Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer

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Arbeit, nahm den Basthut ab und strich die Haare von den Wangen zurück. Dann stieg sie gegen die Hütte hinauf.

      Mazegger stand wie versteinert, solange er sie noch sehen konnte. Als sie verschwunden war, reckte er seine Gestalt, wie von einem Bann erlöst, und brach in ersticktes Lachen aus. Das Gesicht von Blässe überzogen, ging er zu dem Baum zurück, an den er seine Büchse gelehnt hatte. Zitternd klammerten sich seine Hände um die Waffe, während sein Blick die Höhe suchte, über deren Büsche das von Efeu umsponnene Dächlein herunterblickte. Eine wilde Drohung flammte aus den brennenden Augen des Jägers.

      Er warf die Büchse auf den Rücken und schritt in den Wald hinein. Jeden Pfad vermeidend, kletterte er zwischen dem Gewirr der bemoosten Blöcke an der Lehne des Berges hin. Und plötzlich warf er sich ins Moos und grub das Gesicht in die Arme. Fast eine Stunde lag er so. Müd, als wären ihm alle Glieder wie gebrochen, richtete er sich endlich auf. Sein Gesicht brannte, und die Falten des Ärmels hatten ihm Striemen auf die Wangen gedrückt.

      Er zog die Uhr. Es war Mittag geworden. Da konnte er ins Tal hinuntersteigen, ohne fürchten zu müssen, daß ihm der Förster oder einer der Jäger auf dem Weg begegnen könnte, der ihm verboten war.

      Siebentes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Es ging auf ein Uhr mittags, als Praxmaler im Tempo eines Wettläufers bei den Jagdhäusern eintraf. Auf halbem Wege war er vorausgegangen unter dem Vorwand, die Heimkehr des Fürsten anzumelden, damit der »Herr Kammerdiener« alle Bequemlichkeiten für seinen Herrn in Bereitschaft halten könnte. Ettingen hatte dem etwas auffälligen Diensteifer des Jägers gerne zugestimmt, da es ihm lieb war, mit seinen Gedanken allein zu sein. Da hatte nun Pepperl, sobald er seinem Herrn aus dem Gesicht gekommen war, einen Dauerlauf angeschlagen, bei dem er schließlich das letzte »Bröserl« seines Atems auspumpte.

      Als er die Tillfußer Lichtung erreichte, schnappte er nach Luft, wie ein aufs Trockene geratener Fisch nach Wasser. Die Faust auf die arbeitende Brust drückend, spähte er nach allen Seiten, ohne was Verdächtiges zu gewahren. Friedlich lagen die Jagdhäuser mitsamt der Sennhütte in der weißen Mittagssonne, kein Mensch war zu sehen, nur ein paar Kühe grasten mit bimmelnden Glocken über das Almfeld hin. Das Bild dieses sonnigen Friedens wirkte wie Öl auf die erregten Wogen in Pepperls Seele. Er atmete auf und stieg zum Jagdhaus hinauf. »He! Herr Kammerdiener!« Keine Antwort. Er wird wohl in der Kuchl sein! dachte Pepperl und ging auf die Tür zu, aus der ihm so wundersame Düfte entgegenquollen, daß er schnuppernd die Nase hob. »Sakra! Sakra! Da gibt's was Nobels!« Er stellte Büchse und Bergstock nieder, nahm das Hütl ab und trat in die Küche. Sein erster Blick suchte den Kammerdiener, und da er ihn nicht fand, vergaß er, die Jungfer Köchin zu grüßen, und fragte nur: »Wo is er denn?«

      »Wer?«

      »Der Herr Martin.«

      »Wahrscheinlich sitzt er wieder drunten in der Almhütt und schneidet der Sennerin die Cour. Ein rundes, gesundes Mädl! Das ist der Werktagsgusto von unserem Kammermops!«

      »So, schön!« stotterte Pepperl, dem der Schreck in alle Glieder fuhr. Er stolperte zur Tür hinaus und rannte über das Almfeld hinunter. Als er den Stall erreichte, blieb er stehen und faßte sich bei der Joppe. »Nimm dich zamm, Pepperl! Sei du der Gscheiter!«

      Lautlos bog er um die Ecke der Sennhütte, hörte aus der Almstube die beiden Stimmen und guckte aufgeregt durch eines der kleinen Rauchlöcher, welche die Wand durchbrachen.

      Da drinnen saß der Kammermops in seiner schwarzen Gala und mit glänzend frisiertem Scheitel am Tisch, hielt in vornehmer Nonchalance die Beine mit den Schnallenschuhen übereinandergeschlagen und schmauchte eine Zigarette. Seinen hochgezogenen Brauen war anzumerken, daß er mit dem Ergebnis der zärtlichen Stunden nicht ganz zufrieden war. Vor ihm stand die Sennerin am Herd und rührte mit langem Holzlöffel in dem großen Kupferkessel herum, der über dem flackernden Feuer hing. Das hübsche Gesicht des Mädels brannte. Das schien nicht nur von der Hitze des Feuers zu kommen, denn eine Furche des Unwillens lag zwischen ihren Brauen.

      »Nun?« fragte Martin. »Warum so schweigsam, schönes Kind? Soll ich keine Antwort bekommen?«

      Es schien kein freundliches Wort zu sein, das dem Mädel auf der Zunge lag. Schon wollte sie sprechen. Da hörte sie mit ihrem feinen Ohr ein leises Rascheln an der Mauer. Und es fiel ihr auf, daß an einem der Rauchlöcher die Sonnenhelle, die durch die Öffnung geleuchtet hatte, plötzlich verschwunden war. Ein feindseliges Lächeln zuckte um den kirschroten Schnabel der Sennerin. Dieses böse Lächeln verwandelte sich in schadenfrohes Schmunzeln. Und während sie mit blitzenden Augen über die Schulter zu Martin hinüberguckte, sagte sie zögernd, als müßte sie sich jedes Wort überlegen: »Ja, wissen S', mit Ihnen hat a Madl a harts Reden! Sie sind so a stadtischer Pfiffikus! Da muß man Obacht geben – wenn S' mir auch sonst net gar so übel gefallen täten, ja!« Diese letzten Worte sprach sie mit auffallend lauter Stimme.

      Martin schien die jähe Schwenkung im Verhalten des Mädels mit Vergnügen zu bemerken und gab seiner Antwort einen Herzton schöner Ehrlichkeit: »Aber ich bitt Sie, mein liebes Kind, einen aufrichtigeren Menschen, als ich bin, gibt es gar nicht mehr. Wenn ich was sage, könne Sie sich drauf verlassen, daß es so ist!«

      »Ja, freilich!« Burgi lachte. »Die Mannsbilder alle mitanander sind Lugenschüppel, schon gar, wenn s' zu einem Madl von der Lieb reden. Da sind unsere Burschen auch net anders als die nobligen Herrn aus der Stadt. Und erst die Jager! Eh so einer s' Mail aufmacht, hat er schon dreimal glogen. Schauen S' den Pepperl an, der sich neulich auf d' Nacht so fein gegen Ihnen benommen hat! Dös is schon gar der Ärgste! Zwiderer, wie mir der is, kann mir net leicht einer sein!«

      »Na, hören Sie, mein liebes Kind, Sie werden mich doch hoffentlich nicht mit solch einem ungebildeten Lümmel vergleichen wollen?«

      »Ah, Gott bewahr! So viel Augen hab ich schon, daß ich an Unerschied merk.«

      »Das ist nett von Ihnen, daß Sie mir das so ehrlich sagen. Und eine Ehrlichkeit für die andere: so gut wie Sie, liebe Burgi, hat mir im Leben noch kein Mädel gefallen. Sie haben so was Heiteres, Gesundes, Frisches und Herziges –«

      »Hören S' auf, Sie süßer Schmalger, Sie!« erwiderte die Sennerin lachend, wurde aber dabei doch rot bis über die Ohren, als hätte dieses schmeichelnde Bekenntnis völlig wirkungslos an das verriegelte Türchen ihrer Mädchenseele gepocht.

      »Das dürfen Sei mir glauben, daß ich noch nie einem Mädel so was gesagt habe!« sprach Martin mit Eifer weiter. »Wahrhaftiger Gott, ich habe mich nie besonders viel um die Frauenzimmer gekümmert. Mein Dienst und mein Herr, das war für mich immer das Höchste. In einer so wichtigen Stellung hat man keine Zeit für Dummheiten übrig.«

      »Dummheiten?« Burgi guckte nachdenklich in den brodelnden Kessel. »No, gar so was Dumms kann d' Lieb ja doch net sein!«

      »Jaaa! Wenn es die richtige Liebe ist! Treu, aufrichtig und ehrenhaft! Aber wie sich das in der Stadt gewöhnlich macht? Nein, dafür dank ich! Wenn ich da wollte, an jedem Finger könnt ich eine haben.«

      Burgi musterte den feinen Herrn. »Ah ja! A nobligs Mannsbild! So nobel wie Sie geht net amal der Herr Fürst umanand. Dös tut doch net leicht a Mensch, daß er sein Dienstboten 's bessere Gwand zum Tragen gibt, und er selber tragt a geringers. Der Herr Fürst muß Ihnen gern haben!«

      »Er weiß, was er an mir hat!« sagte Martin, über das naive Mißverständnis des Mädels mit

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