Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift
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Dann das dritte Buch mit seiner beißenden Satire auf jede menschliche Leistung. Vielfach verfehlt, stumpfes Produkt bloßen Hasses, versagend. Als Ganzes ein wenig zerflatternd, nicht genügend zusammengeschlossen; künstlerisch ungebändigt. Aber in Einzelheiten ganz herrlich und wundervoll: die Büchermaschine: man meint, eine Satire auf unsre »Breviere«, »Auswahlen«, »populären Darstellungen«, eine Satire auf Bölsche und seine sämtlichen Geistes- und Gesinnungsgenossen zu lesen – die Sprachverkürzer und Erfinder der Dingsprache: trifft das nicht Volapük und Esperanto und jeglichen solchen Unfug? Vor allem aber, gleich jenen Stellen, die ich oben anführte, riesenhaft emporwachsend über die ganze Umgebung das Gemälde der Struldbrugs, der Menschen, die niemals sterben: man lacht nicht mehr, einen überläuft ein Schauder.
Und alles gipfelt in dem ungeheuren Bild von den Yahoos: dem Gegenspiel zum Faust: der einzigen Herabsetzung menschlicher Natur, die aus wirklicher Überlegenheit heraus entstanden ist. Es gibt in arabischen Märchen Schilderungen von Länderstrecken, die man nur zu betreten braucht, um von unnennbarem Grauen geschüttelt zu werden; und es gibt dort Menschen, die irgend etwas erlebten, wodurch sie Lachen und Freude verlernten. Wer dieses Land der Houyhnhnms wirklich betritt, den schüttelt solches Grauen; wer hier Swift wirklich erlebt, der verlernt das Lachen und die Freude; und einen Teil dieser Wirkung wird jeder ein wenig ernste Mensch spüren: so gewaltsam ist hier die Wirkung der künstlerischen Geschlossenheit; so zwingend ist die Wirkung dieses Teils, der das Ganze wunderbar krönt.
Drei Namen seien zum Schluss genannt, deren Trägern der gegenwärtige Herausgeber für ihre Hilfe ein Wort des Dankes zu sagen hat: Sir Walter Scott, Dr. W. Cooke Taylor und G. Ravenscroft Dennis.
3 So zu lesen in der Vorrede des Abbé.
Der Herausgeber an den Leser
Lemuel Gulliver, der Verfasser dieser Reisen, ist mein alter, intimer Freund, auch verwandtschaftliche Beziehungen bestehen zwischen uns von mütterlicher Seite. Vor etwa drei Jahren kaufte Herr Gulliver, der des Besuches neugieriger Leute in seinem Haus in Redriff müde wurde, etwas Land mit einem geeigneten Haus nahe bei Newark in Nottinghamshire, seinem Heimatland, wo er jetzt zurückgezogen, aber von seinen Nachbarn sehr geachtet, lebt.
Obwohl Herr Gulliver in Nottinghamshire geboren war, wo sein Vater wohnte, habe ich ihn doch sagen hören, daß seine Familie aus Oxfordshire stamme; zur Bestätigung dessen habe ich auf dem Friedhof zu Banbery in jener Grafschaft mehrere Grabsteine und Denkmäler der Gullivers gesehen. Bevor er Redriff verließ, vertraute er mir die folgenden Papiere zu meiner freien Verfügung an. Ich habe sie sorgfältig dreimal durchgelesen. Der Stil ist sehr klar und einfach; der einzige Fehler, den ich finde, ist, daß der Verfasser nach Art der Reisenden ein wenig zu umständlich vorgeht. Über dem Ganzen liegt ein Schimmer offensichtlicher Wahrheit; und wirklich war der Verfasser wegen seiner Wahrheitsliebe so berühmt, daß es unter seinen Nachbarn zu Redriff zur sprichwörtlichen Redensart wurde zu sagen: »Es ist so wahr, als ob Herr Gulliver es gesagt hätte«, wenn einer etwas behauptete.
Auf Anraten mehrerer ehrenwerter Personen, denen ich mit des Verfassers Erlaubnis diese Papiere mitteilte, wage ich es jetzt, sie in die Welt hinausgehen zu lassen in der Hoffnung, daß sie wenigstens für eine Zeitlang für unsere jungen Edelleute eine bessere Unterhaltung sein mögen als das übliche Geschreibsel über Politik und Gesellschaft.
Dieser Band wäre mindestens zweimal so groß geworden, hätte ich es nicht gewagt, zahllose Stellen zu streichen, die von Wind, Ebbe und Flut handeln wie auch von den Veränderungen und Einflüssen innerhalb mehrerer Reisen zusammen mit den ausführlichen Schilderungen der Führung eines Schiffes bei Sturmwetter in der Seemannssprache; desgleichen die Erwähnung von Längen- und Breitengraden. Hier glaube ich befürchten zu müssen, daß Herr Gulliver etwas unzufrieden sein wird; aber ich war entschlossen, das Werk soviel als möglich der allgemeinen Aufnahmefähigkeit der Leser anzupassen. Wenn mich jedoch meine eigene Unkenntnis in Seeangelegenheiten zu einigen Fehlern verleitet haben soll, so bin ich dafür allein verantwortlich; und wenn ein Reisender darauf versessen ist, das ganze umfangreiche Werk, wie es aus der Hand seines Verfassers kam, zu sehen, so bin ich bereit, ihm Genüge zu tun.
Für alle weiteren Einzelheiten über den Verfasser wird der Leser aus den ersten Seiten dieses Buches Befriedigung schöpfen können.
Ein Brief von Kapitän Gulliver an seinen Vetter Sympson
Geschrieben im Jahre 1727.
Ich hoffe, daß Du, sooft Du dazu aufgefordert werden solltest, bereit bist, öffentlich anzuerkennen, daß Du mich durch Deine wiederholte dringende Bitte veranlaßt hast, einen sehr lockeren und ungenauen Bericht über meine Reise zu veröffentlichen in der Absicht, einen jungen Mann von der oder jener Universität zu gewinnen, um sie zu ordnen und den Stil zu verbessern, so wie es mein Vetter Dampier auf meinen Rat in seinem Buch »Eine Reise um die Welt« tat. Aber ich erinnere mich nicht, daß ich Dir die Ermächtigung gab, irgendwelchen Auslassungen oder gar Hinzufügungen zuzustimmen; daher erkläre ich hier mit Bezug auf letztere, daß ich nichts mit ihnen zu tun habe, besonders nicht mit einem Abschnitt über Ihre Majestät, die Königin Anna hochseligen und ruhmreichen Andenkens, obwohl ich sie wirklich mehr verehrte und achtete als irgend jemanden. Aber Du oder Dein Textfälscher hätten bedenken sollen, daß, da es nicht meiner Neigung entsprach, es auch nicht schicklich war, irgendein Lebewesen unserer Art über meinen Meister Hauyhnhnm hinaus zu loben; und zudem war der Sachverhalt gänzlich falsch; denn meines Wissens – ich war während eines Teils der Regierung Ihrer Majestät in England – regierte sie wirklich durch einen Hauptminister, ja sogar durch zwei aufeinanderfolgende, von denen der erste Lord Godolphin und der zweite Lord Oxford war; so daß Du mich also hast etwas sagen lassen, was gar nicht zutrifft. In gleicher Weise hast Du in dem Bericht über die Akademie der Plänemacher und in mehreren Stellen meiner Unterredung mit meinem Meister Hauyhnhnm entweder wesentliche Umstände weggelassen oder sie derart zerhackt oder verändert, daß ich kaum mein eigenes Werk wiedererkenne. Wenn ich Dich früher auf so etwas in einem Brief aufmerksam machte, antwortetest Du freundlicherweise, »daß Du befürchtetest, beleidigend zu wirken, daß einflußreiche Leute sehr über die Presse wachten und imstande seien, nicht nur etwas herauszulesen, sondern auch alles zu bestrafen, was wie eine Anspielung aussah« (so nennst Du es wohl). Aber, bitte, wie konnte das, was ich vor so vielen Jahren sprach und in einer Entfernung von über 5000 Meilen, in einem anderen Reich, bezogen werden auf einen der Yähus, die jetzt die Herde regieren sollen; besonders zu einer Zeit, da ich wenig von dem Unglück unter ihnen zu leben hielt oder befürchtete? Habe ich nicht den meisten Grund, mich zu beklagen, wenn ich sehe, wie gerade diese Yähus von Hauyhnhnms in einem Fahrzeug gefahren werden, als ob diese das wilde Vieh und jene die vernunftbegabten Geschöpfe wären? Und wirklich, die Vermeidung eines so ungeheuren und verabscheuungswürdigen Anblickes war ein Hauptbeweggrund dafür, daß ich mich hierher zurückzog.
So viel schien mir erwähnenswert für Dich selbst und für das von mir in Dich gesetzte Vertrauen.
An zweiter Stelle beklage ich mich über meinen eigenen großen Mangel an Urteilskraft, da ich durch