Toni der Hüttenwirt 259 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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Diese Worte hoben nicht gerade Leanders Stimmung.
»Nadine, ich mag nicht, dass du dich da einmischst.«
»Das ist doch Unsinn. Ich habe es gut gemeint. Ich weiß doch, dass du Hemmungen hast, meinen Papa um mehr Gehalt zu bitten. Wie ist es denn gelaufen?«
Leander winkte die Bedienung herbei und bestellte etwas zu Essen. Nadine wollte nichts. Sie hatte gefrühstückt. Leander trank morgens nur eine Tasse Kaffee und nahm später etwas zu sich.
Er wartete, bis sich die Bedienung entfernt hatte.
»Nadine, ich weiß, dass du mich in dem Punkt nicht verstehst. Kannst du nicht akzeptieren, dass ich nicht befördert werden wollte, weil du und ich zusammen sind? Das gibt doch nur Spannungen in der Redaktion. Du hättest die Kollegen und Kolleginnen sehen sollen, als dein Vater es verkündete. Klar haben sie alle artig geklatscht, mich beglückwünscht und so weiter. Aber ich habe es zufällig gehört, als ich an der Teeküche vorbeigekommen bin, wie sie darüber denken. Ich wollte das nicht. Der alte Willy geht bald in Rente. Er hat mich immer gefördert. Wenn ich danach seinen Platz übernehmen würde, das wäre okay.«
»Aber so ist es doch besser oder? Außerdem ist es gut so. Jetzt kann einer deiner Kollegen Willys Nachfolge antreten. Deine neue Stelle ist außer Konkurrenz. Du kannst dir eine völlig neue Abteilung aufbauen. Papa hat mir versprochen, dir freie Hand zu lassen. Er ist sich auch im Klaren darüber, dass die neue Beilage eine Weile braucht, bis sie sich am Markt platziert hat. Du kannst schalten und walten, wie du willst. Deshalb dachte ich, du würdest dich freuen. Es ist eine neue Redaktionsabteilung. Niemand kann dir nachsagen, dass du die Leiter hochgefallen bist, nur weil wir zusammen sind. Natürlich trägst du auch das Risiko, falls die Beilage von den Lesern nicht angenommen wird. Aber ich vertraue auf dich. Das wird alles wunderbar werden. Freue dich doch!«
Die Brotzeit wurde gebracht. Leander fing an zu essen.
»Natalie, ich frage mich, ob du mich wirklich kennst und liebst, so wie ich bin?«
Für einen Augenblick erschrak Natalie. Aber dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
»Natürlich kenne ich dich, liebster Leander. Du bist der Mann, den ich liebe. Mit dem ich mein Leben verbringen will. Ich kenne dich sehr gut. Du bist forsch, was die Angelegenheiten anderer betrifft. Nur wenn es um deine eigenen persönlichen Belange geht, bist du schüchtern und sehr zurückhaltend. Deshalb wollte ich dir etwas unter die Arme greifen. Wie heißt es? ›Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine kluge Frau‹, richtig?«
Leander aß und schwieg.
»Nun sag doch etwas! Fast könnte ich denken, dass du mir böse bist. Dabei habe ich mir von dir eine ganz andere Reaktion erhofft.« Nadine seufzte. »Okay, es ist dafür wohl nicht die richtige Tageszeit. Das verstehe ich. Und ich weiß, dass du immer eine Weile brauchst, um dich an eine neue Situation zu gewöhnen. Übrigens, meine Eltern lassen schön grüßen. Kommst du heute Abend zum Abendessen oder wollen wir ausgehen? Wir können zuerst ausgehen. Dann sind wir unter uns. Später können wir mit meinen Eltern noch einen Schluck Champagner trinken.«
Leander fühlte sich in die Enge getrieben. Er wusste, dass Nadine erwartete, dass er ihr einen Antrag machte. Er kannte sie gut. Spätestens am Abend konnte er dem nicht mehr entgehen. Sein zukünftiger Schwiegervater hatte diskret angedeutet, dass er jetzt etwas in dieser Richtung erwarte.
Er hatte es so formuliert: »Leander, ich trage mich schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken, diese Beilage innerhalb unseres Zeitungsverlages herauszubringen. Dass ich dir diese neu geschaffene Abteilung zu treuen Händen gebe, hat natürlich auch damit zu tun, dass Nadine und du, nun ja, ihr seid ein Paar und hoffentlich in naher Zukunft gehörst du ganz zu uns. Meine Frau und ich sind glücklich, dass unsere einzige Tochter sich in einen Journalisten verliebt hat.«
Leander hatte nur gelächelt.
»So und jetzt triffst du dich mit Nadine, und ihr macht euch einen schönen Tag, Leander!«, hatte er blinzelnd hinzugefügt.
Die Worte von Nadines Vater klangen ihm noch immer in den Ohren. Er hatte Leander gar nicht zu Wort kommen lassen. Als Leander eingewandt hatte, dass er mehr der Vollblutjournalist sei, der draußen recherchiert, war Nadines Vater einfach darüber hinweggegangen. Er hatte ihm einen Vortrag gehalten, wie er sich die neue Beilage vorstellte und war voller Zuversicht, dass Leander damit die Leser der Zeitung packen werde.
»Leander, du sagst gar nichts«, säuselte Nadine. »Ich habe mir eigentlich mehr Begeisterung davon versprochen.«
Leander sah Nadine an und lächelte. »Entschuldige, ich war bereits mit den Gedanken bei meiner neuen Aufgabe.«
»Ich wusste, dass du dich gleich hineinstürzt. Dann will ich dich nicht länger aufhalten. Ich bin mit Mama verabredet. Wir wollen zur Kosmetikerin, zum Friseur und einen Bummel machen.«
Nadine stand auf.
Leander erhob sich, er rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Nadine, das mit heute Abend, ist fraglich. Mir geht eine Recherche im Kopf herum. Dazu muss ich in den Bayrischen Wald. Ich denke nicht, dass ich heute Abend zurück bin. Vielleicht muss ich auch einige Tage bleiben. Du verstehst, dass ich die Beilage mit einem Knüller starten will.«
»Du kannst Leute einstellen und recherchieren lassen, Leander.«
»Nadine, das weiß ich. Ich bin der leitende Redakteur der neuen Abteilung. Dein Vater hat mir ein großes Budget bewilligt. Irgendwann werde ich mein Team haben, das recherchiert. Aber für die erste Ausgabe will ich mich persönlich ins Zeug legen. Sage deinen Eltern, dass ich arbeite. Dein Vater wird es verstehen, und deine Mutter auch. Dass du mich verstehst, hoffe ich.«
Nadine ging um den Tisch herum. Sie schlang die Arme um seinen Hals.
»Liebster, natürlich verstehe ich dich. Du bist sehr ehrgeizig. Das ist auch ein Zug, der mir gefällt und vor allem meinen Eltern. Vater sagt, du würdest ihn an sich selbst erinnern, als er in deinem Alter war. Damals wollte er es seinem Vater beweisen.«
Nadine lachte.
»Du kennst die Geschichte von der Hochzeit meiner Eltern. Mein Vater ließ sich den Hochzeitsanzug in die Redaktion bringen und fuhr von dort aus zu seiner eigenen Trauung.«
Leander kannte die Geschichte. Er lächelte.
Nadine küsste Leander auf die Lippen. Sie spürte, dass die Erwiderung des Kusses nicht so leidenschaftlich war, wie sie es erwartete hatte. Er ist schon wieder in Gedanken bei der Arbeit, dachte sie.
Sie löste sich von ihm, nahm ihre Handtasche und eilte davon. Sie drehte sich ein paarmal um und winkte. Er winkte zurück.
Als sie außer Sichtweite war, setzte sich Leander hin. Für einen Augenblick stützte er seinen Kopf in die Hände. Dann aß er schnell zu Ende, zahlte und ging zu seinem Auto.
Zwei Stunden später war er im Bayrischen Wald. Es waren nur noch wenige Kilometer bis zu dem alten Gehöft, auf dem seine Großmutter und ihre Schwestern aufgewachsen waren. Alle