Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Komödie . Luise Adelgunde Victorie Gottsched

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Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Komödie  - Luise Adelgunde Victorie Gottsched Reclams Universal-Bibliothek

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die Erkänntniß des innern Christenthums aus den Augen setzet.

      JUNGFER LUISCHEN. Es ist wahr! die irrdischen Gedancken kommen dir gar nicht in den Sinn. Doch hoffe ich nimmermehr, daß du dir auf den Liebmann einige Rechnung machen wirst.

      JUNGFER DORCHEN. Warum nicht? du bildest dir ein wenig zu viel auf deines Vaters Einwilligung ein!

      JUNGFER LUISCHEN. Wie! Dorchen? willstu mir den [27]Bräutigam abspänstig machen, den mir mein Vater gegeben hat?

      JUNGFER DORCHEN. Das sage ich eben nicht; aber ich verstehe mich wohl. Doch da kommt der Vetter und die Mama. Sie kommen als wie geruffen! Wenn du willst, so wollen wir gehen, und unser Werck zu lesen anfangen.

      Vierter Auftritt.

       Frau Glaubeleichtin, Herr Wackermann.

      HERR WACKERMANN. Nun Jungfer Muhmen! jage ich sie weg?

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Lassen sie sie nur gehen: Sie wollen etwas mit einander lesen; sie aber, Herr Bruder, werden mir vielleicht wieder eine Predigt zu halten haben?

      HERR WACKERMANN. Ja! Frau Schwester! Ich habe ihnen einen sehr vernünfftigen Vorschlag zu thun; nemlich daß sie ihre Tochter Luise verheyrathen sollen. Ich kan den langen Aufschub einer Sache nicht begreiffen, die schon vor zwey Jahren sollte geschehen seyn.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Ists nicht wohl schon das hundertste mahl, daß sie mir davon sagen?

      HERR WACKERMANN. Freylich!

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Nun? haben sie etwas damit ausgerichtet?

      HERR WACKERMANN. Zum Hencker? was sollte ich ausrichten?

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Warum geben sie sich denn immer vom neuen die Mühe?

      [28]HERR WACKERMANN. Je! warum kan man sie gar nicht überreden?

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Warum? was haben sie denn für Recht darzu? sind sie mein Vormund? mein Gevollmächtigter? sie sind doch nichts mehr, als mein Schwager?

      HERR WACKERMANN. Das ist freylich wenig genung! Wir wollen aber vernünfftig reden, ohne uns zu ärgern.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Ich? ich sollte mich ärgern? Ach! die Schwachheit der verderbten Natur habe ich längst abgelegt! dem Herrn Scheinfromm sey Danck dafür.

      HERR WACKERMANN. Sehr schön! aber mit aller vorgegebenen Sanfftmuth sind sie im Stande die gantze Welt tolle zu machen. Ich muß bekennen, der Herr Scheinfromm bringt ihnen schöne Sachen bey.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Ey, Herr Bruder! seyn sie doch sanfftmüthig und liebreich. Sie hassen den Hrn. Scheinfromm, weil er ein Heiliger ist.

      HERR WACKERMANN. Sie irren sich sehr! Ich habe die Tugend jederzeit geehret und geliebet: Aber, wenn ich ihnen die Wahrheit sagen soll, diejenige, so Scheinfromm ausübet, hat mir niemahls gefallen wollen.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Warum denn nicht?

      HERR WACKERMANN. Ich will nicht sagen, daß Scheinfromm ein dummer Mensch ist, der nichts weiter als einige heilige Geberden an sich hat. Ich sage nur, daß, seit der Zeit die Frau Schwester ihr Vertrauen auf ihn gesetzt haben, ihr gantzes Haus-Wesen im Verfall geräth. Das Gesinde kriegt keinen Lohn; die Töchter werden nicht versorgt; ihr Haus ist der allgemeine Sammelplatz von [29]den närrischsten Schmieralien und Leuten, die nur in der Stadt sind: Und da sie vormahls auf meinen Rath noch etwas gaben, so geben sie sich jetzo kaum die Mühe, mich anzuhören.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Ey, Herr Bruder! ein wenig Sanfftmuth und Liebe! Sie kennen die wahre Tugend noch sehr schlecht.

      HERR WACKERMANN. Es sey drum. Aber kurtz von der Sache zu reden, der arme Liebmann jammert mich. Lassen sie sich doch erbitten, Frau Schwester! Was haben sie davon, zwey junge Leute zu quälen?

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Herr Liebmann mag sich quälen, wie er will. Was aber meine Tochter betrifft, so bin ich von ihr eines gantz anderen überführt. Sie kennen sie und ihre Erziehung gewiß sehr schlecht. Das arme Kind denckt viel ans Heyrathen. Behüte GOtt! seit dem sie unsere Schrifften gelesen hat, so beschäfftiget sie sich mit viel ernsthaffteren Sachen.

      HERR WACKERMANN. Sie meynen also, die Jungfer Muhme sey mit ihren Zänckereyen so gar beschäfftiget, daß sie darüber das Heyrathen vergisst? Wenn sie das glauben, so kan ich ihnen berichten, daß sie von uns zweyen diejenige Person sind, welche sich irret.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Nun gewiß, sie sind recht halßstarrig! Ich will sie herruffen, damit ich den Herrn Bruder nur überzeuge. Komm her, Luischen! man hat dir was zu sagen.

      HERR WACKERMANN. Meinetwegen. Allein erlauben sie ihr auch, ihre Gedancken frey zu sagen: Und, wenn sich die Sache so verhält, wie ich dencke, so willigen sie endlich in unsere Bitte.

      [30]FRAU GLAUBELEICHTIN. O! wenn sich die Sache so verhält, so werde ich schon selbst wissen, was zu thun ist.

      Fünfter Auftritt.

       Frau Glaubeleichtin, Herr Wackermann, Jungfer Luischen.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Luischen! Glaubst du wohl, daß dich hier der Herr Vetter je eher je lieber an den Herrn Liebmann verheyrathet wissen will? Antworte! ich bin gewiß versichert, daß es dir nicht in den Sinn kömmt.

      JUNGFER LUISCHEN. Was würde es mir helffen, wenn ich gleich daran gedächte?

      FRAU GLAUBELEICHTIN. So denckst du nicht mehr daran?

      JUNGFER LUISCHEN. So wenig, als möglich ist.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Nun, Herr Bruder! da sehen sie es.

      HERR WACKERMANN. Wie? sehen sie denn nicht, daß sie nur nicht das Hertz hat zu reden?

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Mein GOTT! wie eigensinnig sind sie! Luischen! ich sage es dir noch einmahl, und befehle es dir, sage uns deine rechte Meynung.

      JUNGFER LUISCHEN. Mama! wenn ich sähe, daß es ihnen ein Ernst wäre, mich zu verheyrathen, so wollte ich ihnen gantz gerne meine rechte Meynung sagen: Da ich aber weiß, daß dieß nicht ist; so ists unnöthig, ihnen meine Gedancken zu entdecken.

      [31]HERR WACKERMANN. Nun! da hören sie es.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. So! so! du bist sehr vorsichtig, wie ich sehe. Erkläre dich, und sage uns deine Meynung.

      JUNGFER LUISCHEN. Ich darf nicht.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Wie? du darffst nicht?

      JUNGFER LUISCHEN. Nein, Mama! sie möchten böse werden.

      FRAU GLAUBELEICHTIN. Ach! ich verstehe dich nur gar zu wohl, du Raben-Aas! Du willst deine eigene Schande nur nicht bekennen. Der Liebmann ist dir ans Hertze gewachsen. Alle die heiligen Leute, welche bey mir aus und eingehen; alle die Frauen, welche wider die Orthodoxie und für die Gnade so sehr eifern; alle die bedeuten nichts bey dir gegen deinen Liebmann. Das ist der Gegenstand deiner irrdischen Lüste, welche im Hertzen herrschen; das sind die Gedancken, womit du umgehst, an statt, daß du höhern Dingen nachstreben, und die heiligen Bücher, welche man dir in die Hände liefert, geniessen solltest. Hast

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