Der Bergpfarrer Extra 10 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Franziska Veit war glücklich. Es war ein herrlicher Tag Anfang Mai, die Sonne schien, der Himmel war ungetrübt blau, und sie stieg an der Hand ihres Liebsten den Berg hinauf in Richtung Kandereralm.
Seit zwei Stunden waren sie unterwegs. Längst hatten sie ihre Westen ausgezogen, zusammengerollt und auf dem Rucksack festgeschnallt, denn der Weg war steil und sie waren ins Schwitzen gekommen. Sie hatten den Bergwald hinter sich gelassen und um sie herum erstreckten sich jetzt blühende Wiesen. Weiter oben verschwand der Weg zwischen Felsen.
»Langsam krieg’ ich Hunger«, sagte Jannik Rehfeldt. »Und trinken sollten wir auch mal. Dort oben, im Schatten der Felsen, könnten wir eine Rast machen. Was meinst du?«
»Einverstanden«, antwortete Franziska, dankbar, für den Vorschlag, denn auch ihr knurrte schon der Magen und sie war ziemlich erschöpft.
Dort, im willkommenen Schatten, nahmen sie ihre Rucksäcke ab, ließen sich auf kniehohe Felsbrocken nieder und packten ihre Brotzeiten sowie die Thermosflaschen mit den erfrischenden Getränken aus.
»Macht’s noch Spaß?«, fragte Jannik.
Es war seine Idee gewesen, an diesem Samstag zur Kandereralm zu wandern. Obwohl Franziska in St. Johann geboren und aufgewachsen war, hatte sie sich noch nie dazu aufraffen können, zu der Alm aufzusteigen. Nun hatte sie sich von Jannik überreden lassen.
»Ich hab’ kein Problem«, antwortete sie lächelnd. »Dass ich in der Vergangenheit kaum in den Bergen herumgestiegen bin, bedeutet net, dass ich unsportlich wär’ und keine Kondition hätt’. Außerdem macht mir alles großen Spaß, was wir zusammen unternehmen. Das müsstest du eigentlich längst wissen.«
Während sie gesprochen hatte, hatte sie ihn mit ihren blauen Augen regelrecht angestrahlt. Seit fast einem Jahr waren sie und Jannik nun ein Paar. Sie liebte ihn und war sich seiner Liebe sicher. Sogar vom Heiraten hatte er schon gesprochen, konkret jedoch hatte er sich noch nicht geäußert.
Jannik lachte. »Ich weiß, ich weiß. Du fährst hin und wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zum Einkaufen. Und jetzt im Frühjahr hast du wieder viel im Garten gewerkelt …« Er schaute skeptisch drein. »Ich kann mir allerdings net vorstellen, dass das eine sportliche Herausforderung sein soll.«
Franziska schluckte einen Bissen von ihrem Brot und erwiderte: »Na ja, in bissel warm ist mir schon geworden, und die Füß’ sind auch schon ganz schön schwer. Aber ich werd’ durchhalten.«
»Ich freu’ mich schon auf den Thurecker-Franz«, sagte er. »Denn kenn ich schon, seit ich ein kleiner Bub gewesen bin. Mit meinen Eltern war ich öfter mal auf der Alm. Den Winter über, wenn er im Tal ist, sieht man ihn ja kaum. Es ist, als würd’ er sich in seinem kleinen Häusl in den Winterschlaf zurückgezogen haben. Droben, auf der Alm, wo er seinen Bergkäs’ herstellt, da ist er in seinem Element.«
»Du brauchst mir nix erzählen, Schatz«, lachte Franziska. »Ich kenn’ den Franz auch schon, seit ich denken kann.«
»Auf der Alm hast du ihn aber noch net erlebt. Dort oben ist er ein völlig anderer, als unten im Ort. Du wirst es sehen.«
»Wie lang’ werden wir denn noch gehen müssen?«
»Jetzt haben wir ungefähr die halbe Streck’, Schatzerl. Und es wird net einfacher.«
»Ich schaff’ das!«, versicherte sie im Brustton der Überzeugung.
Nachdem sie Hunger und Durst gestillt hatten, packten sie alles wieder zusammen, schwangen sich die Rucksäcke auf den Rücken und setzten ihren Weg fort. Manchmal stieg das Gelände dermaßen steil an, dass Jannik seiner Liebsten helfen musste, das schwierige Stück zu überwinden.
Die Sonne wanderte höher und höher, der Weg wurde immer steiler, und ihnen perlte der Schweiß über das Gesicht.
Manchmal hielten sie kurz an, um zu verschnaufen. »Soll ich dir den Rucksack abnehmen?«, fragte Jannik, als sie wieder angehalten hatten und er bemerkte, dass Franziska heftig atmete.
»Nein, aber dennoch vielen Dank.« In der Tat war sie ziemlich außer Atem und das Herz hämmerte in ihrer Brust. Der Schweiß brannte in ihren Augen und die Füße waren schwer wie Blei. Aber der Ehrgeiz hatte sie gepackt. Die Blöße, schlapp zu machen und aufzugeben, wollte sie sich nicht geben.
»Weit ist’s nimmer, Schatzerl«, tröstete er und musterte sie dabei besorgt. »Die Tour ist dir doch ein bissel zu viel, gell?«
»Mir sagt es, dass ich, ab sofort, mehr für meine Fitness tun muss«, keuchte sie. »Aber allzu weit kann’s jetzt ja nimmer sein. Tu’ mir mal den Gefallen und hol’ meine Flasche aus dem Rucksack. Ich bin am Vertrocknen.«
Nachdem sie getrunken und noch etwas verschnauft hatten, verstaute Jannik die Flasche wieder in ihrem Rucksack, dann marschierten sie weiter.
Und als die Sonne hoch im Zenit stand und sie eine letzte Anhöhe überquert hatten, konnten sie die Kandereralm sehen. Am Hang darüber weiteten Kühe und Ziegen, bewacht von zwei Hütehunden.
Die Hütte war alt. Das Holz der Wände und die Schindeln auf dem Dach waren silbrig verwittert, aber frischeres Holz zeigte an, dass sie immer sorgsam repariert worden war.
Die bunten Sonnenschirme auf der Terrasse waren vielfältige Farbtupfer, die das Grau in Grau des Gebäudes auf freundliche und einladende Art auflockerten. Die Hütte schien sich an einen gewaltigen Felsen anzulehnen, der die Senke nach einer Seite begrenzte. Aus einer Rohrleitung plätscherte Wasser in einen hölzernen Trog.
»Wunderschön«, staunte Franziska. »Idyllischer geht’s ja fast nimmer.«
»Das ist wahr«, stimmte Jannik zu. »Hier oben ist die Welt noch in Ordnung.« Er kniff die Augen etwas zusammen. »Sieht aus, als wären wir im Moment die einzigen Gäste.« Er legte den Arm um Franzis Schultern und drückte sie an sich. »Aber das macht gar nix. Wir zwei brauchen niemand. Im Gegenteil! Andere Leut’ würden nur stören.« Er gab ihr einen schnellen Kuss, dann marschierten sie weiter.
Bei der Hütte angelangt, stiegen sie zur Sonnenterrasse empor. Als sie oben waren, kam der alte Senn aus der Hütte.
»Ja, was für eine Überraschung«, rief er. »Ich hab’ schon befürchtet, dass heut’ kein Mensch den Weg zu mir herauf findet. Grüaß euch. Hockt euch nur her. Ihr schaut ja ganz erhitzt aus. Darf ich euch ein Glaserl kühle Kuhmilch bringen? Die tut euch sicherlich gut, nach dem beschwerlichen Aufstieg.«
»Dazu sagen wir net Nein«, erklärte Jannik lächelnd. Er und Franziska nahmen die Rucksäcke ab und setzten sich. »Und gegen eine anständige Brotzeit wär’ auch nix einzuwenden. Nachdem du erst ein paar Tag’ heroben bist, wirst du noch keinen Käs’ fertig haben?«
»Ich hab’ ein paar Laiberln von meinem Käs’ mit heraufgebracht«, erklärte der Thurecker-Franz. »Außerdem hätt’ ich Kaminwurz und Geräuchertes zu bieten. Ich werd’ schon eine Brotzeit zusammenstellen, die euch munden wird.«
»Dessen bin ich mir sicher«, rief Jannik lachend. »Deine Brotzeiten waren für mich schon als Kind ein Grund, den weiten und beschwerlichen Weg zu dir herauf unter die Füß’ zu nehmen.«
Der alte Senn verschwand lachend in der Hütte.
»Hier heroben fühlt man sich dem Himmel ganz nah«, murmelte Franziska nach einem erneuten Blick in die Runde. »Man kommt sich ganz klein vor.«
»Ja, es ist schon eine wunderbare Welt hier