Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin. Mark Blake
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Geboren im Januar 1944 im Westen Londons, genoss James Patrick Page eine bequeme Nachkriegskindheit im vorstädtischen Epsom in Surrey. So wie Grant wuchs auch Jimmy als Einzelkind auf. „Bis ich fünf Jahre alt war, war ich total isoliert von anderen Kindern meines Alters“, erzählte er einmal. „Diese frühe Isolation hatte wahrscheinlich viel damit zu tun, wie ich mich später entwickelte.“
1958 trat der 13-jährige Page mit seiner Skiffle-Band in der Fernsehshow All Your Own auf. Jimmy schrammelte auf einer Hofner President, die fast so groß wie er selbst war. Außerdem wurde er vom leicht herablassend wirkenden Gastgeber Huw Wheldon interviewt. Auf die Frage, ob er nach seinem Schulabschluss Musiker werden wolle, erwiderte Jimmy: „Nein, ich möchte biologische Forschungen betreiben.“
Jimmy Page war eine jüngere Version jener Teenager, die Grant im 2iʼs erlebt hatte. Während Peter den besoffenen Gene Vincent auf die Bühne im Aylesbury Granada schleppte, hörte Jimmy obsessiv Platten in seinem Zimmer, um die Solos des Gitarristen Cliff Gallup zu lernen.
Die Kunde von Jimmy Pages Talent verbreitete sich rasch. Weniger als zwei Jahre nach seinem TV-Debüt spielte Page bereits bei Neil Christian and the Crusaders, die seinen Eltern versprechen mussten, ihren minderjährigen Sohn nach jedem Gig wieder unversehrt zuhause abzuliefern. Nach einer Phase, in der ihn gesundheitliche Probleme plagten, gab Jimmy die Live-Auftritte auf und schrieb sich stattdessen am Sutton Art College ein. Das sollte ihn jedoch nicht für immer von der Musik fernhalten.
Ab 1963 unterstützte Page als Studiomusiker Songwriter wie John Carter und Ken Lewis, die auch mit ihrer eigenen Gruppe namens Carter-Lewis and the Southerners spielten. Grant behauptete später, dass er Page zum ersten Mal wahrnahm, als dieser bei den Southerners musizierte. John Carter beschrieb den jungen Gitarristen 2001 so: „Jimmy war ein Typ, der eine gute Performance ablieferte, ohne dass er sich bemühen musste. Er war ein sehr rasanter Spieler und kannte seinen Rock’n’Roll … Er war sehr still und ein bisschen ein Intellektueller, der sich für allerlei okkulten Kram interessierte.“
Die meisten von Pages Zeitgenossen waren Überlebende der Rock’n’Roll-Ära. Jimmy war mindestens sieben Jahre jünger als alle anderen und begegnete ihnen bald auf Augenhöhe, wenn er mit der U-Bahn durch London von Studio zu Studio fuhr, um bis zu drei Sessions am Tag, sechs Tage in der Woche, zu absolvieren. Unter den Hunderten von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Songs, die Page einzuspielen half, waren etwa „Shout“ von Lulu, „The Last Time“ von den Stones, „Itʼs Not Unusual“ von Tom Jones oder auch „Hurdy Gurdy Man“ von Donovan. Auch war er Stammgast bei Mickie Mosts Produktionen. „Mickie hielt Jimmy für ein Genie“, erzählt Chris Hayes. „Er wusste, dass Jimmy immer alles hinbekäme.“
Wenig später fing er an, eigene Songs zu schreiben und für Andrew Loog-Oldhams Label Immediate Records, das das Büro neben RAK belegte, als Hausproduzent zu arbeiten.
Page schloss sich mehr oder weniger aus einer Laune heraus den Yardbirds an, war jedoch umgehend frustriert ob seiner Entscheidung, als ihre nächste Single, das von Mickie Most produzierte „Ha! Ha! Said the Clown“, erschien. Dabei handelte es sich um einen quirligen Popsong, der im Widerspruch zur experimentellen Live-Show der Yardbirds stand. Auf der Bühne wurde etwa das Horn der Staten Island Ferry in einem Song gesampelt, während Page bei einer anderen Nummer einen gespenstisch klingenden Gitarrenpart mithilfe eines Geigenbogens beisteuerte.
Die Yardbirds entwickelten sich langsam zu einer Art Prototyp für Led Zeppelin. Der experimentelle Ansatz wurde auf dem nächsten Album mit dem Titel Little Games zurückgeschraubt. „Mickie verstand sich auf Singles“, sagte Page. „Ich wusste, wie er an ein Album herangehen würde. Wir hätten drei Stunden, in denen wir so viele Songs wie möglich aufnehmen würden.“ So wie Grant den Plattenfirmen die Kontrolle zugunsten der Künstler entreißen wollte, versuchte Page, dem Produzenten die Kontrolle über die Musik abspenstig zu machen.
Peter Grants Einstieg hatte einen positiven wie unmittelbaren Effekt auf das Bankkonto der Yardbirds. Amerikas politisierte Jugend demonstrierte auf Protestmärschen gegen den Vietnamkrieg und seine Bands predigten Frieden und Gutmütigkeit. Allerdings war diese Botschaft nicht bis zu den Konzertveranstaltern durchgedrungen und es herrschte immer noch ein zähes Ringen, wenn es darum ging, an seine Gagen zu kommen. „Simon Napier-Bell war als Manager eine große Nummer“, sagt der Yardbirds-Bassist Chris Dreja. „Aber er war nicht allzu praktisch orientiert. Peter schon. Er begleitete uns auf Tour in Amerika und zum ersten Mal verdienten wir Geld.“ Der Cashflow erhöhte sich zum Teil auch aufgrund von Grants schnörkelloser Art und seiner Ehrlichkeit. „Wenn Napier-Bell eine Yardbirds-Tour um, sagen wir mal, 100.000 Dollar buchte, dann sackte er sofort seine Provision ein und verpisste sich auf die Bahamas“, erklärte Grant gegenüber Malcolm McLaren. „Dann fand ich heraus, dass ihrem Promoter Frank Barsalona der Limousinen-Verleih gehörte, auf den sie sich verließen. Ich schob all diesen Geldflüssen einen Riegel vor.“
Mit inzwischen 32 war Grant zehn Jahre älter als seine Band und beinahe ebenso lange schon mit seinen Acts auf Achse gewesen. „Ich fand ihn von Anfang an prima“, fährt Dreja fort. „Zu den Dingen, die mir Peter sofort beibrachte, zählte, dass ich in Amerika nie den Zimmerservice rufen sollte, da das zu teuer war. Er kannte alle Tricks und Abkürzungen. Das war genau das, was wir brauchten.“
„Damals war es ungewöhnlich, dass der Manager mit auf Tour ging“, erzählt Henry „The Horse“ Smith, der die Yardbirds in Amerika als Roadie begleitete. „Ich kann mich nicht an Robert Stigwood oder so im Bus erinnern. Peter war aber ein sehr involvierter Manager und das geht nun mal nicht nur vom Schreibtisch aus. Man muss sich schon schmutzig machen – und das tat nur Peter.“
Bei einem Jahrmarkt in Kanada wurde Chris Dreja Zeuge eines weiteren Zwischenfalls, mit dem Grant für immer in Verbindung gebracht werden wird. The Yardbirds sollten für den Gig 2.000 Dollar kassieren. Die Hälfte davon gab es schon im Voraus, doch als sich ihre Ankunft aufgrund schlechten Wetters verzögerte, versuchten die Organisatoren den Restbetrag einzubehalten.
„Ich glaube, dass die zwei Veranstalter mit der Mafia im Bunde standen“, erzählt Dreja. „Sie verhielten sich nämlich sehr italienisch. Sie stiegen in den Bus ein und erklärten Peter, dass sie uns den Rest der Kohle nicht geben würden.“
Als Grant sie zum Zahlen aufforderte, zückte einer der Promoter eine Pistole. Grant erinnerte sich in einem bis dato unveröffentlichten Interview mit ihm aus dem Jahr 1994: „Ich fragte ihn, was er da täte. Er sagte: ‚Ich werde dich erschießen, du Arschloch!‘ Ich sagte daraufhin, dass ich britischer Staatsbürger bin und das keine gute Idee sei, weil aus der Sache ein internationaler Skandal würde.“
„Peter ließ den Engländer raushängen“, erinnert sich Henry Smith. „Er machte einen auf Cockney oder Aristokrat. Vielleicht auch ein bisschen was von beidem. Er wusste, wie man jemanden einschüchterte – und es funktionierte.“
Dreja sah ungläubig zu, wie Grant direkt in den Lauf der Knarre hineinlief und seinen verdutzten Möchtegern-Kontrahenten den Gang des Busses hinab drängte. „Das war echt komisch. Peter schubste diesen Typ mit seinem Wanst bis nach ganz vorne im Bus. Als sie dort schließlich ankamen, waren sie die besten Freunde – und wir bekamen die Knete.“
„Die erschießen einen nicht für 1.000 Dollar“, argumentierte Grant. „Sie zählen darauf, dass du dich vor der Knarre fürchtest. Sobald sie sehen, dass das nicht der Fall ist, ziehen sie den Schwanz ein.“
Die Yardbirds machten nun endlich etwas Geld, aber es reichte nicht, um die einsetzenden Zerfallserscheinungen aufzuhalten. Ihre nächste Single war eine kuriose Version von Harry Nilssons „Ten Little Indians“, die Page nicht gerade von den Socken haute. Auf der Bühne pushte er die Band in mutige neue Richtungen, doch im Studio steckten sie immer