Familie Dr. Norden Classic 37 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Daniel nahm jeden Patienten ernst, aber problematische Fälle reizten den Mediziner schon deshalb besonders, weil er dadurch wieder dazulernen konnte. Er gehörte nicht zu denen, die sich für allwissend hielten.
Hoffentlich wird er Erfolg haben, dachte Fee, denn sie wußte, daß es ihm keine Ruhe ließ, wenn er einem Patienten nicht helfen konnte.
Sie beschäftigte sich am nächsten Tag mit den Laborberichten. Einer war gemacht worden, als sein Zustand sich stabilisierte. Da schlug es sich in den Werten nieder, wie geschwächt er war.
Was ein Mensch doch alles ertragen kann, dachte Fee, und mit welcher Akribie mußte Röttgen ihn zusammengeflickt haben, daß seine Werte sich dann so bessern konnten. Dem letzten Befund zufolge war Eicken völlig gesund, bis auf Vernarbungen, die ihm wohl zu schaffen machen konnten. Das Erstaunlichste für Fee war aber, daß er geistig völlig genesen sein sollte und so ein völlig neuer Mensch entstehen konnte.
Sie wollte ihn unbedingt kennenlernen, mit ihm sprechen, ihn beobachten, denn ein solcher Fall war auch ihr noch nicht begegnet.
Esther Tomaso interessierte sie nur insoweit, als Tennis ihr Lieblingssport war und sie gerade Esther als perfekte Spielerin bewunderte.
Vielleicht sollte sie auch mal wieder ein längeres Gespräch mit Liane Horten suchen, überlegte Fee. Sie hatten öfter bei Wohltätigkeitesveranstaltungen zusammengearbeitet. Fee war sehr gespannt, wie diese sehr reservierte Lady wohl mit dem Fremden zurechtkommen würde.
*
Für Liana Horten war es nur anfangs ein Problem gewesen, der Bitte ihres Bruders zu entsprechen und Lennart in ihrer Wohnung aufzunehmen, die ihr ureigenstes Reich war.
Es war eine wunderschöne Wohnung mit großen, hohen Räumen, mit kostbaren Antiquitäten ausgestattet, die den richtigen Rahmen für die aparte Liane Horten gaben. Sie war
fünfundvierzig, sah aber bedeutend jünger aus, obgleich sie es nicht darauf anlegte. Immer mit dezenter Eleganz gekleidet, wirkte sie allein durch ihre Ausstrahlung. Sie war seit fünf Jahren Witwe, aber sie haderte nicht mit ihrem Schicksal. Zweiundzwanzig war sie gewesen, als sie den zwanzig Jahre älteren Edmund Horten geheiratet hatte und hatte damit rechnen müssen, ihn zu überleben. Es war aber doch schmerzlich für sie gewesen, daß er schon mit sechzig Jahren starb. Sie widmete ihr Leben der Kunst und der Wohltätigkeit für andere, denen es nicht so gutging wie ihr.
Sie bereute es nicht, der Bitte ihres Bruders gefolgt zu sein, denn Lennart war ein Mensch, dessen Charakter ihrem eigenen Wesen entsprach. Sie hatte mütterliche Gefühle für ihn, obgleich sie wahrscheinlich nur fünfzehn Jahre älter war als er. Sie studierte ihn, ohne ihn als Studienobjekt zu betrachten, wie es ihr Bruder anfangs getan hatte. Sie spürte gleich, wie sehr er darunter litt, seine Identität nicht wiederfinden zu können. Sie wollte ihm so gerne helfen, aber auch ihr war es ein Rätsel, wie sie es anfangen könnte.
Er war sehr zurückhaltend und immer bemüht, ihr tägliches Leben in keiner Weise zu stören. Sie respektierten sich gegenseitig, aber es war immer etwas Besonderes für ihn, wenn sie ihn in ein Gespräch zog, so wie an diesem Vormittag, als sie ihn nach seinem Besuch bei Dr. Norden fragte.
»Wie sind Sie mit ihm verblieben, Lennart?« fragte sie.
»Er hat heute nachmittag mehr Zeit für mich. Ich denke, daß es ein gutes Gespräch wird.«
»Er ist ein ausgezeichneter Arzt und hat eine ganz besonders reizende Frau und Kinderschar. Es ist in der heutigen Zeit sehr selten geworden, eine so intakte Familie zu kennen.«
»Der Professor hat mir auch von der Insel der Hoffnung erzählt. Waren Sie schon einmal dort?«
»Ja, vor einigen Jahren mit meinem Mann. Leider war er schon zu krank, als daß ihm geholfen werden konnte, aber er hat dort seinen inneren Frieden gefunden.«
»Wußte er, daß er nicht mehr gesund werden wird?« fragte Lennart stockend.
»Er hat es wohl geahnt, aber er wollte gern leben. Da befindet man sich wohl in einem Zwiespalt.«
Lennart blickte zu Boden. »Ich war anscheinend schon tot, als sich der Professor mit mir befaßte. Ich habe nichts empfunden, nicht den geringsten Schmerz. Es ist eigenartig, darüber nachzudenken, sich immer wieder zu fragen, wer war ich eigentlich? Und dann Angst zu haben, daß man etwas Schlimmes getan haben könnte.«
»Sie haben nichts Schlimmes getan«, sagte Liana mit fester Stimme.
»Es wäre schön, wenn es sich beweisen ließe.«
»Es muß doch wenigstens einen Menschen geben, der Sie vermißt«, sagte Liane nach ein paar Sekunden gedankenverloren.
»Jedenfalls nicht in Südafrika, denn da hat der Professor alles versucht, jemanden zu finden, und wo sollte man sonst suchen, wenn man nicht den kleinsten Hinweis hat.«
»Waren Sie gar nicht bekleidet?«
»Nur mit einem früher mal weißen zerfetzten Short.«
»Und Thilo hat vermutet, daß Sie ins Wasser geworfen wurden von einer Yacht oder einem Segelboot.«
»Aber dafür gibt es auch keinen Beweis. Irgendwie war es wohl ein Wunder, daß ich an diesem einsamen Strand gefunden wurde. Ich frage mich oft, warum ich überlebt habe.«
»Weil Ihnen anscheinend noch eine Aufgabe zugedacht ist. Ihre Lebensuhr war nicht abgelaufen, was ein Beweis ist, daß unser aller Leben von einer höheren Macht bestimmt wird.«
*
Esther Tomaso hatte Dr. Norden sehr aufmerksam zugehört, was er ihr anhand der Röntgenaufnahmen erklärte. Manchmal hatte sie genickt, aber nichts gesagt.
»Können Sie bestätigen, was ich Ihnen erklärt habe, Frau Tomaso?« fragte er.
»Gewiß hatte ich mehrmals solche Verletzungen, aber so ernst habe ich das nicht genommen. Sagen Sie jetzt aber ja nicht, daß ich nicht mehr spielen darf.«
»Verbieten kann ich es Ihnen nicht, aber Sie können niemand einen Vorwurf machen, wenn Ihre Beschwerden immer schlimmer werden. Und je mehr Schmerztabletten Sie schlucken, desto mehr wird es Ihr Magen und schließlich auch die Leber spüren. Ich muß Ihnen das zur Warnung sagen.«
»Aber organisch bin ich doch gesund, das haben Sie auch gesagt.«
»Bisher noch, aber in ein paar Jahren sieht es anders aus, wenn Sie so weitermachen. Dann wird auch das Herz protestieren.«
»Tennis ist mein Leben, ich habe nichts anderes«, sagte sie heiser.
»Vielleicht haben Sie nichts anderes, weil Sie Tennis zu Ihrem Leben gemacht haben. Hatten Sie nicht voriges Jahr einen Partner, mit dem Sie öfter gesehen wurden?«
»Er war Ingenieur, und seine Stellung war ihm wichtig. Er konnte mich nicht begleiten, und andererseits gefiel es ihm nicht, daß ich ständig unterwegs war. Er hat inzwischen eine andere.« Sie verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln.
»Wollen Sie riskieren, daß es Ihnen öfter so geht?«
Sie lachte auf. »Ich brauche keinen Mann, ich kann für mich selber sorgen.«
»Und