9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld
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Читать онлайн книгу 9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017 - Frank Rehfeld страница 51
Bis zur Rennstrecke waren es keine 500 Meter.
Jim rannte die unbefestigte Zufahrt entlang. Das Motorensingen empfing ihn in den höchsten Tönen. Er sah die Mondlandschaft, in der die Stock Cars auf Kurs waren. Bunte Donnerbolzen, die Dreck und Schlamm aufwirbelten. Aufgemotzte Serienwagen, die sich durch mächtige Motoren und starke Überrollbügel auszeichneten. Ansonsten fehlten ihnen so unwichtige Sachen wie Türen und Kotflügel.
Jim rannte durch die Hügellandschaft, die mit Wohnwagen und Geländewagen vollgeparkt war.
Und plötzlich empfing ihn das Geschenk des Himmels.
Ein gewaltiger Pontiac Firebird rollte wummernd aus der Richtung des Starts herüber. Als Pontiac war der Bolide eigentlich nur noch durch die rote Motorhaube zu identifizieren. Ansonsten bestand er hauptsächlich aus mächtigen Reifen und einem Motor, dessen Kraft man mehr hören als ahnen konnte.
Jim lief auf den Fahrer zu, winkte mit beiden Händen.
Der Mann stoppte. Er war blond und bärtig unter seinem Helm, trug einen noch blitzsauberen Overall und darüber Hosenträgergurte.
„Leihst du mir deinen Renner?“, fragte Jim rasch. Während er mit drei Sätzen erklärte, was Sache war, zupfte er einen Hunderter aus der Tasche, um ihn als Pfand dazulassen.
Der Blonde wehrte ab, befreite sich von seinen Gurten und übergab Jim den Helm beim Aussteigen. „Wenn’s für ’nen guten Zweck ist...“ sagte er dumpf. „Behalt dein Geld. Die Hurensöhne haben mich disqualifiziert, nur weil ich 50 PS zu viel unter der Haube habe!“
Jim steckte den Hunderter wieder ein und klemmte sich hinter das Lenkrad. Er stülpte den Helm über den Kopf und legte die Gurte an. „Wieviel PS sind’s denn?“, erkundigte er sich, während er vorsichtig auf das Gas tupfte.
Der Achtzylinder rumorte, als ob er die Haube wegsprengen wollte.
„500“, antwortete der Blonde grinsend.
Jim bedankte sich mit einer Handbewegung und jagte los.
Er kam sich vor, als ob er eine Lycoming Turbine unter dem Hintern hatte. Auf etwas mehr Gas reagierte der Achtzylinder mit einem gereizten Grollen und verwandelte den Pontiac in einen heißen Sessel. Jims Blick streifte den Außenspiegel. Er sah, wie der Blonde mit stolzem Grinsen vor der Dreckfontäne zurücksprang, die die Antriebsräder des Donnerbolzens aufsteigen ließen.
Jim trat das Gas nur um einen Millimeter mehr durch, und der Pontiac verwandelte sich in ein Geschoß. Die 100 Meter lange Zufahrt brachte er mit einem einzigen gewaltigen Satz hinter sich. Jim stieg nur kurz auf die Bremse, leistete präzise Lenkradarbeit und ließ das Wahnsinnsgefährt wedelnd und wimmernd auf die asphaltierte Straße hinausschießen.
Der Pontiac stabilisierte sich wie von selbst.
Der blonde Stock-Car-Racer hatte am Fahrwerk meisterhafte Arbeit geleistet. Und nicht nur am Fahrwerk. Was da vorn unter der Motorhaube grummelte, war ein Prachtstück in jeder Beziehung, vor allem in punkto Drehmoment und Reaktion aufs Gaspedal.
Die Strecke bis zur ersten Haarnadelkurve verging wieder wie im Sprung.
Mit Bassgebrüll, wie ein hungriges Riesenraubtier, stürzte sich der Pontiac auf das Asphaltband und schlang es buchstäblich in sich hinein. Abbremsen, schalten und die Kurve überwinden war das reinste Vergnügen.
Und wieder Gas!
Der Bolide preschte los. Fahrtwind fauchte in die offenen Flanken, schärfer diesmal, denn die Gerade war länger. Aus dem Wald hallte das donnernde Echo des Achtzylinders zurück. Der einzige Nachteil war für Jim, dass er den Diesel des ‚Thunder‘ nicht mehr hören konnte. Andererseits konnte er davon ausgehen, dass er aufholte, solange er keine Abzweigung sah.
Mit dem Tempo dieses Irrsinns Schlittens konnte der rote Kenworth unmöglich mithalten, so wendig er auch ohne den Auflieger sein mochte.
Jim brachte die nächsten drei Kurven rasant hinter sich. Noch immer ging es abwärts. Der Waldboden zwischen den schlanken Stämmen der Bäume war von ausgetrockneten Nadeln übersät. Nur vereinzelt sprossen junge Pflanzen; eigentliches Unterholz gab es nicht. Jim konnte stellenweise den Verlauf der Straße erkennen. Die Serpentinenstrecke war noch nicht zu Ende. Der Rieh Mountain hatte eine beträchtliche Höhe.
Plötzlich, nach der vierten Kurve, sah Jim das Rot.
Nur ein Huschen zwischen den Baumstämmen war es - trotzdem hätte er das Rot des ‚Thunder‘ unter tausend Farbtönen erkannt.
Benitos Vorsprung war auf zwei Spitzkehren zusammengeschmolzen.
Jim hallte nicht einmal die Gelegenheit, alles aus dem Pontiac herauszuholen. Dazu reichten die Geraden bei weitem nicht aus. Dennoch schaffte er es innerhalb von zehn Sekunden, in die letzte Kurve zu fegen, die ihn noch von seinem eigenen Kenworth trennte.
Und dann war die Gerade da.
Der ‚Thunder‘ näherte sich bereits der nächsten Kurve.
Jim trat das Gas durch. Der Achtzylinder donnerte. Explosive Kraft presste den Texaner in den Sitz.
Spätestens in diesem Augenblick musste Benito mitgekriegt haben, dass seine Flucht nicht mehr ungestört blieb. Er musste begreifen, dass dieses Geschoß, das er plötzlich im Nacken hatte, ihn bei seiner Lenkradkurbelei empfindlich stören konnte. Und im Spiegel musste es aussehen, als würde ihn der rote Donnervogel von hinten rammen.
Benito reagierte überhastet.
Statt Gas zu geben, bremste er. Doch nur kurz.
Jim erkannte die Absicht des Mobsters, als er selbst auf die Bremse wechselte.
Die Fahrertür des ‚Thunder‘ schwang auf. Mit nachlassender Geschwindigkeit zog Benito den Kenworth leicht nach links.
Jim reagierte sofort, ließ den Pontiac wedeln. Die Reifen kreischten protestierend. Im selben Atemzug sah er Benito. Dessen Gesicht war zur Fratze verzerrt. Der Mobster hielt die MPI mit der Linken, das Lenkrad mit der Rechten.
Mündungsblitze zuckten. Wanderten nach oben weg.
Benito begriff, dass er den Rückstoß der Waffe nicht einhändig bändigen konnte.
Und er begriff, dass er sich den Verfolger mit ungezielten Schüssen nicht vom Hals halten konnte. Benitos Kopf ruckte nach vorn und wieder herum. Die Gerade reichte eben aus. Er ließ das Lenkrad los.
Jim reagierte blitzartig, gab Gas, scherte nach rechts, knapp hinter das Kenworth-Heck. Er sah die Mündungsblitze, sah, wie Benito sich herausbeugte, um ihn doch noch zu erwischen.
Die Kugeln hieben Furchen in den Asphalt. Nichts weiter.
Da, wo das Stock-Car eben noch gewedelt hatte, war nichts als freie Straße.
Jim bremste, blieb soweit am rechten Rand wie möglich.
In diesem Moment sah er, was der Mobster sich für seinen aberwitzigen Versuch einhandelte.
Der Kenworth begann zu schlingern, nur noch wenige