Data Intelligence. Manfred Kulmitzer

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Data Intelligence - Manfred Kulmitzer

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Mensch scheint den tief verankerten Wunsch zu haben, einer ihm genehmen Gruppe anzugehören. In seinem kürzlich erschienen Buch „Atomic Habits“ beschreibt der Autor James Clear: „Menschen sind Herdentiere. Wir wollen uns anpassen, uns mit anderen zusammenschließen und uns den Respekt und die Zustimmung unserer Kollegen verdienen. Solche Neigungen sind für unser Überleben unerlässlich.

      Während des größten Teils unserer Evolutionsgeschichte haben unsere Vorfahren in Gruppen (Stämmen) gelebt. Die Trennung von der Gruppe - oder schlimmer noch, die Vertreibung - glich einem Todesurteil.“ [07] Es ist wichtig, die Wahrheit einer Situation zu verstehen, aber ebenso wichtig ist es, Teil einer Gruppe zu bleiben. Obwohl diese beiden Wünsche oft gut zusammenpassen, geraten sie zeitweise in Konflikt.

      In vielen Fällen ist für das tägliche Leben eine soziale Verbindung wichtiger oder hilfreicher als das Verstehen der Wahrheit von bestimmten Fakten. Wenn man sich zwischen den beiden entscheiden muss, wählen die Menschen oft Freunde und Familie über die Fakten. Der Harvard-Psychologe Steven Pinker drückt es so aus: „Menschen werden je nach ihren Überzeugungen umarmt oder verurteilt, so dass eine Funktion des Geistes darin bestehen kann, Überzeugungen zu vertreten, die dem Gläubigen die größte Anzahl von Verbündeten, Beschützern oder Jüngern bringen, und nicht Überzeugungen, die am wahrscheinlichsten wahr sind.“ [08]

      Menschen glauben Fakten nicht immer, weil sie richtig sind. Manchmal glaubt man zudem Dinge, weil sie uns gut für diejenigen Menschen, welche uns wichtig sind, aussehen lassen, das trifft besondere auf falsche Überzeugungen zu.

      Der US-amerikanische Software-Ingenieur und Schriftsteller Kevin Simler hat es einmal so ausgedrückt: „Wenn ein Gehirn erwartet, dass es für die Annahme eines bestimmten Glaubens belohnt wird, dann tut es das sehr gerne und kümmert sich nicht darum, woher die Belohnung kommt - ob es pragmatisch ist (bessere Ergebnisse durch bessere Entscheidungen), sozial (bessere Behandlung durch Kollegen und Freunde im gleichen Alter) oder eine Mischung aus den beiden.“ [09]

      Falsche Überzeugungen können in einem sozialen Sinn nützlich sein, selbst wenn diese in einem sachlichen Sinn nicht hilfreich oder nützlich sind - somit können diese als „sachlich falsch, aber sozial korrekt“ beschrieben werden.

      Eine dazu passende Aussage habe ich in einem Tweet vor kurzem gelesen: „Die Leute sagen viele Dinge, die zwar faktisch falsch, aber gesellschaftlich bestätigt sind. Sie sagen dumme Dinge, aber sie sind nicht dumm. Es ist intelligent, wenn auch oft unmoralisch, die eigene Position in einer Gruppe und die Achtung vor seinen Tabus zu bekräftigen. Das ist Konformität, nicht Dummheit.“

      Dies erklärt, warum wir bei bestimmten Aussagen weghören und zeigt gleichzeitig eine gute Möglichkeit auf, die Meinung anderer Menschen zu ändern.

      «Nicht Fakten ändern unsere Meinung, sondern die Zusammenarbeit mit anderen Menschen.»

      Einen Menschen davon zu überzeugen, seine Meinung zu ändern, bedeutet in Wirklichkeit, ihn davon zu überzeugen, seine Gruppenzugehörigkeit zu wechseln. Wenn man seine Überzeugungen aufgibt, läuft man Gefahr, lieb gewonnene soziale Bindungen zu verlieren. Man kann deshalb nicht erwarten, dass jemand seine Meinung ändert, wenn man ihm seine Gruppenzugehörigkeit wegnimmt.

      Stattdessen sollte man diesen Menschen einen neuen und sicheren Ort aka Secure Place [10] anbieten, damit der Wechsel seiner Überzeugung nicht Einsamkeit zur Folge hat. Der beste Weg, die Meinung von Menschen zu ändern, besteht darin, sich mit ihnen anzufreunden und in die eigene Gruppe zu integrieren. Jetzt können sie ihre Überzeugungen ändern, ohne Gefahr zu laufen, sozial isoliert zu werden.

      Der britische Philosoph Alain de Botton schlägt deshalb vor, dass wir mit den Menschen, die nicht mit uns übereinstimmen, ein gemeinsames Abendessen veranstalten: „Sich mit einer Gruppe von Fremden an einen Tisch zu setzen, hat den unvergleichlichen und seltsamen Vorteil, dass es schwieriger wird, sie ungestraft zu hassen. Vorurteile und ethnische Streitigkeiten nähren sich aus der Abstraktion.

      Doch die Nähe, die ein gemeinsames Essen erfordert - beispielsweise das zeitgleiche Hinsetzen, das Herumreichen von Getränken oder die Aufforderung an einen Fremden, das Salz zu reichen - stört die Fähigkeit, uns an den Glauben zu klammern, dass die Außenseiter, die ungewöhnliche Kleidung tragen und mit markanten Akzenten sprechen, es verdienen, nach Hause geschickt oder angegriffen zu werden.

      Bei all den groß angelegten politischen Lösungen, die zur Lösung ethnischer Konflikte vorgeschlagen wurden, gibt es nur wenige wirksamere Wege, die Toleranz zwischen verdächtigen Nachbarn zu fördern, als sie zu zwingen, gemeinsam zu Abend zu essen.“ [11]

      Bereits US-Präsident Abraham Lincoln hat dies so gehandhabt, wie sein folgendes Zitat schön aufzeigt: «Ich mag diesen Mann nicht. Ich muss ihn besser kennen lernen.»

      Wenn es darum geht, die Meinung der Menschen zu ändern, ist es sehr schwierig, von einer extremen Überzeugung zur einem anderen Extrem zu springen. Man kann seine Meinung nicht zu stark auf einmal ändern, da sich dies bedrohlich anfühlt. Ein guter Ort, um über eine bedrohliche Idee nachzudenken, ist eine nicht bedrohliche Umgebung. Deshalb sind Bücher oft ein besseres Vehikel für die Veränderung von Überzeugungen und Meinungen als Gespräche oder Debatten.

      «Das Beste, was einer guten Idee passieren kann, ist, dass sie durch möglichst viele Menschen geteilt wird.»

      Im Gespräch muss man seinen Status und sein Erscheinungsbild sorgfältig miteinander abwägen. Man will sein Gesicht wahren und nicht dumm aussehen. Wenn man mit unbequemen Tatsachen konfrontiert wird, neigt man oft dazu, seine aktuelle Position zu verstärken, anstatt öffentlich zuzugeben, dass man sich irrt.

      Ein Buch - wie das vorliegende - hingegen löst diese Spannung auf, da der Dialog im Kopf des Betroffenen stattfindet, ohne dass die Gefahr besteht, von anderen sofort beurteilt zu werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die grundlegende Erkenntnis, dass falsche Überzeugungen leider weiterhin bestehen bleiben, da Menschen weiterhin über diese sprechen.

      Deshalb verbringt man seine Zeit besser damit, für gute Ideen einzutreten, als falsche Überzeugungen zu bekämpfen und fortwährend zu erklären, warum schlechte Ideen schlecht sind.

      «Das Beste, was einer schlechten Idee passieren kann, ist, dass sie von vielen Menschen vergessen wird.»

      In der gerade andauernden und sicher noch viele weitere Wochen fortwährenden, durch die Weltkrise verursachten Ruhe bietet sich eine ausgezeichnete Gelegenheit, genauer über diese Gedanken nachzusinnen.

      In der sonst alltäglichen Hektik vergisst man leider allzu leicht, dass das eigentliche Ziel darin besteht, sich mit der jeweils anderen Seite zu verbinden, mit Menschen zusammenzuarbeiten, sich mit Menschen anzufreunden und diese in die eigene Gruppe zu integrieren.

       2.2 Meinungsblasen und objektive Informationen

      An die meisten ihrer Überzeugungen sind die Menschen nicht durch ihre eigene direkte Wahrnehmung gelangt, sondern sie glauben daran, weil es ihnen von - wirklichen und falschen - Experten, dem Internet und den Medien, Kollegen und Freunden oder ihren Verwandten so mitgeteilt wurde.

      «Objektive Informationen sind schlicht nicht möglich, da unsere Informationen immer aus dem selbst gewählten Umfeld stammen.»

      Was genau und woran die Menschen glauben, hängt also im Wesentlichen davon ab, von wem diese ihre Informationen beziehen und wie glaubwürdig diese Personen in ihren Augen sind. Menschen lesen unterschiedliche Zeitungen, hören unterschiedliche Radiosender, informieren sich über unterschiedliche soziale Medien und haben unterschiedliche Freunde. Aus diesem Blickwinkel sind „objektive Informationen“

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