Der Ursprung des Christentums. Karl Kautsky

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Der Ursprung des Christentums - Karl Kautsky

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wurden sie nicht übermäßig angestrengt. Soweit sie produktiv arbeiteten, geschah es oft – bei den Großbauern – in Gemeinschaft mit dem Herrn; stets nur für den Selbstverbrauch der Familie, der seine bestimmten Grenzen hatte. Neben dem Charakter der Herren entschied über die Lage der Sklaven der Wohlstand der Familien, denen sie angehörten. Sie hatten alles Interesse daran, ihn zu mehren, weil sie dadurch auch ihre eigene Lage verbesserten. Andererseits trat der Sklave durch den ständigen persönlichen Verkehr mit seinem Herrn ihm menschlich näher und konnte ihm, wenn er Witz und Klugheit besaß, entbehrlich, ja förmlich zum Freunde werden. Man kann bei den antiken Dichtern zahlreiche Beispiele dafür finden, welche Freiheiten sich Sklaven ihrem Herrn gegenüber herausnahmen und mit welcher Innigkeit oft beide Teile aneinander hingen. Nicht selten wurden Sklaven zum Lohn für treue Dienste mit einem ansehnlichen Geschenk freigelassen, andere ersparten so viel, um sich loskaufen zu können. Nicht wenige aber zogen die Sklaverei der Freiheit vor, das heißt sie zogen es vor, als Mitglieder einer reichen Familie zu leben, statt, aus deren Schoße verbannt, allein eine dürftige und ungewisse Existenz zu führen.

      „Man darf nicht glauben,“ sagt Jentsch, „daß mit dem empörenden juristischen Begriff des Sklaven im Privatleben Ernst gemacht worden wäre und daß man den Sklaven weder für einen Menschen gehalten, noch als solchen behandelt hätte; bis zum Ende des ersten Punischen Krieges haben es die Sklaven nicht schlimm gehabt. Was von der gesetzlichen Gewalt des Hausvaters über Frau und Kinder gesagt worden ist, das gilt auch von der über die Sklaven; gesetzlich unumschränkt, war sie durch Religion, Sitte, Vernunft, Gemüt und Interesse beschränkt, und der Mann, der vor dem Gesetz als eine käufliche und der Willkür des Herrn schutzlos preisgegebene Sache galt, wurde auf dem Acker als treuer Arbeitsgenosse und daheim als ein Hausgenosse geschätzt, mit dem man nach gemeinsam vollbrachter Arbeit am Herdfeuer gemütlich plauderte.“

      Dies kameradschaftliche Zusammenhalten war nicht auf die bäuerlichen Betriebe beschränkt. Auch die Fürsten verrichteten im heroischen Zeitalter noch Handarbeiten. In der Odyssee wäscht die Tochter des Königs Alkinoos mit ihren Sklavinnen die Wäsche, der Fürst Odysseus fordert einen Nebenbuhler nicht zum Duell, sondern zu einem Wettmähen und Wettpflügen heraus, und bei seiner Rückkehr in die Heimat findet er seinen Vater im Garten mit der Schaufel beschäftigt. Dafür erfreuen sich aber Odysseus und sein Sohn Telemach auch der herzlichsten Liebe ihres Sklaven, des „göttlichen Sauhirten“ Eumäus, der fest davon überzeugt ist, für seine treuen Dienste hätte ihn sein Herr, wenn er heimgekehrt wäre, längst schon mit der Freiheit, einem Bauerngut und einer Ehegenossin beschenkt.

      Diese Art der Sklaverei war eine der mildesten Formen der Ausbeutung, die wir kennen. Aber sie bekam ein anderes Gesicht, als sie in den Dienst des Gelderwerbes gestellt wurde, namentlich als die Arbeit in Großbetrieben aufkam, die vom Haushalt des Herrn losgelöst waren.

      c. Die Sklaverei in der Warenproduktion

      Die ersten derartigen Betriebe dürften Bergwerke gewesen sein, Die Gewinnung und Verarbeitung von Mineralien, namentlich metallischen Erzen, eignet sich schon ihrer Natur nach schlecht dazu, bloß zum Selbstverbrauch des eigenen Haushaltes betrieben zu werden. Sobald sie nur einigermaßen entwickelt ist, liefert sie einen großen Überschuß über dessen Bedürfnisse hinaus; andererseits kann sie sich zu einiger Vollkommenheit nur entwickeln, wenn sie die Produzierung größerer Massen regelmäßig betreibt, weil nur dann die Arbeiter die nötige Geschicklichkeit und Erfahrung erlangen und die nötigen Bauten sich lohnen. Schon in der Steinzeit finden wir große Plätze, an denen die Herstellung von Steinwerkzeugen gewerbsmäßig und massenhaft betrieben wurde, die dann durch Austausch von Gemeinde zu Gemeinde oder Stamm zu Stamm weiter verbreitet wurden. Diese mineralischen Produkte waren jedenfalls die ersten Waren. Sie sind wohl die ersten, die von vornherein als Waren, zum Austausch, produziert wurden.

      Sobald sich an einer Fundstätte wertvoller Mineralien der Bergbau entwickelt hatte und über den primitivsten Tagbau hinausgegangen war, erforderte er ständig größere Arbeitermassen. Das Bedürfnis danach vermochte leicht die Zahl der freien Arbeiter zu übersteigen, die aus den Reihen der Markgenossenschaft, der das Bergwerk gehörte, rekrutiert werden konnten. Die Lohnarbeit lieferte nicht dauernd zahlreiche Arbeiter, nur die Zwangsarbeit von Sklaven oder verurteilten Verbrechern sicherte die nötige Zahl von Arbeitskräften.

      Diese Sklaven produzierten aber nun nicht mehr Gebrauchsgegenstände für den begrenzten persönlichen Bedarf ihres Herrn, sie arbeiteten für seinen Gelderwerb. Sie arbeiteten nicht, damit er Marmor oder Schwefel, Eisen oder Kupfer, Gold oder Silber in seinem Haushalt konsumiere, sondern daß er die Produkte des Bergwerks verkaufe und Geld dafür erhalte, jene Ware, um die man alles zu kaufen vermag, alle Genüsse, alle Macht, von der man nie zu viel haben kann. Aus den Arbeitern in den Bergwerken wurde nun so viel Arbeit herausgeschunden als möglich, denn je mehr Arbeit sie leisteten, desto mehr Geld erwarb ihr Besitzer. Dabei wurden sie möglichst schlecht genährt und gekleidet. Ihre Nahrung und Kleidung mußte man ja kaufen, man mußte Geld dafür ausgeben, die Sklaven im Bergwerk produzierten sie nicht selbst. Wußte der Besitzer eines reichen Haushalts mit seinem Überfluß an Gebrauchs- und Lebensmitteln nichts anderes anzufangen, als seine Sklaven und Gastfreunde damit reichlich zu versehen, so wurde bei der Warenproduktion jetzt der Gewinn an Geld, den der Betrieb lieferte, um so größer, je weniger die Sklaven verbrauchten. Ihre Lage verschlechterte sich um so mehr, je mehr der Betrieb zum Großbetrieb wurde, je mehr sie dadurch vom Haushalt des Herrn losgelöst, in eigenen Kasernen gehalten wurden, deren grauenhafte Kahlheit in grellem Kontrast zu dem Luxus des ersteren stand. Auch jedes persönliche Verhältnis zwischen dem Herrn und den Sklaven ging verloren, nicht nur wegen der Trennung ihrer Arbeitsstätte von seinem Haushalt, sondern auch wegen der Massenhaftigkeit der Arbeiter. So wird aus Athen zur Zeit des Peloponnesischen Krieges berichtet, daß Hipponikos 600 Sklaven in den thrakischen Bergwerken arbeiten ließ, Nikias 1.000. Die Rechtlosigkeit des Sklaven wurde nun für ihn zu einer furchtbaren Geißel. Vermag der freie Lohnarbeiter immer noch, eine gewisse Auswahl unter seinen Herren zu treffen und, wenigstens unter manchen, für ihn günstigen Verhältnissen, durch die Arbeitseinstellung auf seinen Herrn einen gewissen Druck auszuüben und das Schlimmste von sich abzuwenden, so durfte der Sklave, der seinem Herrn entlief oder ihm die Arbeit verweigerte, ohne weiteres totgeschlagen werden.

      Es gab nur ein Motiv, den Sklaven zu schonen, dasselbe, weshalb man ein Arbeitsvieh schont: die Kosten des Erwerbes des Sklaven. Der Lohnarbeiter kostet nichts. Geht er bei der Arbeit zugrunde, so tritt ein anderer an seine Stelle. Der Sklave dagegen mußte gekauft werden. Ging er vorzeitig zugrunde, so verlor sein Herr dabei die Kaufsumme. Aber dieses Motiv wirkte um so weniger, je billiger die Sklaven waren. Und es gab Zeiten, wo ihr Preis ungemein sank, wo ewige Kriege, äußere und innere, zahlreiche Kriegsgefangene auf die Märkte brachten.

      So wurden im dritten Kriege der Römer gegen Mazedonien im Jahre 169 v. Chr. 70 Städte allein in Epirus an einem Tage geplündert und 150.000 ihrer Einwohner als Sklaven verkauft.

      Nach Böckh war der gewöhnliche Preis eines Sklaven in Athen 100 bis 200 Drachmen (80 bis 160 Mark). Xenophon gibt an, daß er zwischen 50 und 1.000 Drachmen schwankte. Nach Appian wurden im Pontus bei einer Gelegenheit die gemachten Kriegsgefangenen um 4 Drachmen (etwas über 3 Mark!) pro Stück losgeschlagen. Joseph, den seine Brüder nach Ägypten verkauften, erzielte auch nur 20 Sekel (18 Mark).

      Ein gutes Reitpferd war weit teurer als ein Sklave. Es kostete zur Zeit des Aristophanes etwa 12 Minen, fast 1.000 Mark.

      Dieselben Kriege, die billige Sklaven lieferten, ruinierten aber auch viele Bauern, denn die bäuerlichen Milizen bildeten damals den Kern der Heere. Mußte der Bauer Krieg führen, so verkam leicht inzwischen sein Betrieb, dem die Arbeitskräfte fehlten. Den zugrunde gegangenen Bauern blieb nichts übrig, als zum Räuberhandwerk zu greifen, wenn ihnen nicht der Abzug in eine benachbarte Stadt offen stand, in der sie als Handwerker oder Lumpenproletarier ihr Leben fristeten. So entstanden nun zahlreiche Verbrechen und Verbrecher, die die frühere Zeit nicht gekannt hatte, und die Jagd auf

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