Mami Bestseller 56 – Familienroman. Christiane von Torris
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Die Mannequins waren alle ganz blaß geschminkt, sie hatten den tiefroten, herzförmig gemalten Mund und die Lockenfrisuren, die in diesem Jahr von der Mode diktiert wurden. Alle hatten, wenn auch in verschiedenen Farbtönen, die gleichen Perücken auf, und man konnte sich kaum vorstellen, wie die gutgewachsenen jungen Damen wirklich aussahen.
Thorsten Hallberg war niedergeschlagen, als er die Kleider sah, die aus den Stoffen, die er entworfen hatte, gefertigt worden waren. Sie wirkten fad und verschwommen, auf dem Papier waren sie zweifellos ansprechender gewesen. Ich habe doch nicht genug Talent, dachte Thorsten bekümmert, mein Vater hat schon recht, wenn er diese Arbeit als Larifari bezeichnet.
Doch dann kündigte Monsieur Verrin die letzten Modelle an. Verwandelt erschienen die Mannequins nun auf dem Laufsteg. Jede mit ihrer natürlichen Frisur und fast ohne Make-up. Beifällige Bemerkungen schwirrten durch den Raum, und eifrig notierten die Berichterstatter und Journalistinnen, was sie da an Schönem sahen.
Wie ein Dirigent wies André Verrin die schönen Damen an, sich im Hintergrund zu halten. Dann schaute er in die Runde.
»Nun kommt die Krönung der diesjährigen Schau, mein Modell Sonnenkönigin, voilá«, rief Verrin.
Der schwere eierschalenfarbene Samtvorhang öffnete sich, und heraus trat ein wunderschönes Mädchen mit langem bernsteinfarbenem Haar, das über die gebräunten Schultern fiel. Es trug ein in seiner Einfachheit raffiniert geschnittenes Gewand, dessen altägyptisches Muster in den Farben Rost, Türkis, Smaragd und allen Schattierungen von Sonnengold gehalten war.
»Phantastisch, einfach hinreißend!« rief die Herzogin, die neben Thorsten Hallberg saß, und gleich ihr sprangen viele der begeisterten Zuschauer auf und drängten zum Laufsteg.
Wie gebannt hing Thorstens Blick an der herrlichen Erscheinung. Langsam ging nun auch er näher. Die ›Sonnenkönigin‹ trug ihren Namen zu recht. Sie war von strahlender Natürlichkeit; ihr Lächeln schien echt und nicht aufgesetzt, wie es in diesem Beruf doch meist ist; der warme Goldton ihrer Haut paßte wundersam harmonisch zu den satten Farben des langen, an den Seiten geschlitzten Gewandes.
Thorsten wußte nicht, wie ihm geschah; er trank das herrliche Bild förmlich in sich hinein, und etwas rührte zugleich sonderbar an sein Herz. Da richtete die ›Sonnenkönigin‹ ihre Augen auf ihn; er stand sehr nahe vor ihr und sah, daß sie tiefdunkelblau waren und wie von innen her leuchteten. Sie war noch sehr jung, wohl kaum mehr als achtzehn, schätzte Thorsten.
Später, als sich der Tumult gelegt hatte, machte Monsieur Verrin Thorsten Hallberg mit der ›Sonnenkönigin‹ bekannt. Die meisten Zuschauer waren zu einem Cocktail geladen worden und standen zwanglos plaudernd herum.
»Das ist der Mann, der die Sonne zum Strahlen gebracht hat; sehr poetisch, nicht wahr?« meinte Verrin lachend, glücklich über seinen neuen Erfolg. »Er heißt Thorsten Hallberg, ein Landsmann von Ihnen, Andrea!«
Thorsten verbeugte sich vor dem Mädchen, das nun ein schlichtes eisblaues Kostüm aus leichter Wolle trug.
»Guten Abend, ich heiße Andrea Eggerth«, sagte sie und reichte ihm die Hand. »Ich habe mich sehr gefreut, daß ausgerechnet ich das schönste Kleid tragen durfte.«
»Es hätte zu niemandem besser gepaßt, Fräulein Eggerth«, erwiderte Thorsten. »Fast kommt es mir vor, als hätte ich an Sie gedacht, als ich den Stoff entwarf.«
»An mich?« Sie lachte und warf den Kopf ein wenig zurück. »Aber Sie haben mich doch gar nicht gekannt!«
»Manchmal erfindet man jemanden, Dichtern muß es mit ihren Personen genauso gehen, die dann zu leben anfangen. Wahrscheinlich habe ich von Ihnen geträumt.«
Es klang nach einem leichten Kompliment, aber als Andrea Eggerth Thorsten Hallberg ansah und in seine sanften, braunen Augen blickte, spürte sie, es war ihm ernst mit dem, was er sagte. Ein wenig verlegen strich sie sich das Haar, das sie nun aufgesteckt trug, über den Ohren zurück.
Monsieur Verrin war längst bei einer anderen Gruppe, nun kam er zu den beiden zurück, einen rotgesichtigen gewichtigen Herrn im Schlepptau.
»Andrea, das ist Mike Hogart aus New York, er will Sie unter Vertrag nehmen«, sagte Verrin und tänzelte wieder davon.
Hogart, der in Amerika eine angesehene Künstler-Agentur besaß und Manager der besten Mannequins und Fotomodelle – im ehrbarsten Sinn – war, redete gleich wie ein Wasserfall auf Andrea ein, nachdem er auch Thorsten Hallberg begrüßt hatte.
»Sie bekommen den besten Vertrag und ein gigantisches Honorar, obwohl Sie doch erst Anfängerin sind. Sie werden nur für die allerbesten Firmen arbeiten, ihr Bild wird bald, hochbezahlt, von den internationalen Illustrierten lächeln. Sie werden…«
Noch ehe er weiterreden konnte, machte Thorsten eine energische Handbewegung. Dann nahm er Andrea am Ellenbogen und hielt sie zwingend fest.
»Mister Hogart, ich habe bereits Pläne mit Fräulein Eggerth; wir wollen sie heute abend besprechen. Bitte haben Sie die Freundlichkeit und gedulden Sie sich – bis übermorgen, würde ich sagen. Und jetzt entschuldigen Sie uns bitte.«
»Wo kann ich Sie erreichen, Miß Eggerth?«
»Über Monsieur Verrin«, erwiderte sie. Thorsten hielt sie immer noch am Ellenbogen fest, und sie wunderte sich ein bißchen über sich selbst, daß sie es so geschehen und ihn einfach über sich verfügen ließ.
»Dann geben Sie mir wenigstens eine Option, denn wer weiß, wem Sie heute noch in die Hände laufen«, meinte der Agent.
»Die haben Sie, bis wir über die Sache sprechen«, willigte Andrea ein.
Hogart zog einen Notizblock aus seiner Tasche und hielt ihn ihr hin. »Geben Sie mir das bitte schriftlich!«
»Sorry, Mister Hogart. Aber ich pflege zu halten, was ich verspreche.«
»Na gut, Ihnen glaube ich.« Er grinste breit. Und kummervoll durch trübe Erfahrungen setzte er hinzu: »Obwohl man das in diesem harten Geschäft nie sollte!«
Thorsten zog Andrea Eggerth beiseite.
»Wäre es Ihnen recht, wenn wir irgendwohin gingen, wo wir ungestört miteinander reden können?«
Sie wollte nein sagen, höflich ablehnen, aber als sie seine bittenden Augen sah, brachte sie es nicht fertig. Vom ersten Augenblick an, als dieser elegante, ein wenig verträumt wirkende und so überaus gut aussehende junge Mann an den Laufsteg gekommen war, hatte ihr Herz ganz unkontrolliert heftiger zu schlagen begonnen. Und das tat es immer noch, immer stärker in seiner Nähe!
»Gut. Aber zuerst müssen wir noch ein Glas Champagner mit Monsieur Verrin trinken. Ich habe ihm viel zu verdanken«, sagte sie leise.
Bei dieser letzten Bemerkung, die Thorsten falsch verstand, begann ihn Eifersucht zu quälen. Seine Finger gruben sich hart in Andreas Arm, und er schaute finster vor sich hin. Sie spürte, was in ihm vorging und lächelte.
»Aber doch nicht so«, beruhigte sie ihn, »er war immer überaus korrekt zu mir!«
André Verrin wollte mit Thorsten Hallberg einen Liefertermin für den Stoff des Modells ›Sonnenkönigin‹ vereinbaren, das er in einer größeren