G.F. Barner Classic 6 – Western. G.F. Barner
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Ballard war mit zwei Sprüngen seiner langen Storchenbeine neben Jim gelandet, hielt ihm das Gewehr an den Kopf und hatte den Finger am Abzug. Der Mann mit dem Totenkopfgesicht und den kalten Knopfaugen sagte kein Wort. Er sah Jim nur an, und Jim las in seinen kalten Augen nun doch etwas. Ballard schien sich zu freuen. Es war wirklich etwas wie Schadenfreude in seinen Augen.
»Ver…, verflucht!«, gurgelte Cardona. Er fuhr sich mit dem schon fleckigen, Fettspuren zeigenden Rockärmel über den dicklippigen Mund und stand schwankend auf. Dann starrte er angewidert auf die stinkende Brühe herunter, die er gerade ausgespien hatte. Sein nächster Blick traf Al Patingly. »Al, was ist mit dir? Konntest du elender Narr nicht aufpassen?«
Patingly stöhnte nur noch, er wimmerte nicht mehr wie ein Weib mit eingebildeter Migräne. Sein Gesicht war kreideweiß. Er hielt sich die Leisten, würgte und sagte dann mit einem pfeifenden Nebengeräusch in der Stimme: »Der – der hinterlistige Schweinehirte, er hat mich da getreten, wo es besonders schmerzt, Luke. He, warte, lass ihn mir!«
Er brachte die Worte nur mühsam heraus, und Cardona, der losgegangen war, blieb jäh stehen.
Selbst Ballard – roh bis ins Mark und eiskalt, wenn es galt, jemand umzubringen – selbst Ballard erstarrte nun und blickte auf den kleinen, aber breitbrüstigen Al Patingly, dessen lange Arme sich gegen den Sand stemmten.
Danach stand er auf. Dann griff Patingly mit der linken Hand die Lederscheide, packte mit der rechten den gekrümmten Griff der Macheta und riss die Klinge heraus. Es gab ein hohes und singendes Geräusch, als sie durch die Luft pfiff.
Jim sah in Patinglys Augen und wusste, dass der kleine Mann keinen Spaß machte.
Das Mondlicht traf die flirrende, blitzende Klinge. Patingly schwang sie hin und her in Streichen, als wenn er sich einen Weg durch eine Menschenmenge bahnen musste. Einen Schritt neben Jim blieb er stehen und hielt die Klinge still.
»Bring ihn hoch, er soll sitzen!«, befahl er Ballard. Seine kräftigen Hände hielten die Macheta wie ein Schwert, während er Jim wie ein blutgieriges Raubtier anstarrte. »Copper, du kannst dich gleich von unten betrachten, wenn dir dein Kopf zwischen den Beinen liegt.«
Ballard schluckte, und sein Adamsapfel verursachte beim heftigen Würgen ein knackendes Geräusch.
»Drück die Hände in den Sand!«, ächzte Ballard dann. »Setz dich auf, Copper!«
Jim biss die Zähne zusammen. Er hatte einmal gehört, dass jemand, dem der Kopf abgeschlagen wurde, gar nichts merken sollte – keinen Schmerz, nichts.
Vielleicht, dachte Jim, während er einsah, dass er keine Chance mehr hatte, stimmt es. Vielleicht erfahre ich es jetzt, wenn mein Gehirn noch eine Sekunde weiterlebt, wie?
Ihm war, als hörte er die Klinge hell singen und das Knirschen von sich spannendem Stoff über den Oberarmkugeln Patinglys.
Und dann sagte der Mann klar, knapp und eisig: »Wie schnell willst du tot sein, Al?«
*
Das scharfe Klicken eines Gewehrschlosses war das nächste Geräusch.
Al Patingly zuckte zusammen, als hätte ihn ein Peitschenhieb getroffen. Jim riss die Augen wieder auf, er sah Patingly mit hoch erhobener Macheta neben sich stehen. Patinglys Kopf war herumgefahren. Der kleine, stämmige Mann mit den langen Armen und dem Brustkasten eines Gorillas starrte zum Hang empor. Ballard hielt sein Gewehr gesenkt, und Cardona sperrte den Mund vor Schreck auf.
Jim wandte langsam den Kopf, er blickte zum Hang und sah den Mann zwischen den Kakteen mit angeschlagenem Gewehr stehen. Der Mann war groß, breitschultrig und trug einen Texanerhut. Es war der Hut, an dem Jim ihn erkannte, und es war die kühle und beherrschte Sprechweise, die Jim an den Tag erinnerte, der den Mann auf die Red Rock Ranch gebracht hatte. Damals war Clay Robin am Ende gewesen, doch er hatte klare und kühle Antworten auf die Fragen Buster Toms gegeben.
Robin hielt sein Gewehr auf Patingly gerichtet. Der kleine Mann mit der Macheta schien vor Schreck stumm zu sein, er sagte nichts, aber er senkte auch die Macheta nicht.
»Na, was ist?«, fragte Robin. Seine Stimme fiel wie das Wasser eines eiskalten Wasserfalls in die Senke herab. »Al, schlag zu, dann drücke ich ab! Weg mit dem Haumesser!«
Patingly schnappte jetzt nach Luft. Dann stieß er einen wütenden Laut aus.
»Verflucht noch mal, Clay, misch dich nicht ein!«
»Du siehst, dass ich es tue«, erwiderte Robin kalt. »Wer bestimmt hier?«
»Nicht du!«, zischte Patingly. »Das hier ist unsere Sache, Clay.«
»Nicht mehr, denke ich!«, gab Robin zurück. »Die Macheta weg, Al, das ist ein Befehl!«
Jim sah wie Patinglys Gesicht sich mit Schweißperlen bedeckte. Der kleine Mann fluchte wild, aber er gehorchte jetzt. Die Macheta senkte sich.
»Das ist eine verdammte Narrheit!«, giftete er dann. Sein Widerstand brach zusammen. »Wer weiß, wohin Conrads geritten ist, Clay. Weißt du es? Wenn dieser Copperbursche seinem Bruder eine Nachricht bringen kann und wir dann immer noch nach Conrads suchen, findet uns der Marshal vielleicht. Hast du dir das genau überlegt?«
»Ja«, sagte Clay Robin scharf. »Kein Mord, solange ich dabei bin. Ich habe euch gewarnt gehabt, mit Conrads zu spielen. Was immer passiert ist, es ist eure Schuld gewesen.«
Jim beobachtete Robin und bemerkte, dass Robin einen Bart trug. Damals war er bartlos gewesen, ein hilfloser Mann, verwundet und ohne Pferd beinahe in der Wüste verreckt. Robin hatte behauptet, dass ihn ein paar Mexikaner überfallen hätten und er sich dann weitergeschleppt hätte, bis er zusammenbrach und Buster Tom ihn fand, weil die Geier Robin bereits Gesellschaft geleistet hatten.
Sie hatten erst später erfahren, dass Robin vom Sheriff aus Apache Wells gesucht worden war. Er hatte mit zwei Partnern einen Viehhändler überfallen, war jedoch angeschossen und von seinen Freunden hilflos zurückgelassen worden, nachdem sie in der Wüste kein Wasser mehr gehabt hatten und er ihnen eine Last geworden war.
Clay Robin war ein seltsamer Mann. Er war damals verschwunden und hatte für Buster Tom einen selbst geflochtenen Wasserflaschenriemen zurückgelassen, eine kunstvolle Arbeit, die wohl eine Art Dankeschön gewesen war. Einige Tage darauf war dann Cliff mit einem Aufgebot erschienen, und sie hatten die Wahrheit über den »verrückten Texaner« erfahren.
»Du musst wirklich verrückt sein, Tex«, sagte Cardona mürrisch. Er steckte sich eine Zigarre zwischen die Lippen und schüttelte den Kopf. »Wir sind verdammt nahe an der Weidegrenze der Coppers, Mann. Kommt der Bursche frei, rennt er zu Fuß nach Hause. Den Rest, denke ich, kannst du dir ausrechnen, was?«
»Keinen Mord«, wiederholte Robin grimmig. Jim erinnerte sich, dass der Sheriff aus Apache Wells damals erzählt hatte, dass Robin ein ausgezeichneter Gewehrschütze sein sollte. Vielleicht gehorchten ihm die Burschen darum. Robin blieb oben stehen, und er war weit genug entfernt, um gegen ihre Revolver im Vorteil zu sein. Wie er zu diesen drei Halunken gekommen war, konnte Jim sich kaum vorstellen.
»Wir können ihn ja festbinden«, schlug Ballard vor. Er schielte zu Robin empor und schien froh zu sein, dass es nicht zu der »Hinrichtung« gekommen war. »Clay, er darf nicht zu früh die Ranch erreichen.«
»Das