K.L.A.R. - Taschenbuch Dann bleib ich eben sitzen!. Thorsten Steffens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу K.L.A.R. - Taschenbuch Dann bleib ich eben sitzen! - Thorsten Steffens страница 3

K.L.A.R. - Taschenbuch Dann bleib ich eben sitzen! - Thorsten Steffens

Скачать книгу

stehen Kisten, Tüten und einzelne Möbelteile, die noch aufgebaut werden müssen.

      „Na, los! Ich zeige euch alles!“

      Meine Mutter geht direkt in das erste Zimmer links neben der Eingangstür.

      „Das hier ist Tims neues Zimmer“, sagt sie stolz in meine Richtung.

      Ich muss zugeben, es ist wirklich ziemlich groß. Viel größer als mein altes Zimmer in Münster. Trotzdem bin ich nicht begeistert, dass wir hierherziehen mussten.

      „Das ist eigentlich das Elternschlafzimmer, aber ich brauche ja nicht so viel Platz“, sagt sie. Danach zeigt sie Kati ihr Zimmer, das winzig klein ist. Ein langer, schmaler Raum, in dem außer einem Schrank und einem Bett kaum etwas anderes hineinpasst.

      Aber Kati freut sich.

      „Kann ich meine Einhorn-Posters aufhängen hier?“, fragt sie und fasst mit ihrer Hand an die rechte Wand.

      Kati und ihre Einhörner! Die mag sie fast so sehr wie Benjamin Blümchen.

      „Aber sicher!“, sagt meine Mutter und scheint ein wenig erleichtert, dass meine Schwester nicht protestiert, weil ihr Zimmer so klein ist. Dann sieht meine Mutter mich erwartungsvoll an: „Und?“

      „Und was?“, frage ich, aber ich weiß schon längst, welche Frage als Nächstes kommt. „Wie sieht dein Zeugnis aus?“

      In den letzten Wochen gab es ja kaum ein anderes Thema. Selbst hier und jetzt!

      Wir sind mitten im Umzugsstress, überall stehen Kartons und Möbelstücke, aber für meine Mutter gibt es wieder mal nur eine Sache, die sie interessiert: Mein Zeugnis.

      „Wie soll’s schon aussehen? Weiß mit schwarzer Schrift“, versuche ich zu scherzen und zucke mit den Schultern.

      „Zeig es mir bitte!“

      Ich krame das Zeugnis aus meinem Rucksack heraus.

      Meine Mutter reißt es mir hastig aus der Hand. „Oh je! Aber … Tim! Das ist ja noch viel schlimmer, als ich dachte! Zwei Fünfen!

      Und dann auch noch in Mathe! Was machst du denn den ganzen Tag in der Schule? Schlafen?“

      „So schlimm ist es nun auch nicht“, versuche ich, sie zu beruhigen.

      „Damit wärst du doch sitzengeblieben!“

      Sie sieht mich an. So, als ob ich dazu was sagen soll.

      Ich sehe sie ebenfalls an, sage aber nichts. „Oder nicht?“, fragt sie mich. „Wärst du damit versetzt worden?“

      Ich schüttle den Kopf.

      „Das kann doch nicht wahr sein! Schon wieder? Du bist doch letztes Jahr schon sitzengeblieben! Was soll denn aus dir werden?“

      Wir stehen mitten im Flur. Einer der Möbelpacker, der gerade im Wohnzimmer eine Kiste abgestellt hat, ergreift schnell die Flucht und rast an uns vorbei in Richtung Treppenhaus. Ich sehe ganz kurz, wie riesig das Wohnzimmer hier ist.

      „Kannst du mir bitte antworten?“

      Ich seufze genervt. „Ja, keine Ahnung!

      Als ob ich absichtlich sitzengeblieben wäre!“ „Du musst dich einfach mal etwas mehr anstrengen! So schwer kann das doch nicht sein. Hausaufgaben machen, für Tests und Klassenarbeiten lernen. Das sagen wir dir doch schon seit Jahren! Wann geht das denn endlich in deinen Kopf hinein?“

      Meine Mutter spielt wieder denselben Text ab, den sie mir immer vorspielt. So, als ob sie einfach nur auf einen Knopf drückt und die Ansage geht von vorne los.

      Ich kann inzwischen schon mitsprechen – von wegen mehr anstrengen, mehr Hausaufgaben, mehr lernen, erwachsen werden.

      Kati hört auf, in ihren Kisten zu wühlen. Und sie hat aufgehört zu lächeln. Dabei lächelt sie eigentlich fast immer. Außer wenn wir uns streiten. Das mag sie nicht. Aber wer tut das schon?

      „Wie soll es denn jetzt weitergehen? Du bist 16 Jahre alt. Wann willst du denn deinen Abschluss machen? Und vor allem, was für einen? Und dann? Hast du dir jetzt endlich einmal Gedanken gemacht, was du nach der Schule beruflich machen möchtest?“

      Ich seufze wieder laut. Stimmt, so geht die Ansage weiter: Du bist schon 16, Schulabschluss, Beruf! Bla, bla, bla.

      Andauernd fragt sie mich, was ich später einmal machen möchte. Aber ich weiß nicht. Ich weiß es einfach nicht! Ich weiß nur, was ich nicht werden möchte – Schüler!

      Ich meine, ich kenne einige, die wissen ganz genau, was sie später einmal machen wollen: Touri zum Beispiel will Kfz-Mechatroniker werden und später mal seine eigene Werkstatt haben; oder Lennart, der weiß genau, dass er Abi machen will und danach BWL studiert. So was macht mir eine Scheißangst! Dass die das alle so genau wissen.

      „Du bist 16 Jahre alt, Tim. 16!“, betont meine Mutter wieder. „Irgendwann musst du doch mal erwachsen werden!

      Verantwortung übernehmen! Einen Plan für deine Zukunft haben. Als ich so alt war wie du, war ich schon in der Ausbildung!“

      Meine Tante betritt die Wohnung: „Och nö, ihr streitet euch schon wieder? Keine fünf Minuten kann man euch alleine lassen!“

      „Ich mache mir doch nur Sorgen!“, rechtfertigt sich meine Mutter, während meine Tante zu Kati geht und sie in den Arm nimmt.

      Mir reicht es!

      Ich sehe aus den Augenwinkeln Katis trauriges Gesicht, das sonst nie traurig ist. Trotzdem drehe ich mich um und verlasse die Wohnung. „Wo willst du hin?“, ruft meine Mutter mir nach. Weg! Einfach nur weg.

      3. NEUMARKT

      Auf der Straße habe ich zwei Jungs gefragt, wie man am schnellsten in die Innenstadt kommt. Zuerst Bus, dann Bahn, dann umsteigen und noch mal Bahn. Bin natürlich gratis gefahren (wenn jemand gekommen wäre, hätte ich mein Schülerticket gezeigt und gesagt, ich dachte, das gilt hier auch).

      Mein Magen knurrt, als ich am Neumarkt aussteige. Zum Glück habe ich noch die vier Euro in der Hosentasche, die mir meine Mutter heute Morgen fürs Essen mitgegeben hat. Davon hole ich mir gleich erst mal ein paar Pommes.

      Ich schaue mir ein wenig die Geschäfte an, aber meine Gedanken kreisen nur um dieses beschissene Zeugnis. So ein Scheiß aber auch! Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlecht ausfällt. Gut, ich hab mich wirklich nicht so sehr angestrengt, weil ich viele Themen ja letztes Jahr schon hatte. Ich dachte, irgendwie schaffe ich das schon. Und außerdem ist es doch nur das erste Halbjahr. Das zählt doch sowieso nicht.

      Ich zücke mein Handy und schreibe Touri.

      Was soll’s, im nächsten Halbjahr strenge ich mich einfach mehr an. Da

Скачать книгу