Das Tango-Verwirrspiel. Herwig Riepl
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Yakel Village, Insel Tanna, Vanuatu
Tana Toraja, Insel Sulawesi, Indonesien
Bananenernte, Samoa
Der Faschingsumzug
Erik Ingvardsen schaut in den großen Spiegel, seufzt und sagt fast verzweifelt: »Wie kann man nur so verdammt blöd sein und sich auf so eine unsinnige Wette ernsthaft einlassen?«
Was aktuell sein Spiegelbild zeigt, ist in der Tat recht ungewöhnlich. Der dänische Hauptkommissar rauft sich die wenigen Haare und schüttelt immer wieder leicht verärgert den Kopf. Der Anblick ist für ihn nur schwer zu ertragen, darum wendet er sich schnell ab, um sich nicht länger ansehen zu müssen. Wesentlich lustiger findet es die rothaarige Andrea Steiner, seine 38jährige Kollegin und Chefin der Mordkommission Fürstenfeldbruck. Sie hat seit ein paar Monaten ein Verhältnis mit dem seit einem Jahr in Bayern lebenden Dänen. Beide haben ihre eigene Wohnung, aber sie übernachten auch oft gemeinsam.
»Jetzt entspann dich endlich, mein Schokobär!«, sagt sie grinsend. »Setz dich hin, jetzt wirst du von mir kräftig geschminkt.«
Erik greift gleichzeitig zu einer Zigarette, was für ihn zu dieser frühen Tageszeit eigentlich recht ungewöhnlich ist, da er nur Gelegenheitsraucher ist. Doch manchmal gibt es eben Ausnahmen und Situationen, die das befürworten und jetzt ist so ein Fall eingetreten.
»Augen zu und schön ruhig bleiben«, hört er seine Kollegin sagen, die dabei herzlich kichert, was ihn noch mehr aus der Fassung bringt. Dann spürt er bereits, wie ein Pinsel über seine Augenlider fährt, welcher mehrmals bis zu den Augenbrauen hoch und wieder hinunter gleitet. Kurz darauf fühlt er einen Stift an seinen Augen und anschließend einen wesentlich größeren und weicheren Pinsel, der über seine Wangen und Kinn wedelt.
»Zigarette weg und Lippen leicht öffnen«, hört er von Andrea als Anweisung. »Du siehst richtig scharf aus, jetzt noch den Lippenstift. Übrigens, ich habe dieselbe Farbe gewählt, wir gehen heute im Lippen-Partnerlook. Also denk daran, wenn du eine unserer Kolleginnen küsst, ich sehe das.«
Erstmals grinst der Kommissar. Zum Glück sind sich beide einig, dass sie keine eheähnliche Partnerschaft führen. Vorläufig hat keiner der beiden Interesse an einer festen Beziehung. So gesehen ist niemand dem anderen Rechenschaft schuldig und es darf auch mal auswärts genascht werden. Sollte es so sein, gibt es aber auch kein Interesse, dies vom anderen zu erfahren und eher als Stillschweigen zu sehen. Bei Polizeioberkommissarin Lena Müller, der 28jährigen Blondine und High Heels Lady, die fast immer in engen Röhrenjeans zu sehen ist, hat er schon mehrmals Pralinen von ungewöhnlichen Körperstellen genascht.
»Fertig! Jetzt siehst du so aus, wie du mich gerne manchmal erlebst. Als verruchte Edelprostituierte!«
»Bei einer Frau sieht das auch aufregend aus. Erregend, geil, superscharf, egal was man für Wörter verwendet. Aber ich als Mann mit Perücke, in Strapsen und Strümpfen, extrem kurzem Rock und riesigem Busen. Für mich ist das albern«, seufzt der Kollege.
»Entspann dich! Es ist Fasching und heute gibt es den großen Umzug in Olching. Außerdem habt ihr Männer als Team eine ganz normale Wette gegen uns Frauen verloren und müsst diese schließlich jetzt auch einlösen. Übrigens, der große BH von unserer Staatsanwältin Isabella Fröhlich passt dir richtig gut!«
»Na toll! Aber sie sieht damit wesentlich aufregender aus. Na ja, wenigstens muss das Frauenteam der Mordkommission mit ganz tiefen Dekolletés antreten. Der 2er Meier hat gesagt, mindestens 45 Prozent eurer Oberweiten müssen zu sehen sein. Er misst das nach.«
»Wenn der 2er zu nahe an meine Babser kommt, wisch ich ihm eine!«, stellt Andrea gleich klar.
Das dänische Kosewort für ›Busen‹ ist mittlerweile ein fester Bestandteil ihres Wortschatzes geworden. Erik zieht die Bluse an, richtet sich erneut seine künstliche Oberweite und streift schließlich noch eine Jacke darüber.
»Wenigstens scheint heute die Sonne und es werden 14 Grad erwartet«, seufzt er.
Danach folgt der vielleicht schwierigste Teil des Tages. Die zwei Hauptkommissare fahren gemeinsam mit dem Auto von der Schöngeisingerstraße in Fürstenfeldbruck, aus der Wohnung der Chefin ins Präsidium. Dort müssen sie an den anderen Abteilungen vorbei gehen, da sich das Team im Besprechungsraum der Mordkommission treffen will. Offenbar hat sich das mit der Wette noch nicht allzu weit verbreitet, umso größer sind die Pfeifkonzerte und Zurufe der überraschten Kollegen aus den anderen Abteilungen zu hören. Schließlich schaffen die Hauptkommissare es, in die Mordkommission zu kommen. Nur ist dort das Geschrei noch viel größer und lauter. Fünf Männer schauen sich ungläubig an und schütteln gegenseitig den Kopf. Aber auch ein gemeinsames Grinsen ist zu erkennen, schließlich ist die vorgefundene Situation mehr als verrückt.
Neben dem 41 jährigen dänischen Hauptkommissar sind die beiden 34 jährigen Polizeimeister Josef Meier, die wegen ihrer Namensgleichheit der Einfachheit halber nur 1er und 2er genannt werden, anwesend. Des Weiteren, der bärtige 54 jährige Polizeiobermeister Michael Dober, genannt Mike oder Almöhi und ebenfalls dabei, der neue 33jährige Rechtsmediziner mit dem blonden langen Zopf, Herwig Huber aus Klagenfurt in Österreich. Auch er gehört zu den Verlierern des Spiels.
Auf die richtige Kleidung und Einlösung der verlorenen Wette werden die Männer von der schwarzhaarigen 35jährigen Fallanalytikerin Miriam Mösenegger, die seit kurzer Zeit fest zum Team der Mordkommission gehört, kontrolliert. Außerdem von der 59jährigen Polizeihauptmeisterin Erika Schmidinger sowie Lena und Andrea. Zusätzlich sind bei der kreischenden Frauenschar, Gabi, die Chefin der kriminaltechnischen Untersuchung und auch die attraktive, kräftige und äußerst großbusige Staatsanwältin Isabella Fröhlich anwesend und haben bei der spaßigen Wette mitgemacht.
Der 2er Meier ärgert sich natürlich am meisten. Ausgerechnet er hat sich von der High Heels Blondine Lena, die sich beide manchmal recht verbal und aufs übelste bekriegen, auf dieses unsinnige Spiel eingelassen. Sie hatte ein paar Wochen zuvor ein Bustier getragen und wurde darauf vom 2er recht blöd angeredet und musste sich dazu mehrere Blondinen-Witze anhören. Darum hat sie sich diese ungewöhnliche Wette ausgedacht und die Frage an ihren Kollegen gestellt: ›Gibt es einen Unterschied zwischen den Bezeichnungen Korsett, Corsage und Bustier?‹
Aus Solidarität haben auch die restlichen männlichen Kollegen zugestimmt und sich auf das Spiel eingelassen. So gesehen trifft ihn auch nicht die alleinige Schuld. Selbst Erik, der sich mit Dessous eigentlich recht gut auskennt, war etwas ratlos und unsicher. Auch Andrea kannte den genauen Unterschied nicht, hat sie ihrem dänischen Kollegen zugeflüstert.
Jedenfalls soll bei einem Korsett durch die feste Verschnürung im Bereich der Taille eine Sanduhrenfigur geformt werden, während das bei einer Corsage nicht möglich und auch nicht gewollt ist. Eine Corsage liegt eng am Körper an und formt die darunter liegenden Konturen nur nach. Das Bustier dagegen ist etwas kürzer, endet an oder knapp über der Taille, sollte also die Hüften kaum bedecken und hat einen integrierten BH. Dadurch wird die Brust emporgehoben und wirkt deutlich voluminöser.
Der 2er Meier hatte natürlich überhaupt keine Ahnung. Der Däne meinte wenigstens, ein Korsett hat meistens auch Strapse, um Strümpfe daran zu befestigen, was die anderen zwei Arten sicher nicht haben. Aber das war der hübschen Polizeioberkommissarin zu wenig, darum wurde die Wette für die Männer als verloren gewertet.
Als die fünf Straps-Boys endlich in einer Reihe stehen um sich zu präsentieren, werden natürlich auch zum Leidwesen der Männer viele Bilder gemacht, was nicht zu verhindern ist. Immerhin gibt es auch