Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller
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Читать онлайн книгу Die besten Wildwestromane & Seegeschichten - Franz Treller страница 128
»Ned!« lachte der Irre; er wußte das jetzt wieder, aber deswegen war es in seinem Hirn nicht klarer geworden; auch er stammelte, seine Augen glänzten wie im Fieber, er versuchte dem bärtigen Seemann die Wangen zu streicheln. »Bob«, lallte er, »Bob und Ned! Mutter – gute Frau – Holy Christmas – Bob und Ned! Ned bleibt bei Bob! Immer bei Bob!«
Immer noch mehr verblüfft als erschüttert standen der alte Burns und der junge Lord neben den beiden Männern. Das Ganze schien so unglaublich, daß sie es hier, im Getümmel der Schlacht, noch nicht zu verarbeiten vermochten. »Das ist wahrhaftig das merkwürdigste Erlebnis, das ich je hatte«, flüsterte Richard Waltham. Dem alten Puritaner aber schien dieses seltsame Wiederfinden zweier seit langer Zeit getrennten Brüder wie ein gutes Omen; er glaubte darin Gottes Hand zu erkennen. O Gott, betete er heimlich, gib mir meine Kinder zurück! Du bist wunderbarer als alles, was Menschenhirn zu erdenken vermag!
Inzwischen war die Schlacht weitergegangen. Die Gefährten sahen jetzt flüchtende Franzosen an sich vorüberlaufen, um tiefer im Gehölz Deckung zu suchen; gleich darauf erschienen in Pulverdampf eingehüllt auch schon die scharlachfarbenen Röcke der englischen Infanterie. In weit auseinander gezogener Linie gingen die Grenadiere mit gefälltem Bajonett vor.
In dieser Situation vermochte Bob Green, der den wiedergefundenen Bruder zu Boden gerissen hatte, weil die Kugeln über ihnen durch die Zweige pfiffen, sich nicht länger zu halten. »Kommt!« brüllte er den anderen zu, »jetzt oder nie!« Und mit äußerster Lungenkraft, als müsse er einen Orkan an Bord seiner Sloop überbrüllen: »Hurra! Hurra! Hurra für Old-England! Hurra!« Hinter ihm suchten auch die anderen in dichtem Pulverdampf den Weg ins Freie. Nach vorn zu und im Gehölz selbst tobte wilder Kampf. Es war ein Wunder, daß keine der von beiden Seiten kommenden Kugeln sie traf. Sie traten keuchend aus dem Walde heraus und sahen sich einer ausgedehnten Linie englischer Grenadiere gegenüber, deren Bajonette im Sonnenlicht glänzten. Sie liefen auf die Linien zu, fortgesetzt »Hurra!« brüllend und wild mit den Armen gestikulierend.
Ein Offizier, den blanken Degen in der Faust, brüllte sie an: »Seid ihr wahnsinnig? Wer seid ihr? Wohin wollt ihr?«
»Engländer!« brüllten alle fast gleichzeitig zurück. »Waren Gefangene der Franzosen! Wurden dank eurer Tapferkeit befreit!«
»Hinter die Linie!« Der Offizier winkte mit dem Degen. »Zurück! Zurück! Hinter die Linie!«
Sie liefen geduckt zwischen den auseinandergezogenen Linien der zum Angriff gestaffelten Infanterie durch, hetzten und liefen mit keuchenden Lungen weiter bis zu einem anderen Gehölz, wo sie auf Miliz-Reservetruppen stießen.
Sie waren hier kaum angekommen und wollten sich bei dem befehligenden Offizier melden, als sich im Rücken der Miliz ein wildes Geheul erhob. »Who-whoop!« gellte es, »who-whoop! Who-whoop!« Scharen heulender, tobender Indianer kamen heran. Gleichzeitig hörte man hinter den englischen Linien Kanonengebrüll. Die Miliz hatte im Augenblick Stellung bezogen; ihre Salven fielen, genau abgezirkelt, wie Hammerschläge. Ebenso schnell wie sie gekommen, fluteten die roten Angreifer zurück. An ihrer Stelle aber tauchten jetzt, den Engländern gänzlich unerwartet, lange Reihen französischer Infanterie auf, die sich den Rotröcken mit gellendem »Vive le roi!« entgegenwarfen.
In dem Gehölz, in welchem die Gefangenen bis vor kurzem noch geweilt, hatte sich das blutige Spiel durch diesen überraschenden Angriff im Rücken der Front blitzschnell zu Gunsten der Franzosen gewendet; kämpfend und fechtend, unter furchtbaren Verlusten, zäh Schritt für Schritt verteidigend, gingen die Grenadiere zurück. Ins Freie getrieben, gerieten sie zwischen zwei Feuer. Es war kein Zweifel mehr: die aus dem Norden gemeldeten französischen Verbände waren zur Stelle und hatten sofort in den Kampf eingegriffen.
Unsere Freunde schlossen sich den Miliztruppen an, die sich, nachdem sie den indianischen Angriff abgewiesen hatten, in einem zweiten Treffen sammelten. In dem anderen Gehölz wütete furchtbar der Kampf. Dort fochten englische Grenadiere jetzt mit ›französischen‹ Indianern, das heißt mit unsichtbaren Feinden; sie fielen haufenweise unter den aus dem Hinterhalt, aus Büschen und Baumkronen abgefeuerten Kugeln.
Inmitten der in einzelnen Abteilungen gegliederten Milizen hielt zu Pferde ein junger Mann mit den Abzeichen eines Obersten der Kolonialmiliz. Burns und Waltham sahen ein klares, streng gemeißeltes Profil, ein Gesicht von fast klassischer Schönheit, das von zwei großen, strahlend blauen Augen belebt wurde. Der ganze Mann, mit seinem Pferd zu einer Statue verwachsen, bot das Bild eiserner, unerschütterlicher Ruhe. Er beobachtete das Hin- und Herwogen der Schlacht aufmerksam durch das Glas. Jetzt ließ er den Feldstecher sinken und sagte zu einem der neben ihm haltenden Adjutanten gewandt: »Genau, wie ich es vorausgesagt habe. Dieser verrückte Vorstoß der Regulären hat unsere ganze linke Flanke entblößt; das wird uns noch teuer zu stehen kommen. Reite zu den Pennsylvaniern, Putnam. Sie sollen sich bereithalten, die geworfenen Linientruppen aufzunehmen. Werden sie selbst angegriffen, sollen sie sich geordnet auf das Fort Necessity zurückziehen. Sollen aber keinesfalls die Fühlung mit mir verlieren. Wir werden hier gleich die ganze Meute, Franzosen und Rothäute, auf dem Nacken haben.«
»Zu Befehl, Colonel!« Der Adjutant sprengte davon.
Der Befehlshaber wandte sich einem anderen Adjutanten zu: »Sprengen Sie zurück, Gates, sagen Sie den Shawano, ich lasse bitten, die Burschen da drüben« – er wies mit der Hand – »in der Flanke zu fassen und den Rotröcken etwas Luft zu verschaffen.« Auch dieser Adjutant sprengte davon.
Bewundernd starrten Elias Burns und Richard Waltham auf den jugendlichen Milizkommandeur; dieser Mann sah aus, als vermöchte ihn der in der vorderen Schlachtlinie herrschende Wirrwarr nicht im geringsten zu beunruhigen. Auch seine Männer, durchweg büchsenbewaffnete Farmer, schienen von einer staunenswerten Kaltblütigkeit und Gelassenheit.
»Wer ist der Kommandeur?« wandte sich Richard Waltham an einen in der Nähe hockenden Farmer, der dabei war, seine Büchse auf eine Ladehemmung hin zu untersuchen.
»Oberst Washington aus Virginien, Sir«, antwortete der Mann.
Zur Rechten und Linken rückten die Feinde trotz tapferster Gegenwehr weiter vor. Schon kamen panikartig flüchtende Soldaten zurück. Der Oberst wandte sich an den neben ihm haltenden Hornisten: »Angriffssignal für das erste und zweite Bataillon!«
Das Signal erklang. Augenblicklich gingen an die sechshundert Büchsenschützen in aufgelöster Linie vor; zwei andere Bataillone rückten als Reserve an ihre Stelle.
»Nicht zu weit vor, Boys!« rief Washington mit weithin schallender Stimme. »Schafft den Rotröcken Luft. Achtet auf die Signale!«
»Ay, ay, Sir! Hurra, Oberst Washington!« brüllte es im Chor. Zweihundert Gewehre entluden sich in einer donnernden Salve.
In einiger Entfernung von dem Hügel, auf dem der Kommandeur mit seinem kleinen Stabe hielt, und nicht weit entfernt vom Standort unserer Freunde, standen auf einer kleinen Erhöhung unter einer Platane drei Personen und starrten in das wilde Getümmel. Es waren dies John und Mary Burns und Ni-kun-tha, der Miami, der mit funkelnden Augen den Gang der Schlacht verfolgte. Sie waren eben erst hier eingetroffen, und auch sie erblickten nun den berittenen Mann auf dem Hügel, dessen befehlsgewohnte Stimme über das Schlachtfeld schallte.
»Feuerauge!« sagte Ni-kun-tha zu John, »sehr großer Krieger! Wir jetzt hinabgehen zu Inglis.«
Sie eilten eben auf die in Reservestellung verharrenden Milizen zu, als von dem Hügel hinter ihnen eine stattliche Indianerschar herabgestürmt kam. Da Ni-kun-tha sie erblickte, rief er,