Der Barbarossa-Effekt. Marie Kastner

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Der Barbarossa-Effekt - Marie Kastner

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weniger glücklich in dieser larvierten Kapitaldiktatur leben – um ›uns Deutsche‹. Wobei die genaue Definition, wer unter diesen Begriff fallen soll, zunehmend schwieriger wird; schon insofern scheiden sich mittlerweile die Geister.

      Ob wir Menschen es nun wahrhaben wollen oder nicht, die Wahrheit hat viele Gesichter. Sie lässt sich niemals greifen und festnageln, das hat die Weltgeschichte eindrucksvoll bewiesen. Es laufen unter der Oberfläche immer wieder dieselben Mechanismen ab, auch wenn im Laufe der Zeit viele unterschiedliche bunte Etiketten über den obskuren Machenschaften der Mächtigen kleben.

      Hochkulturen kommen und gehen. Deutschland wird sich da kaum ausnehmen können, es existiert in Wirklichkeit kein Status quo, den man mit stetigen Bemühungen aufrechterhalten könnte. Auch das geheiligte Wirtschaftswachstum muss – und wird – irgendwo ein Ende finden, selbst wenn man mithilfe der Allmacht von bunten Werbebildern ständig Bedürfnisse für neue, im Grunde völlig überflüssige Güter schafft.

      Nichts ist so beständig wie der Wandel. Die einzigen Leitfäden, die auf ewig Bestand zu haben scheinen, sind die ehernen Regeln der Vernunft und des zwischenmenschlichen Anstandes – auch wenn beides oft genug für Machtansprüche missbraucht und bis zur Unkenntlichkeit verbogen wird, was für die meisten Politiker leider besonders in Wahlkampfzeiten zu gelten scheint. Zudem gibt es auch in Bezug auf hehre Werte eklatante kulturelle Unterschiede zwischen den Völkern, vieles davon ist nicht kompatibel. Die subjektive Meinung eines jedes Menschen bildet sich aus einem Konglomerat, das von persönlichen Erfahrungen seiner Vergangenheit, der individuellen Erziehung, den durch die Medien vorgegebenen Denkweisen und anderen Einflüssen gespeist wird. Das Ich ist alles andere als objektiv.

      Wie sollte aber angesichts dessen die eine, weil allgemeingültige Wahrheit für sämtliche Einwohner eines Landes, geschweige denn der gesamten Welt, existieren? Vollkommen ausgeschlossen. Wer da allen Ernstes behauptet, sie zu kennen, überschätzt sich selbst, belügt sich und andere gleichermaßen.

      Extremisten hat es in jedem Zeitalter gegeben, doch bezeichnet die Nachwelt die prominentesten von ihnen, je nach gegenwärtig vorherrschender Strömung in der Geschichtsschreibung, als Feldherren, Eroberer, Religionsstifter, Heilige, Revolutionäre, Wahnsinnige oder blutrünstige Verbrecher. Irgendeine Form des Extremismus scheint in jeder Epoche salonfähig zu sein.

      Ich möchte diese Geschichte daher all jenen Menschen widmen, die sich von politischen und kirchlichen Ideologien nicht die Gehirne verkleistern lassen und sich daher von Extremismus und Schönfärberei in jeglicher Verbrämung distanzieren.

      Ich nenne sie Realisten.

      Eigentlich, und das finde ich unsäglich traurig, muss ich mich bei Menschen von Angela Merkels Charakterstruktur sogar bedanken. Ohne sie wäre dieses Buch sicher nie erschienen.

      Orihuela (Costa), im Winter 2017/2018 Marie Kastner

       10. September 2020

      Der Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg gehört mit seinen Kneipenstraßen nicht zu den ruhigsten Wohnlagen. Es handelt sich um ein turbulentes Viertel, das vornehmlich kinderlose, junge, urbane Menschen anzieht, die sich teure Mieten leisten können. Was sich an diesem Donnerstag frühmorgens in der Lychener Straße abspielte, lockte jedoch außergewöhnlich viele Bewohner an die Fenster und aus den Hauseingängen.

      Auf dem breiten, von Laubbäumen gesäumten Bürgersteig vor einem frisch renovierten Apartmenthaus mit Balkonen standen die Einsatzfahrzeuge von Polizei, Notarzt und Feuerwehr. Blaulicht zuckte, eine Bahre wurde ins Haus getragen.

      Eine junge Frau mit leuchtend rot gefärbtem Haar sprach am Eingang mit einer Polizeibeamtin. Ein auffälliges, buntes Tattoo in Form eines Diamanten mit Flügeln verzierte ihr Dekolletee.

      »Ich weiß nicht genau, könnte so gegen vier Uhr gewesen sein, vielleicht auch viertel nach vier. Der Knall war dermaßen laut, dass er mich aus dem Schlaf gerissen hat«, berichtete sie gestikulierend. Ihr Freund – oder Lebensabschnittsgefährte – stand in Boxershorts und T-Shirt daneben, nickte zu jedem ihrer Worte. Der Endzwanziger schien noch nicht ganz wach zu sein, rieb sich gähnend die Augen. Er fröstelte in der kalten Morgenluft, die bereits von ersten Herbsttagen kündete.

      »Und wieso dachten Sie auf Anhieb daran, dass Ihr Nachbar sich etwas angetan haben könnte? Gab es zuvor entsprechende Anzeichen?«, hakte die Polizistin nach.

      »Och, das war immer so ein dynamischer Typ, ein echter Tausendsassa. Sie wissen schon, einer dieser Erfolgsmenschen mit ganz besonderer Ausstrahlung. Immer bestens gelaunt, immer freundlich, zumindest nach außen hin gab er sich so. Aber seit einiger Zeit hatte ich beobachtet, wie er sich veränderte. Ich bin meistens in meiner Wohnung, betreibe dort ein Künstleratelier. Meine Staffelei steht in der Nähe des Fensters, deswegen sah ich ihn jeden Tag mehrmals kommen und gehen.

      Er wirkte auf mich zunehmend bedrückt und desinteressiert, schien seine Umwelt komplett auszublenden. Nahm seine Post nicht mehr aus dem Kasten, bis er überquoll und einige Briefe schon auf dem Fußboden landeten. Gestern Abend klingelte ich bei ihm, brachte sie ihm – und erschrak. Offensichtlich hatte er getrunken. ›Danke Ina‹, sagte er, ›aber das Zeug interessiert mich gar nicht mehr.‹ Er hat mir die Wohnungstür vor der Nase zugemacht, ließ mich mitsamt seiner Post einfach auf dem Hausflur stehen«, berichtete sie in unverkennbarem Berliner Dialekt.

      Während seine Kollegin der Nachbarin weitere Fragen stellte, fischte Kommissar Maximilian Schmidke oben in der Wohnung, im grellen Blitzlichtgewitter des Polizeifotografen, mit der Pinzette einen mutmaßlichen Abschiedsbrief aus dem Drucker.

      Der Leichnam saß, mit einem deutlich erkennbaren Loch in der Schläfe, an seinem Schreibtisch. Mund und Augen standen offen, der schlanke Körper war in sich zusammengesackt.

      Dunkelrote Blutströme hatten sich über den mit schneeweißem Nappaleder bezogenen Bürosessel ergossen und auf dem Parkettboden eine Lache gebildet. Teile seines Gehirns, winzig kleine Knochensplitter und unzählige Blutspritzer verunzierten die satinierte Glasplatte des flächigen Schreibtisches sowie den cremefarbenen Lamellenvorhang, der allzu grelles Sonnenlicht aussperrte. Einige davon waren auch auf dem Blatt im Ausgabeschacht des Druckers gelandet, verliehen ihm den Charakter eines schaurig gestalteten Briefpapiers.

      Das Design würde gut für die Einladung zu einer Halloween-Party passen, sinnierte der Kommissar. Diesen Beruf konnte man auf Dauer nur mithilfe einer gehörigen Portion schwarzen Humors ertragen, besonders hier in der Landeshauptstadt. Er steckte die blutbesudelten Blätter einzeln in Klarsichthüllen, versenkte diese wiederum in einem verschließbaren Asservatenbeutel. Erst danach begann er, Blatt für Blatt, aufmerksam zu lesen.

      Sieben Minuten später ließ er den ›Abschiedsbrief‹ sinken, pfiff durch die Zähne. Alter Falter … dafür werden sich wohl noch ganz andere Behörden als die Kripo interessieren müssen, dachte er bei sich.

      

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