte der Verfolger, ein Mann von fast fünfzig Jahren, betrat eben keuchend die Felsenschlucht, in der seine Gefährten verschwunden waren. Er sah ihrer keinen mehr und lief, so schnell er konnte, hinterher. Er mochte wenig mehr als hundert Schritt zurückgelegt haben, als hinter einem etwas höher gelegenen Felsblock Ni-kun-tha hervortrat und dem Keuchenden einem Tiger gleich auf den Rücken sprang, so daß der auf einen solchen Überfall nicht vorbereitete Seneca zu Boden stürzte. Mit einem blitzschnellen Griff riß Ni-kun-tha dem unter ihm Liegenden das Messer aus dem Gürtel und stieß es ihm in den Nacken. Der Mann zuckte zusammen und verröchelte. Der Miami nahm ihm Büchse, Kugelbeutel und Pulverhorn ab, entriß ihm, die Kriegslocke erfassend, den Skalp und eilte mit unglaublicher Gewandtheit quer durch die Felsschlucht, in einer sich darbietenden Spalte untertauchend. Er kletterte einen Felsen hinan, den ein paar magere Büsche krönten, und sah sich, dahinter niederkauernd, nach den anderen Verfolgern um. Er gewahrte ihrer zwei.

      Statt nun seine eilige Flucht fortzusetzen, jetzt, da er bewaffnet und schon in verhältnismäßiger Sicherheit war, schlug er einen Bogen und brachte sich in den Rücken der Verfolger. Die glaubten natürlich, den Flüchtigen vor sich zu haben, obgleich der harte Felsboden keine Spur erkennen ließ.

      Ni-kun-tha sagte sich, daß er dem noch gefangenen John nur helfen könne, wenn es ihm gelänge, möglichst viele der Irokesen zu vernichten. Jetzt, da er über eine Büchse verfügte, die er wohl zu gebrauchen verstand, war er im Vertrauen auf seine Kraft und Gewandtheit entschlossen, das Äußerste zu versuchen, um den jungen Weißen zu befreien.

      Er vermochte von seinem jetzigen Standort aus mehrere Felsschluchten weithin zu überblicken. Die Nacht nahte schnell, und es war klar, daß die Seneca die Verfolgung bald aufgeben und zum Lagerplatz zurückkehren würden. Tatsächlich tauchte bereits einer der Krieger, auf dem Rückweg begriffen, auf und kam auf ihn zu. Ni-kun-tha ließ ihn nahe herankommen, zielte und schoß. Der Mann stürzte zusammen. Der Miami war mit wenigen Sprüngen neben ihm, nahm dem Toten Büchse und Skalp, sprang in eine Seitenschlucht und kletterte über die Felsen, den ziemlich weit zerstreuten Feinden entgegen.

      Er brauchte nicht lange herumzuspähen, als er zwei von ihnen, die den Schuß gehört haben mochten, die Schlucht zur Rechten herabkommen sah. Er hatte beide Gewehre, über die er jetzt verfügte, schußfertig gemacht. Die Irokesen waren natürlich der Meinung, einer der ihren habe den Flüchtigen entdeckt und nach ihm geschossen. Sie sahen sich scharf um, beachteten aber weiter keine Vorsichtsmaßregeln, die dem waffenlosen Gegner gegenüber ja auch unnötig erschienen.

      Sobald sie in Schußweite waren, feuerte Ni-kun-tha. Einer der Männer fiel, durch die Brust getroffen, auf das Gesicht, der andere stand ein paar Sekunden wie erstarrt und sah zu dem Felsgipfel empor, von dem der Schuß gefallen war; er mußte den dort aufsteigenden Pulverdampf sehen. In blitzschneller Erkenntnis suchte er Deckung, allein es war zu spät; die Kugel des Miami erreichte ihn noch im Sprung; zwischen die Schulterblätter getroffen, brach er zusammen.

      Jetzt tauchte fast unmittelbar hinter dem Gefallenen der letzte Verfolger auf. Da er die beiden Krieger in ihrem Blut liegen sah, zuckte er zusammen und sprang, einen leisen Überraschungsschrei ausstoßend, hinter den nächsten Felsen.

      Ni-kun-tha nahm seine beiden Gewehre, glitt den Felsen hinab, lief in Richtung auf den Fluß, hielt nahe des Ausgangs der Schlucht inne, lud seine Waffen und kletterte am nächsten Felsenhang hoch. Auf dem Gipfel legte er sich nieder und umwand sich den Kopf mit Gräsern und Zweigen. Seine funkelnden Augen durchspähten die sich seinem Blick darbietenden Schluchten und Gipfel. Nach einer Weile gewahrte er auf einem Felsen fast genau gegenüber den Feind in bedrohlicher Stellung. Der Mann mußte ihn gesehen haben, denn die Büchse des Seneca war auf ihn gerichtet. Der Miami vermochte seinerseits nur einen Teil des Kopfes und des rechten Armes seines Gegners zu erkennen. Er schoß trotzdem, erkannte aber sogleich, daß seine Kugel das Ziel verfehlt hatte. Er griff zu der zweiten Büchse und zielte abermals. Zwei Schüsse knallten gleichzeitig, aber weder Ni-kun-tha noch der Irokese traf; der Miami hörte die Kugel dicht an seinem Ohr vorüberpfeifen.

      Aufspringend eilte der junge Häuptling mit erstaunlicher Schnelligkeit, die abgeschossene Büchse in der Hand, an der Rückseite des Felsens hinab und lief auf die Stellung des Seneca zu, um diesen, bevor er noch laden konnte, zu überraschen und den Kampf mit Messer und Tomahawk zu beenden. Er wußte, daß er diesen Feind nicht entrinnen lassen durfte. Denn kam er heil zum Feuer zurück, war es um John zweifellos geschehen. Die beiden überlebenden Irokesen hätten es nie gewagt, mit einem so gefährlichen Feind auf den Fersen, sich durch einen Gefangenen in der Bewegungsfreiheit hindern zu lassen.

      Ni-kun-tha hatte einen zweifellos sehr gefährlichen Feind vor sich. Er sah, um eine Felsecke blickend, den Irokesen in kaum fünfzig Schritt Entfernung auf sich zukommen. Offenbar hatte er seine Stellung in der gleichen Absicht wie sein Gegner verlassen. Im Augenblick, da sie sich erblickten, blieben beide Indianer stehen und maßen einander mit haßerfüllten Augen. Der Irokese ließ den Kolben seiner Büchse zur Erde sinken und griff zum Pulverhorn. Ni-kun-tha tat es ihm nahezu gleichzeitig nach. Sich gegenseitig unausgesetzt im Auge behaltend, begannen beide, mit kurzen, genau berechneten Griffen ihre Büchsen zu laden. Beide wußten: derjenige von ihnen, der dem anderen auch nur eine Sekunde Vorsprung ließ, war unweigerlich verloren. Das Pulver war im Lauf; beide schoben gleichzeitig den Pfropf nach. Wie Soldaten auf dem Exerzierplatz zogen sie die Ladestöcke und stießen sie in die Läufe. Blitzschnell griff Ni-kun-tha zur Kugel und wickelte sie in das Pflaster aus weichem Leder, aber der Irokese war ebenso schnell, in der gleichen Sekunde setzten beide die Ladestöcke an, um sie hinabzutreiben. Ein, zwei, drei Stöße – die Kugeln saßen auf der Ladung. Jetzt galt es das Pulver noch auf die Pfanne zu schütten, und die Gewehre waren schußfertig. Bis jetzt war keiner der beiden Gegner dem anderen auch nur um einen Handgriff zuvorgekommen.

      Ein Gedanke zuckte Ni-kun-tha blitzartig durchs Hirn: in der schnellen Ausführung und im Gelingen lagen Sieg oder Tod: Es mußte möglich sein, durch starkes Aufstoßen des Büchsenkolbens auf den Boden genügend Pulver durch das ziemlich weit gebohrte Zündloch in die Pfanne zu bringen. Gedanke und Ausführung waren nahezu eins. Während der Irokese sein Gewehr hob, um die Pfanne in den Bereich seines Pulverhornes zu bringen, stieß Ni-kun-tha seine Büchse mit hartem Ruck kräftig auf den felsigen Boden, riß sie im gleichen Augenblick an die Wange und schoß. Der Schuß brach; durch das Herz getroffen, sprang der Seneca hoch und fiel nieder auf das Gesicht.

      Ni-kun-tha wollte eben einen gellenden Siegesschrei ausstoßen, als ihm bewußt wurde, daß er den am Feuer zurückgebliebenen Seneca dadurch warnen würde. Schweigend ging er zu dem Gefallenen, bemächtigte sich der blutigen Siegestrophäe und suchte dann auch noch die beiden anderen Toten auf, um den Skalp an sich zu bringen. Dann wählte er sorgfältig das beste der Gewehre aus, nahm außerdem noch Pulverhorn, Kugelbeutel, Messer und Tomahawk an sich und zog sich in ein Versteck zurück, von dem aus er die Prärie überblicken und das buschige Flußufer wie den dunklen Waldsaum im Hintergrund wahrnehmen und beobachten konnte. Geduldig wartete er, bis die Nacht völlig hereingebrochen war, dann ging er, außer den eigenen auch noch die für John bestimmten Waffen und Ausrüstungsgegenstände tragend, dem Fluß entgegen. Oberhalb der Lagerstelle überquerte er das Gewässer, nachdem er sich für den trockenen Transport der Waffen und des Pulvers ein kleines Floß gebaut hatte, und betrat das jenseitige Ufer.

      An dem hell lodernden Feuer saß der alte Irokese, bald in die Glut starrend, bald angestrengt lauschend oder auf John blickend, der mit Stäben gefesselt regungslos neben ihm lag. Beide hatten den fernen Widerhall der Schüsse vernommen, John von schmerzlichen Gedanken bewegt, mußte er doch damit rechnen, daß sämtliche Schüsse seinem roten Freunde galten und daß eine Kugel davon ihr Ziel schließlich erreichte. Nun herrschte nachtschwarze Dunkelheit ringsum, und längst

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