Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten. A. F. Morland
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„Freut mich, dich kennenzulernen. Ich heiße Sylvia und wir machen jetzt eine kleine Spazierfahrt.“
„Ich wollte nicht durch die Gegend kutschieren, ich wollte nach Hause. Und diese Sylvia gefiel mir nicht. Rötlichbraune Haare mit vielen kleinen Locken. Sie roch und benahm sich wie eine billige Hure. Ich wollte aussteigen und habe ihm auf die Schulter getippt, er hat nicht reagiert und sie hat mich an den Haaren zurückgezogen und mir etwas feuchtes, ekelhaft süßlich Riechendes auf Mund und Nase gedrückt. Und dann wurde es ganz schnell dunkel um mich herum. Ich bin erst wieder zu mir gekommen, als die beiden mich auf einer Liege aus einer Garage ins Haus geschleppt haben. Die Treppe in den ersten Stock musste ich rauflaufen. Mir war schwindelig und kotzübel. Oben habe ich es gerade noch ins Bad geschafft und gereihert wie ein Weltmeister. Gemeinsam haben sie mich in ein Schlafzimmer gebracht und auf ein Bett gelegt. Geschlafen habe ich wie eine Tote. Und wissen Sie, was mich geweckt hat?“
Lene schüttelten den Kopf.
„Das Krähen eines Hahnes. Wie auf einem Bauernhof. Mich haben schon manche Geräusche aus dem Schlaf gerissen, aber noch nie ein Hahn. Wie im Märchen oder im Kino!“
„Also waren Sie auf einem Bauernhof gelandet.“
„Das glaube ich eigentlich nicht. Es war ein modernes Haus, mit Zentralheizung und fließend warmem Wasser. Aber die Bewohner hielten Tiere, Hühner und Schafe als Rasenmäher-Ersatz und zwei Pferde.
Auf der Stute durfte ich später sogar reiten.“
„Hat diese Sylvia fest in dem Haus gelebt?“
„In den ersten Tagen – ja.“
„Wissen Sie auch, wie der Mann hieß, der den Wagen gefahren hat?“
„Sie hat ihn mit Malte angeredet. Seinen Nachnamen habe ich nie erfahren.“
„Was haben die beiden beruflich gemacht?“
„Sie war Helferin in einer Arztpraxis in Tellheim, ist morgens pünktlich um neun Uhr weggefahren und abends meist zwischen achtzehn und neunzehn Uhr zurückgekommen.“
„Sylvia hatte ein Auto?“
„Ja, einen blauen VW-Polo.“
„Haben Sie sich das Kennzeichen gemerkt?“
„Ja. T-SK 555. Ganz stolz hat sie mir erzählt, dass sie für diese Kombination richtig gekämpft hat. SK wie Sylvia Köhler.“
„Und die 555?“, fragte Lene amüsiert?
„Die Zahlen waren ihr egal, so alt würde sie auf keinen Fall werden.“
„Und wie war das mit Malte?“
„Der ist auch jeden Tag wenigstens einmal weggefahren und nachmittags zurückgekommen, aber nicht so regelmäßig wie Sylvia. Was er in der Zeit gemacht hat, weiß ich nicht.“
„Aber das Kennzeichen seines Wagens haben Sie sich gemerkt?“
„Das hat häufiger gewechselt!“
„An dem hellbraunen Kombi?“, staunte Lene ungläubig.
„Ja, mal ein Kennzeichen aus Lörrach, dann mal aus Ludwigshafen oder auch aus Tellheim.“
„Hat er mal eine Erklärung dafür gegeben?“
„Nein.“
„Frau Stumm, wenn die beiden das Haus verlassen hatten, hätten Sie doch leicht fliehen können – oder?“
„Nein. Der Letzte, der ging, hat im Parterre und im ersten Stock alle Rollläden heruntergelassen und alle Türen nach draußen elektrisch verriegelt. In der ersten Woche habe ich tagelang im Dunkel gesessen, bis einer der beiden zurückkam.“
„Telefon gab es nicht?“
„Nein. Und mein Handy hatten Sie mir am ersten Tag weggenommen und vor meinen Augen zertreten. Außerdem wusste ich monatelang nicht, wo ich war. Weit und breit keine Häuser, auch keine Straße. Waren Sie schon mal so gefangen?“
„Ja“, sagte Lene zögernd, die sich nicht gern daran erinnerte.
„Zum Glück hatten meine Entführer das Wasser und den Strom für Fernseher und Radio nicht abgestellt. Aber ich war fast verhungert, als meine Kollegen mich endlich gefunden haben.“
„Scheußlich“, kommentierte Meike mitleidig.
„Wie war das bei Ihnen?“
„Der Kühlschrank war immer gut gefüllt. Aber ich habe mich lange nicht getraut, mir was zu kochen.“
„Und warum nicht?“
„Ich hatte und habe eine wahnsinnige Angst vor Feuer. Ich wäre in dem verschlossenen Haus wohl bei lebendem Leibe gegrillt worden. Türen und Fenster waren ja fest verschlossen.“
„Und wenn Sie mal was brauchten, Wäsche, was zum Anziehen oder Medikamente?“
„Habe ich das abends gesagt und am nächsten Tag hat mir einer etwas mitgebracht.“
„Zum Bespiel?“
„Die Pille etwa.“
„Apropos Pille, waren Sylvia und Malte eigentlich ein intimes Paar?“
„Nein, glaube ich nicht. Sie kannten sich gut, aber ich glaube nicht, dass sie miteinander geschlafen haben. Aber dann muss was passiert sein – man spürte förmlich, wie es zwischen den beiden knisterte. Warum, das weiß ich allerdings nicht. Und danach verschwand sie. Am Tage danach haben Malte und ich zum ersten Mal miteinander geschlafen.“
„Ihre erste sexuelle Erfahrung?“
„Ja. Es war toll. Unvergesslich. Und zwei Tages später ist ein Mann mit einem VW-Bus gekommen und hat Sylvia abgeholt und ihre Sachen mitgenommen. Malte hat ihn noch gesehen, und nur gemeint: ‚Mit Uwe ist sie ja bestens versorgt. Mehr hat sie auch nicht verdient.‘“
„Malte kannte also diesen Uwe?“
„Ja.“
„Könnten Sie auch von Sylvia ein Phantom anfertigen?“
„Ja. Ich hatte an dem Tag, an dem Sylvia auszog, das komische Gefühl, dass sie sich alle drei eigentlich gut kannten.“
„Woher – das wissen Sie nicht?“
„Nein, Malte hat Uwe und Sylvia nie mehr erwähnt.“
Lene holte tief Luft: „Frau Stumm. Haben Sie abends mal ferngesehen?“
„Ja.“
„Welches Programm?“
„Entweder das Landesprogramm Leiningen oder SWR Baden Württemberg.“
„Sehr