... denn alles ist Vorherbestimmt. Elisabeth Schmitz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу ... denn alles ist Vorherbestimmt - Elisabeth Schmitz страница 4

... denn alles ist Vorherbestimmt - Elisabeth Schmitz

Скачать книгу

dich gesehen habe. Dich und all die anderen.«

      Marie nahm ihre neue Freundin in den Arm.

      »Ich bin so froh, dass ich dich getroffen habe. Oder vielmehr du mich.« Beide lachten.

      »Du Martha, weißt du, ich habe an der Unfallstelle die Verstorbenen und auch die Lebenden gesehen, aber den Verursacher des Unfalls, den habe ich nur tot da liegen sehen. Weißt du, warum das so ist?«

      »Ja, Marie«, sagte Martha, »das weiß ich auch. Ich habe mich gewundert, warum auf dem Boden so ein dunkler, schmieriger Qualm oder Dampf entlang kroch. Und in dem Qualm sah ich ein Gesicht.

      Ein alter, verstorbener Mann sah mein erschrockenes Gesicht und sagte mir, dass dieses böse Verstorbene seien. Sie würden das Licht niemals sehen. Der junge Mann hat so viel Leid angerichtet durch seine Tat. Für viele Menschen geht das Leben nun völlig andere Bahnen. Und nur durch seine Schuld.«

      »Aber vielleicht hat er keinen anderen Ausweg gesehen als seinen Suizid«, meinte Marie.

      Martha streichelte ihr übers Haar. »Wie lieb du bist. Hast mit deinem Mörder sogar noch Mitleid. Sicher, du hast recht. Er war bestimmt verzweifelt. Aber er wusste genau, dass er viele Menschen mit in den Tod nehmen würde. Hätte er nur sich getötet, wäre er vielleicht einer von uns, aber das entscheiden ja nicht wir. Mag ja sein, dass die Frau, die wir in dem Licht sehen, etwas damit zu tun hat. Wir werden es erfahren.«

       2.

      

      

      

      

      Am nächsten Tag war tatsächlich die Beerdigung von Marie. Es waren so viele Menschen dort. Die Leichenhalle war voller Kränze und Blumen.

      Frau Heidemann, Maries Mutter, saß ganz vorne. Sie starrte nur auf den Sarg ihrer Tochter. Man konnte in ihrem Gesicht lesen, dass sie das alles noch gar nicht begriff. Hinter ihr saß Tina.

      »Meine über alles geliebte Kräuterhexe«, flüsterte Marie.

      »Bitte sei doch nicht so traurig. Sieh nur, mir geht es gut. Hier, das ist Martha. Sie würde dir auch gefallen.«

      Natürlich konnte Tina sie nicht hören.

      Marie setzte sich neben sie. Ja, tatsächlich. Sie konnte sich auf eine Bank setzen. Sie schaute zu Martha, und diese hob den Daumen in die Höhe.

      »Ich hab es geschafft‘«, sagte sie ganz leise.

      »Du kannst ruhig laut reden«, sagte Martha, »niemand hört uns.«

      Der Priester kam und sagte viele liebe Worte. Ob er es wohl so meinte? Er kannte Marie doch gar nicht. Sie war kein Kirchgänger, aber ihre Mutter ging jeden Sonntag dorthin. Marie war sich sicher, dass viele Gebete für ihre einzige Tochter gesprochen waren.

      »Mein Mütterlein!« Wie gepflegt ihre Haare waren. Sanft berührte Marie die grauen, vollen Locken ihrer Mutter.

      Ein Schluchzen ihrer besten Freundin riss sie aus ihren Gedanken.

      »Tina, bitte weine doch nicht so sehr. Bitte Tina.«

      Jeder, der in der Leichenhalle war, hatte eine Orchidee in der Hand. Sie waren bestimmt aus dem Blumenladen, in dem damals Marie gearbeitet hatte.

      Marie war Pflanzentechnologin in einer Orchideen Gärtnerei, und ihr Arbeitsplatz war das Labor. Sie züchtete auf einer Nährlösung neue Sorten von Orchideen in kleinen Anzucht-Flaschen. Ihre Phalaenopsis waren bei den Kunden sehr beliebt. Es dauert lange, bis eine Orchidee blüht, und so werden ihre Pflanzen noch lange im Handel sein.

      Die Trauergemeinschaft setzte sich zur Beerdigung in Bewegung. Markus, Tinas Ex-Lebensgefährte gesellte sich zu ihr. Er nahm behutsam ihre Hand, doch Tina stieß sie fort.

      »Bitte Tina, lass dir doch helfen«, sagte er. Ihre verheulten Augen funkelten.

      »Wenn du mir helfen willst, dann gib mir Marie wieder. Lass mich in Ruhe. Das habe ich dir schon mal gesagt«, flüsterte sie.

      »Verpiss dich, du Fremdgänger!«, fauchte Marie. Im selben Moment tat es ihr schon wieder leid. Man sah, dass auch er trauerte. Ob nun wegen ihr oder wegen Tina war egal. Aber er zeigte Gefühle, das konnte man sehen. Es war jedoch Fakt, dass er Tina mit seiner Nachbarin betrogen hatte und diese geheiratet hatte, als sie ein Baby erwartete.

      So viel Menschen waren bei der Beerdigung. Manche kannte Marie gar nicht. Vielleicht kannte Mama sie ja, und alle waren wegen ihr gekommen.

      Martha legte den Arm um ihre neue Freundin und sagte: »Komm. Das hier, das müssen die alleine machen.«

      Und wieder war da dieses Licht. Und wieder war da diese ältere Frau, die freundlich winkte.

      »Was meinst du«, meinte Martha, »wollen wir zu ihr gehen?«

      »Ja, irgendwann müssen wir es ja doch. Sie zieht uns doch magisch an. Warum also nicht jetzt?

      Aber bleib bloß bei mir. Alleine kann ich das nicht.«

      Martha nickte und fasste Marie bei den Händen. Dann liefen beide los. Je näher sie dem Licht kamen, umso schöner wurde es. So etwas hatten die beiden noch niemals gesehen. Und als sie dort waren, fühlten sie sich, als seien sie in Watte gepackt. Sie liefen direkt in die Arme der gütigen Frau. Diese umarmte die beiden gleichzeitig.

      »Na, ihr habt euch aber Zeit gelassen«, lachte sie. »Aber wenn wir hier etwas im Überfluss haben, dann ist es Zeit.«

      »Wer bist du?«, wollte Marie wissen. »Es kommt mir so vor, als ob ich dich schon sehr lange kenne.«

      Und Martha nickte mit dem Kopf. »So kommt es mir auch vor.«

      Die freundliche Frau bat die beiden, sich ins Gras zu setzen und fing an zu erzählen:

      »Ihr erinnert euch doch sicherlich noch an das Märchen von Frau Holle.«

      Die beiden Frauen nickten, schauten aber sehr ratlos drein.

      »Immer, wenn ich dieses Märchen höre, dann denke ich: Wenn ihr wüsstest, wie nahe ihr der Wahrheit seid. Aber woher sollt ihr es wissen? Viele Märchen sind überlieferte Geschichten.

      Eines Tages haben zwei Brüder, die Gebrüder Grimm, dies alles aufgeschrieben, was die Leute ihnen erzählten. Und glaubt mir, die Menschen früher hatten ein größeres Wissen als die Menschen heute, denn sie hatten noch die Zeit, über alles nachdenken zu können und mit ihren Artgenossen zu reden.

      Nun, ich bin also die, die ihr auf der Erde als die Frau Holle kennt, und deshalb könnt ihr mich auch so nennen.

      Erinnert euch doch einmal: Marie - welch ein Zufall, derselbe Name – fiel in einen Brunnen, der rund wie ein Tunnel war und ertrank dort. Sie kam danach auf eine wunderschöne Wiese. Ihr habt den Tunnel und die Wiese auch gesehen. Dort wurden Aufgaben gestellt, die sie zu erfüllen hatte. Sie musste Brot aus dem Ofen ziehen und reife Äpfel sammeln.«

      Martha

Скачать книгу