Schwan und Drache. Das Reich des Drachen. Natalie Yacobson
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In diesem Moment ließen die Wachen ihren Gefangenen frei. Lautes Lachen hallte durch die düstere Leere. Rose streckte die Hand aus. Es war keine Hand mehr. Die Finger streckten sich zu langen Schwanenfedern, das Handgelenk hatte die Größe eines Vogelflügels. Schwindel nahe der Ohnmacht ließ nicht zu, dass Horror während der Transformation den Geist eroberte. Das Mädchen verschwand, anstelle von ihm kreiste ein schöner schwarzer Schwan unter der Decke und versuchte, sich aus dem stickigen Verlies zu befreien. Die Fenster und Türen waren geschlossen. Der Vogel eilte vergeblich von Ecke zu Ecke auf der Suche nach einem Ausweg.
«Und du wirst bis zum Ende des Jahrhunderts ein Schwan sein.» Das Ende des Zaubers klang freudig und feierlich.
Der Bucklige entfernte alle rituellen Accessoires. Er las den Vertrag zum letzten Mal und versteckte ihn in einer Schublade. Der Schwan, der verzweifelt gegen das Glas des hohen Fensters schlug, brachte ein selbstgefälliges Lächeln auf sein Gesicht.
Währenddessen fielen funkelnde Federn von den schwarzen Flügeln. Der Schwan stieg langsam herab. Das Gefieder verschwand, aber das Auge konnte nicht die gesamte Abfolge der Transformationen sehen.
Der Zauberer starrte zweifelnd auf die seltsame Szene vor ihm. Hatte er den Zauber falsch verstanden? Die verurteilte Frau sollte für immer ein Vogel werden, aber ein paar Minuten vergingen und sie verlor ihr Schwanenaussehen. Auf dem Boden lag kaum atmend kein Vogel mehr, sondern die alte Schönheit in Gold.
Rose stützte sich auf die Ellbogen. Ihr ganzer Körper schmerzte nach der Verwandlung. Das Herz schlug einen rasenden Rhythmus. Die Arme, die vor einem Moment Flügel gewesen waren, schmerzten und bluteten. Das Mädchen überwand den Schmerz und stand auf. Der Zauberer bückte sich unter dem Gewicht seines Buckels und eilte auf sie zu. Etwas blitzte in seiner Hand wie ein lila Stern. Er sagte kein Wort, aber sein Blick donnerte vor Wut.
Im Handumdrehen packte er das Handgelenk des Opfers, hinderte sie daran, ihre Hand zu bewegen, und legte einen Ring mit einem riesigen Amethyst auf seinen dünnen Finger. Kaltes Metall packte den Finger und brannte fast in die Haut. Rose versuchte den Ring zu entfernen, aber er schien an ihrer Hand zu haften.
In der Zwischenzeit öffneten sich die Türen der Halle, ließen den Kopf der düsteren Gemeinde und seine Diener los und knallten erneut zu. Wandernde Lichter tanzten an den Wänden. Rose wurde allein zwischen den leeren Bänken und Ständen gelassen. Hier wohnte das dunkle Böse. Ein leises, kaum hörbares Flüstern kam aus der Stille.
«Lass den Drachen für dich kommen!» flüsterte jemand ganz nah. Rose schaute auf ihre Hand und bemerkte entsetzt, dass die Stimme von dem leuchtenden Stein auf dem Ring kam. Alle seine Facetten schimmerten, und in der trüben violetten Tiefe blitzte ein blasses, winziges Gesicht auf und verschwand.
Die Stille hallte mit einem höllischen Gebrüll wider. Rose schien, dass das gesamte Sonnenlicht hinter einem riesigen hohen Fenster konzentriert war und die Nachtsterne verdunkelte. Aber die Sonne konnte nicht so hell scheinen. Es war keine feurige Scheibe, die den Himmel erhellte, sondern eine majestätische, riesige Silhouette eines geflügelten Drachen, wie Magie, die in der Ferne erschien. Der Drache näherte sich. Feuer brach aus seinem Mund.
Rose konnte nicht glauben, dass sie ihn sah. Hier ist er, der himmlische Herrscher, der Entführer junger Jungfrauen. Von seinem Gebrüll brach die Erde und die himmlischen Höhen rissen auseinander. Das Grollen ließ Rose aus ihren Ohren bluten. Der feurige Atem des Drachen versengte die Luft. Die Wände waren heiß von der Hitze. Rose kam es vor, als wäre sie in der Hölle.
Metallflügel flatterten ununterbrochen, und das Mädchen dachte, es sei ein Hammer, der auf einen Amboss klopfte. Ein unerträgliches goldenes Leuchten blendete die Augen. Eine Krallentatze kratzte am Glas am Fenster. Aber der Drache ist zu groß für eine so enge Öffnung. Er kann hier nicht rein. Rose wurde ohnmächtig. Der Ring drückte ihren Finger noch fester.
Für einen Moment herrschte eine rettende Stille, dann folgte ein starker Schlag. Das Fenster und ein Teil der Wand wurden von seiner Kraft gesprengt. Ein Wasserfall aus Holzspänen und Steinen sprudelte herab. Ein starker Windstoß riss an den Haaren des Mädchens. Sie hob den Kopf, um dem strengen, flackernden Blick des Drachen zu begegnen, der auf sie zuflog.
Goldene Flügel pfiffen durch die Luft und fingen den Wind ein. Diese Geräusche klangen wie ein Lied.
Starke Pfoten mit langen Krallen packten Rose und rissen sie leicht wie eine Feder vom Boden. Einen Moment später schwebte der Drache mit seiner Beute bereits hoch am Himmel.
Die Insel wurde weit zurückgelassen, der Silver River aus der Höhe der Wolken schien wie ein schmaler, zitternder Faden, und die Dörfer waren in Würfeln auf dem Boden verstreut. Nichts konnte den rasenden Flug am Himmel bremsen. Der Drache stieg noch höher und ließ seine Beute nicht von seinen Krallen los.
Eisböen peitschten Rose ins Gesicht. Die Erde war schon außer Sicht. Das kalte Licht der Sterne spiegelte sich in den Drachenschuppen.
Ein Pfeil, der von einer Sehne gelöst wird, fliegt nicht so schnell wie dieses glitzernde Monster. Der Drache raste vorwärts und schlug ununterbrochen mit goldenen Flügeln. Der pfeifende Wind hüllte sie ein. Dann wurde er langsamer und begann langsam und sanft abzusteigen. Rose sah das Land wie einen luftigen Schneeball.
Der Drache sank noch tiefer, so dass die schrägen Dächer der Dorfhäuser sichtbar wurden. Die Bewohner strömten auf die Straße und zeigten mit den Händen nach oben. Einige schrien etwas, andere stürmten ins Freie. Schneeflocken wirbelten in der eisigen Luft und blockierten den Ausdruck von Angst in ihren Gesichtern.
Der Drache sank sehr tief und atmete plötzlich Feuer. Rose bedeckte ihr Gesicht mit ihrer freien Hand. Die Hitze des Feuers versengte ihre Wangen, aber die Flamme selbst berührte sie nicht. Aber die Dächer der Häuser flackerten wie trockene Stangen. Orange Funken breiteten sich auf den zerbrechlichen Strohdächern von Scheunen und Taubenschlägen aus.
Die Bauern flohen, aber die Flamme überholte sie wie ein Lebewesen, zischte und griff nach ihren Kleidern. Der Drache drehte sich scharf um und brach aus seinem Mund eine weitere Feuersäule aus.
Rose war taub vor Angst. Was wird mit ihr passieren? Wird der Drache sie in dieses riesige Feuer werfen und wegfliegen? Aber er dachte nicht einmal daran, seinen Gefangenen freizulassen. Goldene Flügel flatterten anmutig und der Drache flog in Richtung Wald, in der Ferne geschwärzt. Rose packte mit einer Hand eine polierte, glatte Klaue, die größer war als ihre Handflaeche. Sie hatte Angst zu fallen und zu brechen, Angst sich umzudrehen und das Dorf in Zungen giftiger Flammen zu sehen.
Ein runder Tanz aus gemusterten Schneeflocken kreiste vor dem Fenster. Hungrige Wölfe heulten im Dickicht. Die Bäume standen in einer gespenstischen Linie. Ihre Stämme wurden im Schnee begraben.
Die kleine Hütte war warm und gemütlich. Aus dem Schornstein strömte Rauch. Im Ofen knisterte ein Feuer. Das Aroma von leckerem Essen lag in der Luft.
Rose wachte auf und langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Halbdunkelheit. Sie lag auf einer runden Koje, die wie eine Schüssel mit tiefem Boden geformt war. Es sah aus wie ein Märchenbett aus der Nussschale. Rose erwärmte sich und beruhigte sich. Es gibt nur vage Erinnerungen an die erlebte Angst.
Jemand