Saukatz. Kaspar Panizza

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Saukatz - Kaspar Panizza

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Im Wohnzimmer kniete ein hagerer Mann im blauen Overall auf dem Boden und schrubbte mit einer Bürste an der Stelle, an der der Tote gelegen hatte, das Parkett. Als er Steinböck bemerkte, blickte er kurz auf. »Was wollen Sie hier? Das ist ein Tatort.«

      »Ich weiß«, sagte der Kommissar grinsend und zog seinen Ausweis aus der Sakkotasche. »Steinböck. Mordkommission.«

      Der Hagere erhob sich, wischte sich die Hände am Overall ab und griff mit spitzen Fingern nach dem Ausweis.

      »Nie von Ihnen gehört. Sind Sie neu?« Dabei drehte er noch einmal den Ausweis und betrachtete interessiert die Rückseite.

      »Brandneu sozusagen. Wann sind Sie fertig?«

      »Das dauert schon noch ein bisschen«, sagte der Hagere und ließ sich wieder auf die Knie nieder. »War schließlich ’ne ganz schöne Sauerei.«

      Steinböck musste grinsen.

      »Genau, ein wahres Massaker.«

      Der Tatortreiniger murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, dann fragte er noch: »Was soll ich mit dem Schlüssel machen?«

      »Lassen Sie ihn einfach von außen stecken.«

      Der Kommissar verließ die Wohnung, überquerte den Hausgang und klingelte an Maxi Müllers Tür.

      »Kommen Sie rein, die Tür ist offen«, hörte er sie gedämpft aus der Wohnung. Er trat ein und ging in Richtung Wohnzimmer. Wieder umgab ihn der Duft von frischem Marihuana. Das Zimmer war leer.

      »Hier draußen auf der Terrasse.«

      Er folgte der Stimme durch die geöffnete Tür. Steinböck betrat einen Wintergarten, einen wahren Dschungel. Unzählige Töpfe mit allen möglichen Pflanzen reichten zum Teil bis an die Decke. Nur in der Mitte stand ein kleiner runder Korbtisch mit einer Glasplatte. Der ganze Raum war von oben bis unten verglast. Eine Tür, die in den Garten führte, war weit geöffnet. Der Kommissar erblickte auf Anhieb die drei kräftigen Hanfpflanzen, die sich in einer Ecke hochrankten.

      »Setzen Sie sich, ich habe frischen Tee gemacht. Das hier ist mein Reich.« Sie zögerte kurz. »Und möchten Sie die Wohnung immer noch mieten?«

      Steinböck setzte sich vorsichtig in einen der Korbsessel, der verdächtig knarzte, sich aber ansonsten seinem Gewicht anpasste. Maxi Müller hatte sich umgezogen und trug ein langes, rotes Kleid, eine Art indischen Sari, der über und über mit silbernen Pailletten bestickt war.

      »Wenn wir uns einig werden, warum nicht?«

      »Sie haben doch sicherlich über mich recherchiert?«, fragte sie und griff nach einem der Plätzchen. Steinböck überlegte, es ihr gleichzutun, fasste dann doch in die Jackentasche und zog sein Päckchen Tabak heraus. Er blickte sie fragend an.

      »Rauchen Sie nur. Also was haben Sie über mich herausgefunden?«

      »Nichts, was mich davon abhalten würde, hier einzuziehen.«

      »Und mein Wintergarten?«

      »Schön grün, aber ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung von Pflanzen«, antwortete er lächelnd, wobei er sich eine Zigarette drehte.

      »Also gut, 950 Euro warm, und den Strom bezahlen Sie natürlich selbst. Zur Wohnung gehören ein Stellplatz auf dem Hof und der kleine Garten vor Ihrer Terrasse. Rasenmäher ist im Schuppen«, erklärte Maxi Müller und legte einen vorbereiteten Vertrag vor ihn hin. Steinböck zündete sich seine Zigarette an und überflog den Text.

      »Der Vertrag läuft aber erst ab nächstem Monat? Ich würde gern sofort einziehen.«

      »Kein Problem, von mir aus können Sie heute schon rein. Bezahlt wird ab nächstem Monat.«

      »Und was machen wir mit Hackers Sachen?«, fragte der Kommissar.

      »Was halten Sie davon, wenn wir morgen alles in einen Karton packen, und Sie tragen ihn dann in den Keller. Sie können die Sachen auch gerne mit aufs Revier nehmen, wenn Sie möchten. Außerdem könnte ich Aurelia, unsere rumänische Mitbewohnerin, fragen, ob sie die Wohnung einmal durchputzt. Sie nimmt zwölf Euro die Stunde. Natürlich schwarz. Aber nur, wenn es Ihnen recht ist.«

      »Schon gut. Es ist mir sogar sehr recht.« Er griff nach dem Kugelschreiber, gab seine Daten ein und unterschrieb den Vertrag. Dann nahm Maxi Müller den Stift und unterschrieb ihrerseits.

      »Und vergessen Sie nicht, Sie übernehmen die Katze.«

      »Wo ist sie eigentlich?«

      Die Frau mit den roten Haaren deutete auf einen Hocker, der unter einer mächtigen Yuccapalme stand.

      »Sie liegt dort auf den Kissen und beobachtet uns.«

      »Hat sie wieder mit Ihnen gesprochen?«, fragte er grinsend und blickte dabei auf die Plätzchen. Für einen Moment sah es so aus, als wenn sie auf seine Frage antworten wollte. Doch dann griff sie nach Steinböcks Vertrag und drückte ihn sich an die Brust.

      »Ist das klar mit der Katze?«, fragte sie noch einmal eindringlich.

      »Geht klar«, sagte er lächelnd und griff nach dem Vertrag.

      »Soll ich sie gleich mitnehmen?«

      »Sobald Sie eingezogen sind, kommt sie von selbst.«

      »Woher wissen Sie das?«

      Maxi Müller zuckte mit den Schultern. Dann stand sie auf.

      »Hier sind Ihre Schlüssel. Ich bring Sie jetzt zur Tür.«

      Steinböck rollte den Vertrag zusammen, steckte seinen Tabak in die Tasche und folgte ihr. Bevor sie die Tür hinter ihm schließen konnte, drehte er sich noch einmal um.

      »Oskar Hacker – hatte er einen Computer?«

      »Ja, so eine Art Koffer mit einem Käsegesicht drauf.«

      Steinböck sah sie zweifelnd an.

      »Was meinen Sie mit Koffer?«

      »Na ja so ein Teil, bei dem man den Bildschirm hoch und runter klappen kann. Ich habe keine Ahnung von den Dingern und will es auch den Rest meines Lebens nicht mehr lernen.«

      »Also einen Laptop«, stellte Steinböck fest.

      »Von mir aus auch Laptop. Haben Sie ihn nicht gefunden?«

      »Nein, offenbar hat ihn der Mörder mitgenommen.«

      »Übrigens«, sagte Maxi Müller noch einmal ernst. »Die Katze – sie frisst nur Futter von Aldi.«

      *

      Zurück zu seiner Pension leistete sich Steinböck ein Taxi. Es war kurz nach 18 Uhr. Er packte seine beiden Koffer zusammen und beglich die Rechnung. Dann holte er seinen alten VW-Käfer aus der Tiefgarage und fuhr zu seiner neuen Wohnung. Dort stellte er das Gepäck ab und entschloss sich erst einmal, seine neue Umgebung zu erforschen. Der Münchner Süden war eine extrem teure Gegend, und ihm wurde immer klarer, was für ein gigantisches Schnäppchen er mit dem Abschluss des Mietvertrages

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