Nein sagen ohne Schuldgefühle trotzdem erfolgreich verhandeln. Simone Janson
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Der Kunde ist König – immer?
Für Gründer eröffnen sich dadurch Chancen. Genutzt werden können sie durch hohen persönlichen Einsatz – und das kann zu Problemen führen. Wer guten Service anbietet, balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Kundenzufriedenheit und Selbstausbeutung
Der Kunde ist König – und heißumworben. Selbstredend soll er möglichst nachhaltig an das eigene Unternehmen gebunden werden. Und da sich Produkte und Dienstleistungen zunehmend ähnlicher werden, funktioniert das am besten über den Service.
Kompetenz entscheidet
Denn freundliche, kompetente und schnelle Beratung sind für Interessenten, neben niedrigen Preisen, immer öfter das entscheidende Kriterium, ein Produkt zu kaufen – oder nicht.
Große Firmen haben dafür ihre Leute. Und in der Regel so viele Käufer für ihr Produkt, dass sie gar nicht auf spezielle Wünsche eingehen können. Kein Wunder also, dass gerade Klein- und Einzelunternehmer, die die Preise der Großen oft nicht unterbieten können, hier ihre Chance sehen, durch einen passgenau auf den Kunden zugeschnittenen Service zu punkten.
Hoher persönlicher Einsatz
Dabei ist ein hoher persönlicher Einsatz ist gefragt – und das kann zu Problemen führen. Denn guter Service ist für viele Kleinunternehmer eine ständige Gratwanderung zwischen Kundenzufriedenheit und Selbstausbeutung.
IT-Berater Matthias hat das am eigenen Leib erfahren: Serverabsturz beim Auftraggeber – schon war der Jungunternehmer auch Sonntags ohne Aufpreis zur Stelle. Ein Bekannter suchte Beratung beim Laptopkauf – und natürlich nahm Matthias für den „kleinen“ Gefallen kein Honorar.
Extrawünsche statt Strategie
In der Absicht, Interessenten für seine Dienstleistung zu gewinnen, hielt sich der IT-Berater viel zu häufig mit Extrawünschen auf – und sich selbst damit von wichtigen Aufgaben ab. Was folgte, war der Absturz:
Nicht nur, dass Matthias sich völlig verausgabt hatte, er verlor auch noch seinen wichtigsten Klienten: „Ich wollte es jedem recht machen. Dadurch war ich ziemlich gestresst und habe bei einem Auftrag einen Programmierfehler gemacht. Das hätte nicht passieren dürfen“, gibt der gescheiterte Geschäftsmann selbstkritisch zu.
Rechtzeitig die Grenze ziehen
Soweit muss es aber nicht kommen. Denn es ist gar nicht nötig, den Kunden wirklich jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Im Gegenteil:“Unternehmen dürfen ihren Geschäftspartnern gegenüber gar keinen Kuschelkurs fahren,“ klärt Niels van Quaquebeke, Leiter der RespectResearchGroup (RSG) an der Universität Hamburg, einen häufigen Irrtum auf.
„Viel mehr kann ein klares, für den anderen nachvollziehbares ‚Nein‘ die Anerkennung für ein Unternehmen noch erhöhen. Dabei sollte der Unternehmer deutlich machen, dass er nicht einfach willkürlich eine Bitte ausschlägt, sondern gute Gründe für sein ‚Nein‘ hat und somit verantwortungsbewusst handelt.“
Wer wird respektiert?
Eine aktuellen Studie der RSG macht klar, warum das so ist: Demnach haben Menschen ganz einfach bestimmte Vorstellungen davon, wie kompetente und respektable Personen sein sollten: Nämlich unter anderem vertrauenswürdig, verlässlich und fair.
„Wer da Versprechungen macht, die er nicht halten kann, setzt seinen guten Ruf aufs Spiel. Und das ist letztendlich erst recht schlecht fürs Geschäft“, so van Quaquebeke.
Freundlich, aber konsequent „Nein“ sagen
Das bestätigt auch Personaltrainerin Tanja Baum: „Niemand kann anderen alle Wünsche erfüllen – schon gar nicht im Geschäftsleben. Wer seine Kunden aber ernst nimmt, sich in dessen Situation hineinversetzt und vermittelt, warum er ein Ansinnen abschlagen muss, erntet Verständnis.“ Wer ehrlich zugibt, dass er nicht weiterhelfen kann und sich nicht herausredet, wird gerade für diese Konsequenz respektiert. Aber: Kunden wollen immer auch das Gefühl haben, dass man sich um sie bemüht.
Und der Ton macht die Musik – die Kunst besteht einfach darin freundlich „Nein! zu sagen. In ihrem gleichnamigen Buch gibt Baum zahlreiche Tipps, wie das geht. Zum Beispiel möglichst alternative Lösungen anbieten, damit der Kunde nicht das Gefühl hat, im Regen zu stehen. Oder dem Kunden die Situation wenigstens erleichtern. Und stets aktiv mitdenken und aufmerksam zuhören: „Wer während eines Gesprächs interessiert nachfragt, zeigt, dass er grundsätzlich bereit ist, zu helfen“, erläutert die Autorin. Tabu seien hingegen leere Floskeln – dann fühle sich der Kunde nur abgewimmelt.
Stets freundlich und gelassen bleiben
Trotz aller Freundlichkeit reagieren Kunden, deren Anliegen abgelehnt wurde, manchmal auch recht unwirsch. Personalexpertin Baum rät, auch dann freundlich zu bleiben und auch weniger nett vorgetragene Beschwerden als Chance zu sehen, die Sache zu klären.
Dadurch könne man im Unternehmen vielleicht sogar noch etwas verbessern, denn: „Ein Kunde, der sich beschwert, hat noch Interesse an dem Produkt oder der Dienstleistung. Wer aber den Ärger des Reklamierenden persönlich nimmt und dessen schlechte Laune imitiert, kann dem Gespräch keine positive Wendung mehr geben. Die Chance bleibt ungenutzt“, so Baum.
Am Ende hilft nur Gelassenheit
Was aber tun, wenn der Kaufinteressierte trotz aller Bemühungen am Ende abspringt? Eigentlich hilft da nur Gelassenheit. Denn auf beschwerdewütige Kunden mit übertriebenen Ansprüchen kann ein Unternehmer ebenso gut verzichten; die Zeit, die er mit solchen Querulanten verschwendet, sollte ein kluger Geschäftsmann lieber investieren, um neue Kunden zu werben.
Nein-Sagen als Burnout-Prävention: Was tun gegen Stress?
// Von Roland Jäger, Simone Janson
Da haben uns unsere Eltern etwas ziemlich Fatales mit auf den Weg gegeben: Die vermeintlich löbliche Suche nach dem gemeinsamen Nenner. Wir werden von klein auf auf Konsens, Kompromiss und Kuschelkurs getrimmt. Die Harmoniebedürftigkeit steht über allem. Streit ist verpönt. Und was kommt am Ende dabei heraus?
Harmonie um jeden Preis?
Konfliktsituationen sollen, sofern sie nicht ganz vermieden werden können, im Idealfall so ausgehen, dass sich beide Seiten mit dem Ergebnis wohlfühlen. Welche Folgen diese Erziehungskultur mit sich bringt, sehen wir jeden Tag am Arbeitsplatz: Gehaltsverhandlung mit dem Chef? Vielleicht nächste Woche. Die Meinungsverschiedenheit mit dem Kollegen ausdiskutieren? Morgen…
Harmonie um jeden Preis? Auf den ersten Blick mag dies ein erstrebenswertes Ziel sein. Doch in Wahrheit bringt uns dieses Ziel nicht weiter. Es hindert uns vielmehr daran, uns für grundlegende Veränderungen stark zu machen und uns dadurch weiter zu entwickeln.
Stillstand