Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band. Arthur Conan Doyle
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band - Arthur Conan Doyle страница 83
»Das leuchtet mir ein«, sagte Holmes.
»Nun also, Mr. Douglas ist nicht herausgekommen. Was war nun für den Mörder zu tun? Er verließ sein Rad und näherte sich in der Dämmerung dem Hause. Er fand die Zugbrücke heruntergelassen, niemand war in Sicht. So ist er dann offenbar geradenwegs auf das Tor zugeschritten, mit der Absicht, falls er jemanden traf, eine Ausrede zu gebrauchen. Es hat ihn aber niemand gesehen. Er schlüpfte in das erstbeste Zimmer, das er finden konnte, und verbarg sich hinter dem Vorhang. Von seinem Schlupfwinkel aus konnte er sehen, wie die Zugbrücke geschlossen wurde und wurde sich bewußt, daß sein einziger Rückzugsweg durch den Festungsgraben führte. Er wartete dann bis ein Viertel nach elf Uhr, als Mr. Douglas auf seiner gewöhnlichen Runde durch das Haus in das Zimmer kam. Er schoß ihn nieder und entfloh in der Weise, wie er sich das vorher zurechtgelegt hatte. Das Zweirad würde, wie er sich wohl denken konnte, von den Hotelleuten beschrieben werden und daher als Anhaltspunkt gegen ihn dienen; deshalb ließ er es zurück, um auf andere Art nach London oder einem vorbereiteten Versteck zu gelangen. Wie wäre das als Erklärung, Mr. Holmes?«
»Nun, Mr. Mac, es klingt sehr gut und ist auch ganz klar und logisch bis auf Verschiedenes. Das ist also Ihre Ansicht von der Sache? Die meine ist, daß das Verbrechen eine halbe Stunde früher verübt wurde, als Barker und Mrs. Douglas behaupten; daß diese beiden auf Verabredung etwas zu verbergen suchen; daß sie dem Mörder bei der Flucht halfen, oder wenigstens, daß sie in das Zimmer gelangten, bevor er geflohen war, und daß sie den Anschein erwecken wollten, er sei durch das Fenster geflüchtet, während sie ihm wahrscheinlich das Entkommen dadurch erleichterten, daß sie die Zugbrücke herabließen. Das ist meine Ansicht über den ersten Teil der Geschichte.«
Die beiden Detektive schüttelten den Kopf.
»Wenn das wahr ist, Mr. Holmes, so stürzen wir aus einem Rätsel in das andere«, sagte der Londoner Inspektor.
»Und anscheinend in ein noch viel schwereres«, fügte White Mason hinzu. »Die Frau ist niemals in ihrem Leben in Amerika gewesen. Welcher mögliche Zusammenhang könnte zwischen ihr und einem amerikanischen Mordgesellen bestehen, so daß sie Anlaß hätte, ihn zu decken?«
»Ich gebe zu, die Sache ist noch recht schwierig«, sagte Holmes. »Ich habe vor, noch heute Nacht eine kleine Untersuchung anzustellen, und es kann immerhin sein, daß sie einige aufklärende Ergebnisse bringt.«
»Können wir Ihnen helfen, Mr. Holmes?«
»Nein, nein, alles, was ich brauche, ist Dunkelheit und Dr. Watsons Regenschirm. Wie Sie sehen, sind meine Bedürfnisse äußerst bescheiden. Und Ames – der getreue Ames – wird mir wahrscheinlich Vorschub leisten. Alle meine Gedanken führen mich immer wieder zu der einen grundlegenden Frage zurück: Warum soll ein sportlich gesinnter Mensch mit einem so untauglichen Werkzeug, wie es eine einzelne Hantel ist, Leibesübungen vornehmen wollen?«
Es war spät nachts geworden, als Holmes von seinem einsamen Ausflug zurückkehrte. Wir teilten uns in ein Doppelbett, die beste Unterkunft, die uns das Landgasthaus bieten konnte. Ich schlummerte bereits, wurde jedoch durch sein Eintreten halb aus dem Schlaf geweckt.
»Nun, Holmes«, murmelte ich, »haben Sie etwas ermittelt?«
Schweigend stand er am Bett mit der Kerze in der Hand. Dann beugte sich seine hohe schlanke Gestalt zu mir herunter.
»Sagen Sie, Watson,« flüsterte er, »fürchten Sie sich, mit einem Irrsinnigen in ein und demselben Zimmer zu schlafen? Mit einem Mann, der an Gehirnerweichung leidet? Einem Idioten, der nicht einmal mehr einen klaren Gedanken erfassen kann?«
»Nicht im mindesten«, antwortete ich erstaunt.
»Das ist Ihr Glück«, sagte er und das war alles, was ich in jener Nacht aus ihm herausbringen konnte.
7. Die Lösung
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück fanden wir Inspektor McDonald und Mr. White Mason in dem kleinen Sprechzimmer des örtlichen Polizeilokals in engster Beratung. Auf dem Tisch vor ihnen lag ein Stoß Briefe und Telegramme aufgestapelt, die sie sorgfältig ordneten und registrierten. Drei davon lagen gesondert auf der anderen Seite.
»Noch immer auf der Spur des unfaßbaren Radfahrers?« fragte Holmes in heiterster Laune. »Was hört man von diesem Wüstling?«
McDonald wies wehmütig auf den Haufen Briefe.
»Nach den Berichten hier ist er in Leicester, Nottingham, Southampton, Derby, im östlichen London, Richmond und in vierzehn anderen Orten des Südens, Nordens, Ostens und Westens im Verlauf der letzten Stunden gesehen worden. In dreien dieser Orte, nämlich London, Leicester und Liverpool, hat man ihn tatsächlich agnosziert und festgenommen. Das ganze Land scheint voll von ihm zu sein.«
»Was Sie nicht sagen!« rief Holmes mitfühlend. »Nun, Mr. Mac, und auch Sie, lieber White Mason, ich möchte Ihnen einen ernsten, gutgemeinten Rat geben. Als ich mich zur Mitwirkung an der Sache entschloß, habe ich mir, wie Sie wissen, ausbedungen, daß ich Ihnen keine halbbewiesenen Tatsachen, unfertige Ergebnisse vorzulegen brauche; mit einem Wort, daß ich, was ich herausfinde, für mich behalten kann und Ihnen meine Ansichten erst dann mitzuteilen brauche, wenn ich die Überzeugung gewonnen habe, daß sie richtig sind. Dies ist der Grund, daß ich Ihnen im Augenblick noch nicht alles erzähle, was ich im Sinne habe. Andererseits versprach ich, offen und ehrlich zu Ihnen zu sein. Nach meinem Dafürhalten wäre es unvereinbar mit diesem Versprechen, wenn ich es zuließe, daß Sie auch nur einen Augenblick länger Ihre Zeit und Mühe an eine vollkommen zwecklose Aufgabe verschwenden. Deshalb kam ich hierher. Der Rat, den ich Ihnen geben möchte, läßt sich in die wenigen Worte zusammenfassen: lassen Sie die ganze Sache fallen.«
McDonald und White Mason starrten ihren gefeierten Kollegen verblüfft an.
»Sie halten sie also für hoffnungslos«, rief der Inspektor.
»Ich halte Ihre Sache für hoffnungslos. Ich halte es indessen nicht für hoffnungslos, der Wahrheit auf den Grund zu kommen.«
»Aber dieser Radfahrer? Er ist doch kein Geisterspuk? Wir haben seine Beschreibung, seine Reisetasche, sein Zweirad. Der Kerl muß doch irgendwo stecken? Warum sollten wir ihn denn nicht fassen können?«
»Natürlich, warum sollten Sie nicht? Er ist irgendwo, und wir werden ihn sicherlich fassen, aber ich möchte nicht, daß Sie ihre Zeit damit vergeuden, ihn im Osten Londons oder in Liverpool zu suchen. Ich bin sicher, daß wir auf einem kürzeren Wege zum Ziele kommen werden.«
»Sie enthalten uns irgend etwas vor. Das ist nicht nett von Ihnen, Mr. Holmes«, sagte der Inspektor verärgert.
»Sie kennen meine Arbeitsmethoden, Mr. Mac. Wenn ich Ihnen etwas vorenthalte, so ist es nur auf so lange, als dies dringend erforderlich ist. Ich möchte