Fürstenkrone Classic 51 – Adelsroman. Marisa Frank
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»Bitte, Sie wissen doch, daß ich es nicht mag, wenn Sie mich so anreden. Das ist übrigens ein guter Freund von mir, Graf Oliver. Oliver, das ist Frau Geißler. Sie hat in Passau eine Boutique. Sie hat meine neue Puppenkollektion übernommen. Nun hoffe ich, daß diese auch Käufer findet.«
»Ich glaube schon, Hoh… Prinzessin Angela.« Frau Geißler sah zu Graf Oliver hin. Mit der Prinzessin konnte man reden, sie hatten sich schon oft sehr gut unterhalten. Da vergaß man leicht, daß sie blaublütig war. Nun, da sie nicht allein war, wußte Rita Geißler nicht, wie sie sich verhalten sollte. »Ich wollte nicht stören. Ich komme morgen wieder.« Sie neigte den Kopf in Richtung des Grafen.
»Nein, nein, bleiben Sie doch! Sie sind doch gekommen, weil Sie etwas wollten.« Angela sah die junge Frau erwartungsvoll an. Noch immer hoffte sie, daß es um ein Geschäft ging. Sie brauchte Geld, viel Geld, wollte sie im Sommer doch anfangen, den Innenhof etwas renovieren zu lassen.
»Ja, aber es ist nicht wichtig. Ich bin auch sicher, daß der Mann sich heute oder morgen selbst bei Ihnen melden wird.«
»Welcher Mann?« fragte Oliver, der aufmerksam geworden war und nun an Angelas Seite trat.
Frau Geißlers Wangen färbten sich. Sie war keine Klatschbase. Auf keinen Fall wollte sie, daß der Graf jetzt diesen Eindruck von ihr bekam. Sie zuckte die Achseln.
»Es ist vielleicht dumm von mir, daß ich gleich zu Ihnen heraufgefahren bin, aber ich dachte, Sie sollten es wissen, dann sind Sie vorbereitet, wenn der Mann kommt.«
Sie hatte sich wieder der Prinzessin zugewandt. »Dieser Mann war gestern bereits bei mir im Laden und hat sich nach Ihnen erkundigt. Zuerst dachte ich, er wollte Puppen kaufen, doch dann wollte er wissen, wie Sie leben.« Das Rot auf Frau Geißlers Wangen wurde noch dunkler. »Zuerst wollte er nicht glauben, daß Sie auf der Burg leben. Erst als ich ihm jede weitere Auskunft verweigerte, stellte er sich mir vor. Er ist von einem Großkonzern.«
»Wie?« wunderte Angela sich. »Was habe ich mit einem Großkonzern zu tun?«
Darauf konnte Frau Geißler antworten, denn sie hatte den Mann danach gefragt. Sie sah die Prinzessin an und sagte: »Er ist an Ihrem Besitz interessiert. Er will die Burg kaufen. Leider habe ich nicht herausfinden können, welche Pläne er damit hat. Aber wie gesagt, er handelt im Auftrag eines Konzerns. Man spricht auch schon davon, daß die Straße zu Ihnen herauf verbreitert werden soll.«
»Angela, das ist doch prima! Wenn sich ein Konzern für deinen Besitz interessiert, dann ist er sicher bereit, dafür auch zu zahlen.«
»Moment!« Prinzessin Angela funkelte ihren Freund an. »Ich denke gar nicht daran zu verkaufen. Das weißt du!«
»Angela, sei doch vernünftig! So eine Gelegenheit kommt wahrscheinlich nicht wieder. Du mußt froh sein, wenn du diesen alten Kasten los wirst.«
»Du scheinst zu vergessen, daß das hier meine Heimat ist. Ich werde nie verkaufen.«
»Willst du wirklich warten, bis keine einzige Mauer mehr steht?«
»Oliver«, empörte Angela sich. Ihr war diese Auseinandersetzung in Gegenwart einer Passauer Geschäftsfrau peinlich. Oliver wandte sich jedoch bereits an Frau Geißler. »Wissen Sie, wie dieser Mann heißt, wo er zu finden ist, oder um welchen Konzern es sich handelt?«
»Der Mann stellte sich mir als Herr Pleil vor«, sagte Frau Geißler. Sie wünschte sich weit weg. »Ich wollte Ihre Hoheit auch nur informieren. Ich dachte, es ist für sie sicher leichter, mit dem Mann zu verhandeln, wenn sie darauf vorbereitet ist.«
»Ich werde nicht verhandeln. Das steht überhaupt nicht zur Debatte.« Angela besann sich. Sie wandte sich an Frau Geißler: »Danke, daß Sie mich informiert haben. Es ist nicht sehr fein, wenn man hinterrücks Erkundigungen über mich einzieht.«
»Angela, es handelt sich um einen Konzern«, versuchte Oliver sie zu beruhigen. »Die hören sich zuerst einmal um, ob sie ihre Pläne verwirklichen können. Schade, daß ich weg muß, ich wäre gern geblieben und hätte mir angehört, was dieser Herr Pleil dir unterbreiten wird.«
»Oliver, ich werde ihn nicht anhören.«
»Angela, du darfst jetzt keinen Fehler machen, das ist eine große Chance. Du kannst ein völlig neues Leben beginnen.«
»Aber das will ich doch nicht! Nun sind wir schon so lange befreundet, zu kennen scheinst du mich aber noch immer nicht. Entschuldigen Sie, Frau Geißler, aber ich liebe meinen Besitz. Mit meinen Eltern habe ich einmal für einige Zeit in München gelebt. Damals war ich noch ein Kind, aber ich fühlte mich unglücklich. Ich kann nirgends anders leben als hier.«
»Es käme auf einen Versuch an«, murmelte Oliver.
»Seit dem elften Jahrhundert lebt meine Familie hier«, fuhr Angela ihn an. »Du kannst dies in der Familienchronik nachlesen.«
Frau Geißler räusperte sich. »Hoheit, wenn Sie mich bitte entschuldigen würden. Es tut mir leid, daß ich gestört habe.« Sie neigte den Kopf in Richtung des Grafen, verbeugte sich tiefer vor Prinzessin Angela, dann wandte sie sich ihrem Auto zu.
Oliver kam heran und öffnete für sie die Autotür. »Danke, daß Sie gekommen sind. Es ist für die Prinzessin sicher wichtig, daß sie Bescheid weiß.«
Frau Geißler war froh, daß der Graf das gesagt hatte. Jetzt fühlte sie sich etwas besser. Sie nickte noch einmal, dann zwängte sie sich hinter das Lenkrad und startete. Bevor sie die erste Kurve nahm, warf sie noch einen Blick in den Rückspiegel. Ihre Erleichterung schwand, denn die eisige Miene der Prinzessin war nicht zu übersehen.
*
Wie ein gefangenes Tier lief Stephan Dorr in seinem Büro auf und ab. Er war mit seinem Leben nicht mehr zufrieden. Hier lief alles wie am Schnürchen, er wurde nicht gebraucht. Ausgewählte, verläßliche Männer standen an der Spitze seines Unternehmens. Er konnte es ruhig ihnen überlassen, Entscheidungen zu treffen. Stephan Dorr trat ans Fenster. Sein Büro befand sich im Citycorp-Building, einem neuen Wolkenkratzer von New York. Von seinem Standpunkt aus lagen nun die anderen Hochhäuser zu seinen Füßen, bis auf das Empire State Building, aber auch das konnte er von hier aus gut sehen, ebenso die Nadel des Chrysler Building, die sich in den Himmel zu bohren schien. War es der Anblick dieser Steinwüste, der ihn so deprimierte? Stephan Dorr seufzte. Er war mit seinen dreißig Jahren ein sehr reicher Mann, aber er wußte auch, daß er diesen Reichtum seinen Vorfahren zu verdanken hatte. Er war viel gereist, aber nach Deutschland, dem Land, aus dem seine Vorfahren stammten, war er noch nie gekommen. Vielleicht lag dies daran, daß er kaum etwas über seine Vorfahren wußte. Die Sehnsucht, dieses Land kennenzulernen, war in der letzten Zeit aber immer größer geworden.
Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Es war seine Vorzimmerdame, die ihm das Erscheinen von Miß Paddon meldete.
»Warum lassen Sie Miß Paddon nicht herein?« rief er ärgerlich in den Hörer.
»Selbstverständlich! Ich wollte Sie nur informieren«, kam es spitz zurück.
»Danke!« entgegnete Stephan und unterdrückte einen Seufzer. Er war sich bewußt, daß er seiner Sekretärin unrecht getan hatte. Sie hatte den strikten Auftrag, ihm jegliche Besucher fernzuhalten. Er haßte es, ohne Voranmeldung in seinem Büro überfallen zu werden. Jetzt jedoch freute er sich. Erwartungsvoll sah er zur ledergepolsterten Tür. Als Flora eintrat, ging