Meine irdischen und himmlischen Wege. Manfred Höhne
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Am folgenden Montag rief er den Filialleiter seiner Bank in M. an und vereinbarte mit ihm einen Gesprächstermin. Er fertigte Kopien der Grundbuchauszüge des Hauses an, der Grundrisse, des Energieeffizienz -Nachweises und der letzten Rechnungen von Investitionen, wie der Dacheindeckung und der erneuerten Heizungsanlage. Und natürlich der Verträge mit seinen beiden ausländischen Verlegern.
Der Kreditvertrag über 800.000 € war schneller erreicht, als erwartet, nur über den Zinssatz gab es harte Verhandlungen, denn die gebotenen Sicherheiten waren der Bank für eine höchste Bonität nicht ausreichend. Sie einigten sich schließlich auf 1,44 %, was für Gunther immer noch ein gutes Ergebnis war.
Für die ausstehende Beichte über seinen großen Kauf gab es eine überraschende Wende. Am Wochenende nach seinen erfolgreichen Kreditverhandlungen mit der Uni-Credit in M. erreichte sie ein Anruf, den einmal Almuth, gegen ihre sonstige Gewohnheit, entgegennahm. Sie sprach zuerst in Deutsch, lachte plötzlich, und schnatterte dann mit erhöhter Amplitude auf Chinesisch, ehe sie Gunther zum Telefon rief und ihm den Hörer übergab.
Ein Herr Wu, Jonglin war am Apparat. Er rief aus München an. Er sei hier Professor für Sinologie und habe sein Buch ‚Das Herzogtum‘ gelesen. Er würde es gern ins Chinesische übersetzen. Gunther war von dem Gedanken sehr angetan und bat ihn, ihm einen Vorschlag zu machen. „Ich kann Ihnen die Rahmenbedingungen schon jetzt sagen", meinte der Professor in hervorragendem Deutsch und ohne jeglichen Dialekt. „Ich habe schon mehrere gute Bücher übersetzt", fuhr er fort, „mein Bruder hat einen wissenschaftlichen Verlag in Peking. Er verlegt aber auch deutsche Belletristik, die ich übersetzt habe. Mit großem Erfolg!“ Jetzt habe er eine Übersetzung von Heinrich Böll in Arbeit, würde aber die Arbeit daran zurückstellen, der Aktualität Gunthers Buches wegen. „Es ist sehr China-freundlich und wird garantiert von unseren Studenten gelesen! Ich bin sicher, dass der Verlag meines Bruders 10 Millionen Bücher verkaufen kann", wagte er eine Prognose.
Das Wort war Glockenklang in Gunthers Ohr! Er bat noch einmal um ein paar Zeilen zu einem Vertragsangebot und übergab den Hörer noch einmal an Almuth, die sich verabschieden wollte. Diese Verabschiedung dauerte dann eine Viertelstunde und Gunther wusste, sie würde am Ende des Gespräches mehr von Professor Wu, Jonglin wissen, als er jemals erfahren konnte.
Dies Gespräch und die in Aussicht gestellte finanzielle Großeinnahme, bereiteten Gunther den Boden, Almuth in die geschaffenen Tatsachen einzuweihen.
So lud er sie für den nächsten Tag zu einem Ausflug ein und führte ein Telefonat mit Hanna, in dem er seinen Besuch ankündigte, mit der Bitte, sich erst zu zeigen, wenn er sie selbst in ihrer Wohnung aufsuchen würde.
Kap 10
Er machte mit dem Wagen einen kleinen Umweg und fuhr von Bad Berka nicht über Tannroda und Kranichfeld direkt zum Schloss, sondern über Tonndorf und Naundorf an der Westseite des Stausees entlang, von wo man die Schlossburg in ihrer vollen Pracht mit den vier wuchtigen Türmen inmitten des Sees bewundern kann. Almuth, die ja nicht wusste, dass dies ihr Ziel war, fand bewundernde Worte.
Dort, wo die Straße von Erfurt nach Kranichfeld sich etwas vom Seeufer entfernt, biegt ein unbefestigter Weg nach Osten ab, der nach etwa 100 m auf einen großen Parkplatz mündet. Gunther lenkte den Wagen 50 m weiter zum Schloss und parkte, wo ein kleiner befestigter Parkplatz mit dem Schild ‚Privatparkplatz‘ direkt vor dem Zugang zur Burgbrücke, angelegt ist.
„Das ist unser heutiges Ziel", sagte Gunther, „ ich habe die Erlaubnis, dieses Juwel einmal ganz privatim zu besichtigen."
Er ging mit ihr über die lange Steinbrücke bis zum Tor und öffnete mit dem rotmarkierten Sicherheitsschlüssel an seinem großen Schlüsselbund die Pforte, die für Fußgänger in das Tor eigelassen ist. Gunther leitete Almuth durch den acht Meter langen Gewölbegang, der durch das Zyklopenmauerwerk zum ersten Innenhof führt. Er leitete sie als erstes die wenigen Stufen der Freitreppe des Mittelhauses hinauf, das mit seinem hohen frühgotischen Ambiente, in das ein späteres ‚Renaissance‘ eingebettet ist, dem Anwesen seinen Doppelcharakter als Burg und Schloss vermittelt.
Das Foyer des Festsaales, das Gunther schon bei seinem ersten Besuch so nachhaltig gefesselt hatte, beeindruckte auch Almuth sichtlich. Umso mehr als der Festsaal mit seinen 10 x 20 m, seinen Säulen und mannshohen Spiegeln, seinen Lüstern, herrlichen bleiverglasten Fenstern nach beiden Seiten und dem mythischen Plafond, der sich über die Decke tragenden Holzbalken, bis in die Raumwinkel zieht, mehr in einem Fürstenschloss als in einer Wasserburg zu erwarten war.
Gunther wollte Almuths Fragen, die ihr offenbar auf der Zunge lagen, zuvorkommen und zog sie ins Foyer hinaus und über die hohe Doppeltreppe in das Obergeschoss.
Hier zeigte er ihr die Gästezimmer, die schon renoviert aber noch nicht möbliert waren und die beiden, über die Seitenflügel des zweiten Innenhofes führenden Flure mit ihren Zimmerfluchten, die in die Wohnbereiche führten. Gunther geleitete Almuth zu dem rechten, westlichen Wohnturm, dessen schwere, kunstvolle Eichentür einen Spalt breit offen stand, als erwarte er schon ihren Antrittsbesuch. Gunther erklärte, dass der dort aufgeschüttete Boden aus grobem Stein-Split zum Einbau einer Fußbodenheizung vorgesehen sei. Er führte sie durch die kleine Pforte im Winkel zwischen der Wand des Turmes und der Außenfassade des Wohnbereiches auf die riesige Terrasse, die einmal Teil der Außenbastionen war.
Hanna hatte unter einem großen Sonnenschirm zwei Gedecke auf dem Terrassentisch aufgelegt, und Gunther bat Almuth sich zu setzen. Sie aber lief die 10 m zu den Zinnen, die in die Mauer eingelassen waren, und schaute auf den See, der sich in der frühen Nachmittagsonne weit nach beiden Seiten und nach Südwesten erstreckte.
Sie stand lange dort und als sie zurückkam und sich zu Gunther an den gedeckten Tisch setzte, war ihre erste Frage: „Was soll denn dieses Schloss kosten, das ist doch unbezahlbar!“ „Nichts", antwortete Gunther, „ nichts - es ist alles schon bezahlt. Es gehört uns."
Dass es zu Zweidrittel auf Pump gekauft war, verschwieg er geflissentlich. Aber er war auf alle Fragen vorbereitet. „Was hat das Schloss gekostet“, wollte nun Almuth wissen. Wie immer war diese Frage ihr die wichtigste, wichtiger, als ein Wort der Anerkennung oder einer Bewertung des eben Geschauten. „ Ein Viertel oder ein Fünftel seines Wertes", antwortete Gunther, wohl wissend, dass ihm nur Sekunden blieben, den genauen Betrag zu nennen. „1,4 Millionen ", kam Gunther ihr zuvor. Während er sich eine Tasse von dem bereitgestellten Kaffee eingoss, erzählte er ihr die ganze Geschichte, diesen Krimi, vom ersten Besichtigungstermin, den beiden Auktionstagen und der Vereinbarung, die er mit der Familie Schütz für das erste halbe Jahr ihrer Weiterbeschäftigung getroffen hatte. Gunther berichtete auch, wieso das Anwesen zum Verkauf stand, von dem tragischen Unfall, die dem Besitzer und seiner Familie den Tod gebracht hatte. Er erzählte auch von der 89 jährigen Gräfin und dem Angebot, das er ihr aus sozialer Verantwortung und Dankbarkeit für den unerwarteten Millionenerwerb, einfach machen musste. Gunther sagte ihr, dass es jetzt nicht möglich sei, unangemeldet einen Antrittsbesuch bei der fast 90 Jährigen zu machen. Er führte sie über die Seitentreppe, die als Fluchtweg bei Feuergefahr ausgebaut war, aber schon seit Jahrhunderten bestand, in das Untergeschoss und von dort über den langen Weg in den Bereich der kleine Pforte, die das Schloss über einen in die Außenmauer eingelassenen Fußsteig mit der großen Steinbrücke am Tor verbindet.
Hier berichtete Gunther von seinen Gesprächen mit dem Bürgermeister von Kranichfeld und den Plänen, die er um den Preis einer Gemeinnützigkeit realisieren wollte. Solchen Hinweisen auf Steuerersparnisse war Almuth immer aufgeschlossen und sie ließ sich durchaus interessiert zeigen, wo die 10 Zimmer für Wanderer auf der Unterburg der Ostbastion entstehen sollten.
Gunther wollte nun über die