Die berühmtesten Frauen der Weltgeschichte. Barbara Beck
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In dem Prozess gab die Dienstmagd nach stundenlangen Verhören und unter der schweren Folter zu, die Kräfte des Teufels zu nutzen. In der Urteilssprechung wurde aber der Vorwurf der Hexerei vermieden, stattdessen die »ausserordentliche und unbegreifliche Kunstkraft« der Angeklagten hervorgehoben. Bei der Frage, ob man Anna Göldi zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe oder zum Tod verurteilen solle, entschied sich der Rat für Letzteres, da Glarus kein Zuchthaus besaß. Eine Zuchthausstrafe hätte nur in Zürich vollzogen werden können. Da die Glarner Richter befürchteten, dass die Göldi in Zürich alles widerrufen könnte, verurteilte sie der Rat am 6. Juni 1782 als Giftmörderin zum Tod durch das Schwert. Am 13. Juni wurde das Urteil vollstreckt und Anna Göldis Leichnam unter dem Galgen verscharrt.
Anna Göldi war jedoch, wie dies bei solchen Prozessen häufig geschah, nicht das einzige Opfer geblieben, denn durch die Erzählungen der Tschudi-Tochter wurde auch der mit Anna Göldi bekannte Schlossermeister Rudolf Steinmüller der Mittäterschaft verdächtigt und Ende März 1782 verhaftet. Als der alte Mann erkennen musste, dass das Gericht nicht an der Wahrheit interessiert war, sondern nur sein Geständnis haben wollte, beging er am 12. Mai 1782 in seiner Zelle Selbstmord.
Trotz strenger Pressezensur sorgte der Göldi-Fall für Aufsehen und wurde zum Ärger des Glarner Rates als Justizmord gegeißelt. Der Begriff des Justizmordes wurde in diesem Zusammenhang überhaupt erstmals in der Geschichte verwendet. Dank der kritischen Berichterstattung wurde der Glarner Hexenprozess der letzte seiner Art in Westeuropa.
Anlässlich des 225. Todestages von Anna Göldi wurde im März 2007 die Anna-Göldi-Stiftung gegründet. Gemäß ihren Statuten will die Stiftung nicht nur das Andenken an Anna Göldi lebendig erhalten, sondern sich auch aktuell »für Randständige, Minderheiten und Opfer von Willkür einsetzen«. Am 22. September 2007 wurde in Mollis das Anna-Göldi-Museum eingeweiht.
Marie-Jeanne Bécu, Gräfin Dubarry
* 1743 in Vaucouleurs
† 1793 in Paris
Mätresse
»Sie ist die einzige Frau in Frankreich, die es geschafft hat, mich vergessen zu lassen, dass ich sechzig bin.«
(Ludwig XV. von Frankreich)
Im Gegensatz zu dem Königspaar Ludwig XVI. und Marie Antoinette sowie vieler anderer zum Tode verurteilter Mitglieder der französischen Aristokratie verlief die Hinrichtung der Gräfin Marie-Jeanne Dubarry am 8. Dezember 1793 in Paris beschämend würdelos. Die völlig verängstigte Gräfin weinte und schrie auf der ganzen Fahrt zur Guillotine. Als sie zum Schafott gebracht wurde, wühlte ihr Jammern und Flehen die versammelte Menschenmenge so auf, dass Unruhe aufkam. Das Publikum hatte sonst meist eher gefasste, stoisch in ihr Schicksal ergebene Verurteilte erlebt. Aus Sorge vor Tumulten beschleunigte der Henker daher die Hinrichtung der Dubarry. Mit ihr wurde die letzte »maîtresse en titre« am französischen Königshof geköpft.
Die am 19. August 1743 in Vaucouleurs geborene Marie-Jeanne Bécu entstammte einfachen Verhältnissen: Sie war die uneheliche Tochter der Näherin Anne Bécu und eines Geistlichen, über dessen Person nur wenig bekannt ist. 1749 zog sie mit ihrer Mutter zu Verwandten nach Paris, wo ihr eine Erziehung im Kloster von Saint-Aure ermöglicht wurde. Danach machte sie eine Schneiderlehre in einem Pariser Modegeschäft. Dort fiel die blonde Schönheit dem Grafen Jean Dubarry auf, dem größten Zuhälter von Paris. Für einige Zeit wurde Jeanne Bécu seine Geliebte. Eine der frühesten Beschreibungen der Kurtisane liefert der Graf Espinchal: »Sie ist hochgewachsen, von schönster Bildung und hat den bezauberndsten, hellsten Teint. Ihre Stirn ist hoch, ihre Augen strahlen, sie hat köstliche Wimpern und Brauen, ihr Gesicht ist oval und weist Grübchen in den Wangen auf, wodurch ihre Schönheit nur erhöht wird, ihr Mund scheint ständig zu lächeln und ihr Busen ist so herrlich, dass jede andere Frau gut daran tut, den Vergleich damit zu scheuen.« Ob sie sich auch als Prostituierte verdingte, wie ihr dies die späteren Gegner am Versailler Hof unterstellten, ist heute nicht mehr eindeutig zu klären. Dem Grafen Dubarry und dem Herzog von Richelieu erschien Jeanne Bécu jedenfalls bestens als Mätresse für König Ludwig XV. von Frankreich geeignet. Der Graf versprach sich davon vor allem finanziellen Profit, während sich der Herzog eine Stärkung seiner Position am königlichen Hof erhoffte.
Der alternde König Ludwig XV. war von Jeanne Bécus Charme und Schönheit entzückt und verliebte sich Hals über Kopf in sie. Die Beziehung zwischen dem Monarchen und der jungen Frau von niederer Herkunft und zweifelhaftem Ruf begann im Sommer 1768. Sie verstand es, den König zu unterhalten und ihm so seine ständige Langeweile zu vertreiben. Der Herzog von Croy schrieb über Ludwig XV.: »Er ist verliebter denn je. Er scheint verjüngt, und ich habe ihn nie froheren Mutes erlebt, so hochgestimmt und viel mehr aus sich herausgehend, als er es jemals getan hat.« Um Jeanne Bécu hoffähig zu machen, verheiratete Graf Dubarry sie mit seinem Bruder Guillaume. Am 22. April 1769 wurde sie am Versailler Hof offiziell als neue königliche Geliebte eingeführt. Sie erhielt ein eigenes Appartement, das mit den Räumen des Königs in direkter Verbindung stand. Außerdem schenkte Ludwig XV. seiner Mätresse die in der Nähe von Versailles liegende Herrschaft Louveciennes. Madame Dubarry beauftragte die besten Künstler mit der Ausgestaltung des dortigen Schlosses. Neben großzügigen finanziellen Zuwendungen überschüttete der König seine Geliebte mit Juwelen. Vermutlich besaß Jeanne Dubarry die größte Juwelensammlung Europas. Gegen den Widerstand des Hofes nahm sie 1770 an der Seite des Königs an den Hochzeitsfeierlichkeiten des Dauphins Ludwig und der österreichischen Erzherzogin Marie Antoinette teil.
In der jungen Dauphine Marie Antoinette fanden jene Kreise der höfischen Gesellschaft eine Leitfigur, die der Geliebten des Königs feindlich gesinnt waren. Marie Antoinette strafte die Mätresse mit öffentlicher Nichtachtung und sprach kein Wort mit dieser. Kaiserin Maria Theresia sah sich wegen der unklugen Behandlung der königlichen Favoritin durch ihre Tochter bemüßigt, an Marie Antoinette zu schreiben: »Ihr habt die Dubarry nicht anders zu kennen und anzusehen, als eine am Hofe und zur Gesellschaft des Königs zugelassene Dame. (…) aber ein gleichgültiges Wort, einen freundlichen Blick kann man von Euch erwarten, nicht der Dame wegen, sondern mit Rücksicht auf Euren Großvater [Ludwig XV.].« Die Dauphine musste einlenken und richtete bei dem Neujahrsempfang 1772 in der Spiegelgalerie folgende Worte in Richtung von Madame Dubarry: »Heute sind viele Menschen in Versailles.«
Im Gegensatz zu ihrer berühmten Vorgängerin Madame Pompadour, die eine Schlüsselposition in der französischen Politik, Kunst, Kultur und Gesellschaft in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingenommen hatte, blieb Madame Dubarrys Einfluss mehr oder weniger auf persönliche Intrigen beschränkt. Allerdings nutzte sie ihre Position, um Bittgesuche, Begnadigungen und Denkschriften an den König weiterzuleiten. Der Empfang derartiger Bittsteller und das Entgegennehmen von Ansuchen war fest in ihren Tagesablauf integriert.
Als der an Pocken erkrankte Ludwig XV. im Mai 1774 im Sterben lag, verfügte er, dass die Gräfin Dubarry nach seinem Tod in das Benediktinerinnenkloster Pont-aux-Dames verbannt werden sollte. Hinter dieser Entscheidung stand wahrscheinlich sein Beichtvater und die Sorge des Königs um sein Seelenheil. Sein Nachfolger Ludwig XVI. kam dieser Anordnung nach. Mehr als ein Jahr musste die Dubarry in dem Kloster bleiben, bevor sie 1775 wieder in ihr Schloss Louveciennes zurückkehren durfte. Allerdings bestand die Auflage, dass sie weder in Versailles noch in den anderen königlichen Schlössern erscheinen durfte. Seitdem führte die Gräfin ein zurückgezogenes Leben und nahm sich der Armen an. Die Öffentlichkeit interessierte sich nicht mehr für die Dubarry.
Als die Französische Revolution ausbrach, wurde auch das Schloss der Gräfin ausgeraubt. Vor allem wurde ihr gesamter Schmuck gestohlen, nach dem sie unklugerweise öffentlich fahnden ließ, wodurch man sich wieder ihrer Person erinnerte.