Butler Parker 114 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 114 – Kriminalroman - Günter Dönges Butler Parker

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Butler Parker – 114 –

      Agatha Simpson befand sich in Hochstimmung. Sie sprühte vor Unternehmungslust und wußte, daß es diesmal klappen würde. Sie hatte sich das kleine Teehaus auf ihrem Landsitz besonders herrichten lassen. Auf ihren stämmigen Beinen schritt sie durch den kreisrunden Steinbau, der von blühenden Sträuchern eingerahmt wurde. Schlanke Säulen trugen das spitzzulaufende Dach.

      Agatha Simpson musterte anerkennend die Bibliothek, erfreute sich an dem reichhaltigen Vorrat an Manuskriptpapier und betrachtete dann fast verliebt die große elektrische Schreibmaschine. Sie stand auf einem Tisch, der seinerseits vor einem der hohen Fenster untergebracht war. Von diesem Arbeitsplatz aus konnte sie den parkähnlichen Garten sehen.

      Lady Simpson inspizierte die Schalttafel, über die sie mit dem Landsitz verbunden war und nickte sich dann entschlossen zu.

      Die Sechzigjährige hatte vor, den literarischen Markt zu erobern und einer gewissen Agatha Christie mal zu zeigen, wie ein guter Kriminalroman auszusehen hatte.

      Die Lady arbeitete an diesem Bestseller schon seit Monaten und war bisher über gewisse Vorbereitungen nicht hinausgekommen. Zu ihrer heimlichen Freude hatte es immer wieder Unterbrechungen gegeben, die sie einfach zwangen, den Beginn ihrer Arbeit zu verschieben. Doch nun sollte das alles ganz anders werden.

      Lady Agatha hatte ihren beiden Begleitern strikt untersagt, im Teehaus zu erscheinen. Sie wollte sich nicht noch mal ablenken lassen und war fest entschlossen, selbst den interessantesten Kriminalfall zu ignorieren. Es ging schließlich auch um Lady Agathas Selbstachtung. Sie wollte sich endlich mal beweisen, daß sie zu einer konzentrierten, schriftstellerischen Arbeit fähig war.

      Sie sah die elektrische Schreibmaschine also fast verliebt an, nahm feierlich vor ihr Platz und schob ihre Hände vor. Da die Entfernung nicht ganz stimmte, korrigierte sie ihren Sitz, um dann zu bemerken, daß sie nicht hoch genug saß.

      Die sonst so kriegerische Dame ließ sich keineswegs aus der Fassung bringen. Heiteren Gemüts nahm sie die Änderungen vor, schaltete den Motor der Elektroschreibmaschine ein und ... zuckte ein wenig irritiert zusammen. Das Geräusch dieses Motors kam ihr ungewöhnlich laut vor. Irgend etwas in der Maschine schepperte unschön.

      Lady Agatha behielt eine heitere Gemütsverfassung. Solche Kleinigkeiten störten sie nicht, obwohl sie einräumte, daß zu diesem Scheppern jetzt ein leichtes Kreischen kam. Ein Mensch mit relativ schwachen Nerven hätte so etwas auf die Dauer wohl kaum ausgehalten, doch Lady Simpson stand über solchen Äußerlichkeiten.

      Wenige Sekunden später wurde sie sich klar darüber, daß der Arbeitstisch eigentlich nicht gut stand. Durch das große Fenster fiel zuviel Licht in das Teehaus. Die Sonnenreflexe auf den Metallteilen der Maschine waren nicht geeignet, Konzentration aufkommen zu lassen. Zudem, das merkte sie erst jetzt, schweifte ihr Blick etwas zu unstet über den großen, parkähnlichen Garten und verlor sich irgendwo in der sanften Hügellandschaft des Themseufers.

      Agatha Simpsons Landsitz befand sich hart am Ufer der Themse in der unmittelbaren Nähe des Vororts Richmond, im Westen von London. Von der riesigen Metropole war hier draußen so gut wie nichts zu spüren. Das hier war der geeignete Platz, um den Kriminalroman des Jahrhunderts zu schreiben!

      Die Lady war inzwischen aufgestanden und rückte den Tisch zur Seite. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich, daß die ältere Dame, die von der Figur her an eine Heroine erinnerte, recht kräftig sein mußte. Sie handhabte den Tisch samt Maschine ohne sonderliche Schwierigkeiten. Nachdem sie noch einige Korrekturen angebracht hatte, ließ sie sich erwartungsvoll auf dem Sitz nieder, nickte sich innerlich zu und ... kam nicht mehr dazu, auch nur eine einzige Taste anzurühren.

      *

      Agatha Simpson schaute ein wenig überrascht auf das Monster, das sich heimlich ins Teehaus geschoben hatte.

      Ein Gesicht war so gut wie überhaupt nicht vorhanden. Es war eher eine glatte, fleischige Maske, in die nur Öffnungen für die Augen, die Nasenlöcher und den Mund geschnitten waren. Diese Öffnungen sahen wie bösartige Schlitze aus. Die Ohren verschwanden unter dieser Maske und zeichneten sich nur vage ab.

      »Sie stören«, sagte Lady Simpson grimmig, nachdem sie sich von ihrer ersten Überraschung erholt hatte.

      »Ich werde noch viel mehr tun«, erwiderte die Maske gereizt. Sie ärgerte sich wahrscheinlich darüber, daß die Frau keinen spitzen Schrei des Entsetzens ausgestoßen hatte.

      Das Monster trug einen enganliegenden Overall, über den es eine Art Umhang geworfen hatte. Erfreulich sah diese ganze Erscheinung nicht aus. Sie war tatsächlich geeignet, Schreie des Grauens auszulösen. Dieses Monster schien aus einem wilden Alptraum zu stammen.

      »Sie sehen doch, daß ich arbeite«, redete Lady Agatha ungeduldig weiter. »Melden Sie sich bei meinem Butler, wenn Sie mich unbedingt sprechen wollen.«

      »Sie werden jetzt genau tun, was ich Ihnen sage«, herrschte die Maske die streitbare Dame an. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hielt das Monster ruckartig die linke Hand hoch und ließ Lady Simpson auf ein Stilett blicken.

      »Und das wäre?« Die Sechzigjährige, die sich bereits abgewendet hatte, fuhr mit dem Sitz des Drehstuhls herum und schien ihr Gegenüber jetzt erst richtig wahrzunehmen.

      »Lassen Sie sich Ihr Scheckbuch bringen«, verlangte das grotesk aussehende Monster durch seinen Mundschlitz, »und schreiben Sie dann einen Scheck auf den Namen Harry Betnam. Die Höhe beträgt fünfzehntausend Pfund in bar.«

      »Warum haben Sie nicht gleich gesagt, daß das ein Überfall ist?« ärgerte sich die Überfallene, »ich habe mein Scheckbuch hier. Wie hoch war noch die Summe?«

      »Fünfzehntausend Pfund«, gab das scheußliche Monster mit dem glatten, ausdruckslosen Schädel zurück, »und wir werden hier warten, bis abkassiert ist. Haben Sie mich verstanden?«

      »Ich verbitte mir diese dumme Frage«, herrschte Lady Simpson das Monster an. »Sie haben es schließlich nicht mit einer Irren zu tun.«

      Das Monster war echt verunsichert.

      So hatte es sich diesen Überfall wohl nicht vorgestellt. Diese Frau schien man kaum in Angst und Panik jagen zu können. Das Monster mit dem langen, spitzen Stilett in der Hand kam sich albern und nutzlos vor.

      Lady Agatha griff inzwischen nach ihrem Pompadour. Das perlenbestickte Handbeutelchen lag auf einem Beistelltisch und sah recht harmlos aus. Eine Waffe konnte es unmöglich enthalten, dachte wenigstens das Monstrum.

      Die Lady griff also nach dem Pompadour und ... warf ihn äußerst kraftvoll in die Magenpartie des Monsters. Das widerlich aussehende Scheusal mit dem faltenlos glatten und synthetischen Gesicht verbeugte sich daraufhin erstaunlich tief und respektvoll. Dazu produzierte es einige Töne, die an ein luftschnappendes Grunzen erinnerten.

      Agatha Simpson wurde von dieser Höflichkeitsgeste nicht überrascht. Sie wußte schließlich, daß sich in ihrem Pompadour ein echtes Hufeisen befand. Es handelte sich dabei um ihren Glücksbringer, der nur oberflächlich mit Schaumstoff umwickelt war.

      Das Monster wunderte sich allerdings.

      Es hatte den Eindruck, von einem auskeilenden Pferd getroffen worden zu sein. Es kam aus der Verbeugung nicht hoch und litt sichtlich. Lady Simpson war inzwischen aufgestanden und griff nach einer frisch angerissenen Packung Manuskriptpapier. Sie hob diese improvisierte Waffe kurz an und setzte das Papier dann auf den Hinterkopf des Monsters.

      Die widerliche Erscheinung kniete daraufhin vor der älteren Dame nieder

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