Charles Fourier: Sein Leben und seine Theorien. Bebel August

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Charles Fourier: Sein Leben und seine Theorien - Bebel August

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wollen Allesmacher sein, wo sie nur Werkzeuge sein sollen und können. Da man sich hüben wie drüben dieses Verhältnisses selten bewußt ist, schreien die Einen über Verrath, die Andern über Undankbarkeit der Masse; das Erstere ist selten wahr, das Letztere zu behaupten stets eine Narrheit, ein Verlangen, das nur Diejenigen stellen können, die sich über die Natur ihrer Stellung nie klar waren, Schieber zu sein glaubten, wo sie nur Geschobene sein konnten.

      Jeder großen Umgestaltung in der Gesellschaft geht zunächst eine Periode der Gährung voraus, eine Periode, die, je nach dem Stande der allgemeinen Bildung und Kultur, nach dem Gewicht der betheiligten Klassen und nach der Kraft und der Macht der widerstrebenden Gewalten, bald längere, bald kürzere Zeit dauert, ehe die Bewegung zum offenen Ausbruch kommt und ihr Ziel in irgend einer Form, das wieder von dem mathematischen Kraftverhältniß der gegeneinander wirkenden Faktoren abhängt, erreicht. Geht eine Bewegung über ihr Ziel hinaus, d. h. erreicht sie mehr, als sie, in sich selbst zur Ruhe gekommen, im Interesse der nun in der Macht befindlichen Gewalten, die nunmehr den Schwerpunkt bilden, um den Alles gravitirt, erreichen soll und, setzen wir hinzu, erreichen darf, so folgen die Rückschläge. Mit andern Worten, eine ihrem inneren Wesen nach selbst wieder auf Klassenherrschaft abzielende Bewegung darf nicht weiter gehen, als sie die Unterstützung der maßgebenden Interessirten findet.

      Scheinbar ist bis jetzt jeder Revolution eine Reaktion gefolgt, in Wahrheit wurde die Bewegung stets auf ihren natürlichen Schwer- und Ruhepunkt zurückgeführt, weil sie darüber hinaus ging. Dieser Zustand ist aber stets, auch wenn er durch eine gegen die weiter vorwärts drängenden Elemente gerichtete gewaltsame Reaktion herbeigeführt wurde, dem Zustande, der vor der Bewegung bestand, weit voraus. Man hört z. B. so häufig die Bemerkung machen, daß die bürgerliche Revolution der Jahre 1848 und 1849 in Deutschland an der Macht der Reaktion gescheitert sei. Das ist einfach nicht wahr. Die Bewegung hat erreicht, was sie nach ihrem wahren innern Gehalt erreichen konnte. Revolution und Reaktion rangen so lange mit einander, bis sie auf dem Punkt ankamen, auf dem sie sich zu verständigen vermochten. Die Grenze war, wo die Lebensfähigkeit des Alten aufhörte und die Lebensmacht des Neuen begann. Von vornherein war ein großer Theil der anfangs revolutionären Kräfte, die das behäbige Bürgerthum umfaßten, entschlossen, über eine gewisse Grenze nicht hinaus zu gehen. An diesem Punkt angekommen, trennten sich diese Kräfte von den weiter drängenden Elementen. Dadurch verlor die Bewegung einen Theil ihrer Kraft, sie war ohnmächtig, weiter zu gehen. Und wie immer nach 1849 die Reaktion in Deutschland hauste, das, was thatsächlich jetzt bestand, ging weit über das hinaus, was vor 1848 bestanden hatte. Die neuen Ideen hatten trotz alledem gesiegt und Alles, was seitdem in Deutschland geschah, ist nur durch diesen Sieg im „tollen Jahr“ möglich geworden.

      Rückschläge werden nun nothwendig in jeder Bewegung kommen, die selbst wieder auf Klassenherrschaft, wenn auch sich selbst unbewußt, hinausläuft. Ein solcher Rückschlag kann erst dann unterbleiben, wenn eine Bewegung siegt, die in ihrem Wesen und Prinzip die Aufhebung aller Klassenherrschaft bedingt und daher alle Formen sozialer und politischer Herrschaft aufheben muß.

      Bisher waren alle Bewegungen, die ihr Ziel erreichten, Bewegungen der ersteren Art, und so begreift sich von vornherein, daß auch die Bewegung, die gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich begann und im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts zur Entscheidung kam, diesem Schicksal aller bisherigen großen Volksbewegungen nicht entgehen konnte. Ihr Charakter als Klassenbewegung des Bürgerthums, ihr Ziel, die Herrschaft desselben zu begründen, zwang sie schließlich, sich gegen die revolutionäreren Elemente in ihrer eignen Mitte zu richten, und, da man innerhalb der Bewegungselemente und nachdem die Bewegung absolut gesiegt hatte, weder hüben noch drüben diesen inneren Widerspruch, in dem man sich zu einander befand, begriff, mußte man sich gegenseitig bis zur Vernichtung bekämpfen und im Blute ersticken. Die Interessen des Großbürgerthums mußten, weil sie die entscheidenden waren, die Oberhand behalten, aber aus Furcht vor neuen inneren Gegensätzen und Kämpfen warf sich dieses der Militärdiktatur des Konsulats und des Kaiserreichs in die Arme, um sich, d. h. die neue Gesellschaft, zur Ruhe und zum Genuß des Errungenen kommen zu lassen.

      Der Kampf gegen das alte System richtete sich in Frankreich gegen alle bisherigen Grundlagen der alten Gesellschaft, gegen die Kirche, den Adel, die absolute Staatsgewalt, gegen die Besteuerungs-, die Eigenthumsformen, das Erziehungssystem, die sozialen Einrichtungen. Nichts blieb im Laufe der Jahrzehnte, die dieser zunächst rein literarische Kampf währte, unangetastet. Die Angriffe wurden immer kühner. Ganz neue Staats- und Gesellschaftssysteme (Condorcet, Morelli, Mably, Rousseau) tauchten auf und erklärten dem Bestehenden den Krieg; ebenso wurden fast alle Zweige der Naturwissenschaften und insbesondere auch die Philosophie in der radikalsten Weise behandelt. Die Verfolgungen, welche die Staatsgewalt und die Kirche gegen diese Feinde der alten Ordnung in Szene setzten, hatten so gut wie keine Wirkung, sie gossen nur Oel in's Feuer. Jahrelange Gefängnißstrafen, Verbannungen, Degradirungen, Ausweisungen gegen die Verfasser, Verbrennung ihrer Bücher und Schriften, Verbote gegen ihre Verbreitung, gesellschaftliche Aechtung der Autoren, Alles half nichts. Die Bewegung schwoll von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr an, sie ergriff Alles, was Kenntnisse und Intelligenz besaß, sie erfaßte sogar die Frauen und wuchs so, daß die Gewaltmittel des Staates versiegten und dieser wie die Kirche von einer Position in die andere zurück gedrängt wurden. Im vorletzten Jahrzehnt vor der Revolution gab es in Frankreich keinen Schriftsteller von einiger Bedeutung, der nicht im Gefängniß gesessen oder Verbannung erlitten, oder dessen Werke nicht verboten oder öffentlicht verbrannt worden, oder der nicht in irgend sonst einer Weise verfolgt, drangsalirt und geschädigt worden war. Voltaire, Montesquieu, Rousseau, Beaumarchais, Diderot, d'Alembert, La Mettrie, La Harpe, Marmontel, Morellet, Buffon, Linguet und viele, viele Andere verfielen der Verfolgung. Wenn Holbach und Helvetius, Turgot, Quesnay, Necker, Condillac, Laylain, Cuvier, Lavoisiers, Bichot, Mirabeau der Aeltere solchen Verfolgungen entgingen, geschah es, daß sie, wie die beiden Erstgenannten, anonym schrieben, oder daß sie zu einer Zeit schrieben, wo das System, von der Nutzlosigkeit der Verfolgungen betroffen, ermüdet war, oder daß sie wissenschaftliche Thematas behandelten, die dasselbe nicht direkt berührten. Und auch in letzterer Beziehung ging das Mißtrauen sehr weit; so mußte Buffon, als er 1751 seine Naturgeschichte veröffentlichte, der Pariser theologischen Fakultät ausdrücklich versprechen, daß Alles, was er in seinem Buche lehre, mit der biblischen Schöpfungsgeschichte nicht in Widerspruch stehe. Die Enzyklopädie der d'Alembert, Diderot und Genossen aber wurde mit der Motivirung verboten, „daß sie Grundsätze enthalte, welche darauf hinzielten, den Geist der Unabhängigkeit und Empörung zu wecken und unter dunkeln und zweideutigen Ausdrücken den Grund zum Irrthum, zur Sittenverderbniß und zum Unglauben zu legen.“ Doch alle diese Maßnahmen retteten das System nicht.

      Die Bewegung hatte endlich ihren Höhepunkt erreicht, die Gesellschaft wollte statt der Theorien Thaten sehen. Der Hof suchte durch halbe Konzessionen und kleinliche Maßregeln, die das Gegentheil erzeugten von dem, was sie bezweckten, dem Drängen nachzugeben. Der Sturm brach endlich los. Wir beschreiben nicht die französische Revolution, wir skizziren sie nur kurz, weil dies für unsern Zweck genügt. Die Nationalversammlung, anfangs den Bestand des Königthums als selbstverständlich ansehend, wurde im Laufe der Ereignisse über sich selbst hinaus getrieben. War die Konstituante noch königlich, der Konvent wurde republikanisch. Die zunehmende Noth der Massen, Mangel an Lebensmitteln, Mangel an Arbeit, Wucher, Mißtrauen gegen Oben schürten den Brand. Die royalistischen und pfäffischen Intriguen im In- und Ausland, die Alles beunruhigten, weil sie alles Gewonnene in Frage zu stellen schienen, verstärkten die schon vorhandene heftige Aufregung. Der Fluchtversuch des Königs, seine ganze zweideutige Haltung steigerten das Mißtrauen und den Haß gegen ihn und die alten Stände. Der Zustand der Staatsmaschinerie, die durch die Ereignisse in Unordnung gebracht, durch die Aufhebung der alten drückenden Steuerlasten und Abgaben der Mittel zur Funktionirung beraubt war, zwang zur Ausgabe von Massen Papiergeld (Assignaten), die als Zahlungsanweisungen auf die konfiszirten Kirchengüter und später auch auf die konfiszirten Güter der emigrirten Adeligen ausgegeben wurden. Aber da in dem allgemeinen Tohuwabohu der Verkauf dieser Güter sehr langsam vor sich ging und die Staatsbedürfnisse in's Riesenmäßige stiegen, als das Land gezwungen wurde, nach dem Sturz des Königthums und der Enthauptung

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