Deutsche Geschichten. Группа авторов

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Dank gilt all jenen, die mich durch ihre konstruktiven Gedanken und Anregungen zu diesem Buch ermutigt und mir bei der Umsetzung geholfen haben.

      Gevinon von Medem

      im April 2014

I. GEWITTERWOLKEN AM HORIZONT

       Bertha von Suttner wird am 9. Juni 1843 als Tochter des Grafen Franz Michael und der Gräfin Sophie Wilhelmine Kinsky geb. von Körner in Prag geboren. 1873 wird sie, weil das Kinsky-Vermögen aufgebraucht ist, Erzieherin der Töchter des Freiherrn von Suttner. Dort lernt sie dessen Sohn Arthur, er ist sieben Jahre jünger als sie, kennen, den sie 1876 heiratet. 1878 beginnt sie zu schreiben. In »Inventarium der Seele« (1883) wird bereits die Frage nach der Berechtigung des Krieges behandelt. Der 1889 erschienene Antikriegs-Roman »Die Waffen nieder« begründet ihren Ruhm als Pazifistin. 1892 begegnet sie Alfred Nobel, der mit ihr zusammen den Plan eines Friedenspreises, des späteren Friedensnobelpreises, entwickelt. 1899 nimmt sie als einzige Frau und Nichtregierungsvertreterin an der 1. Haager Friedenskonferenz teil, die durch das sogenannte Zarenmanifest von Zar Niklaus II. initiiert worden war. 1906 wird ihr der Friedensnobelpreis verliehen.

       Die zweite Haager Friedenskonferenz 1907 ist für sie keine »Friedenskonferenz«, sondern eine »Kriegsgebrauchskonferenz«. Bertha von Suttner stirbt am 21. Juni 1914 kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges, dessen Ausbruch sie drohend vorausgeahnt hatte.

       BERTHA VON SUTTNER

       DIE ERSTE HAAGER FRIEDENSKONFERENZ

      Im Jahre 1900 habe ich ein umfangreiches Buch1 erscheinen lassen, in welchem ich alle Erlebnisse meines Haager Aufenthaltes, alle Berichte über die Verhandlungen, die Texte der wichtigsten Reden und den Wortlaut der verschiedenen Konventionen zusammengefaßt habe. Auf diese Publikation verweise ich jene, die über den Charakter, den Verlauf und die direkten Ergebnisse jener historischen Versammlung detaillierten Bericht zu erhalten wünschen; hier werde ich nur die persönlichen Erinnerungen jener Tage fixieren; die Eintragungen in mein Privatjournal, die ich für jenes Buch als Material herangezogen und ausgeführt habe, werde ich hier in ihrer Originalform abschreiben, natürlich mit Ausschluß des Allzuprivaten, daher Uninteressanten.

      Dabei werden sich wohl auch Verhandlungstexte und weltpolitische Betrachtungen einstellen; denn wenn ich die Geschichte meines Lebens treulich wiedergebe, so gebührt diesen Dingen ein breiter Raum. Sie waren ja nicht zur zufälligen Stickerei, sondern zum Gewebe selbst meiner Existenz geworden. Was in der Friedenssache dafür oder dagegen in der Welt geschah – und namentlich was in jenen Haager Tagen geschah, die doch im Namen jener Sache einberufen worden –, das war mir nicht Erfahrung, es war mir Erlebnis.

      16. Mai. Ankunft im Haag. Die Stadt in Frühlingszauber getaucht. Heller Sonnenschein. Fliederdüfte in der kühlen Luft. Unsere Zimmer im Hotel bereit. Neun Uhr abends. Wir sitzen noch im Speisesaal. Der Korrespondent des »Neuen Wiener Tagblatt« läßt sich melden. Nehme ihn an, und er setzt sich zu unserem Tisch. Mit großer Heiterkeit beginnt er die Unterhaltung:

      »Habe eben mit dem Vertreter einer Großmacht gesprochen: Man ist sich ja so ziemlich im klaren über die voraussichtlichen Ergebnisse … Erweiterung der Genfer Konvention … «

      »Das wäre – wenn weiter nichts erreicht würde – ein arger Betrug an den Hoffnungen der Völker und auch eine Enttäuschung für den Zaren, dessen Wünsche sich auf das Schiedsgericht –«

      Der Korrespondent unterbricht mich lachend: »Darüber ist auch gesprochen worden … nun, das ist einfach kindisch … die Staaten würden einem Spruch, der ihnen nicht behagt, nicht Folge leisten.«

      »Der Fall ist noch kein einziges Mal vorgekommen.«

      »Weil bisher nur über Kleinigkeiten Schiedssprüche gefällt wurden – handelt es sich aber um vitale Fragen … «

      Also immer wieder die alten Argumente. Ich hörte sie schon ordentlich kommen, die »vitale Frage«, obwohl keiner recht weiß, was er sich dabei denkt. Was sollen denn diese »Lebens«angelegenheiten sein, die sich am besten durch hunderttausendfaches Totschlagen fördern lassen?

      

      18. Mai. Der 18. Mai 1899! Daß es ein weltgeschichtliches Datum ist, das ich da niederschreibe, von dieser Ueberzeugung bin ich tief durchdrungen. Es ist das erstemal, seitdem Geschichte geschrieben wird, daß die Vertreter der Regierungen zusammenkommen, um die Mittel zu suchen, der Welt »dauernden, wahrhaften Frieden zu sichern«. Ob diese Mittel in der heute zu eröffnenden Konferenz schon gefunden werden oder nicht, das entscheidet nicht über die Größe des Ereignisses. In dem Suchen liegt die neue Richtung!

      19. Mai. Der gestrige Tag verlief so: Des Morgens Gottesdienst in der russischen Kapelle zur Feier des Geburtstags des Zaren. Der Meine und ich sind dazu eingeladen. Es sind – der Raum ist klein – kaum hundert Menschen anwesend, die Herren in Galauniform, die Damen in lichter Toilette. – Das Hochamt beginnt. Andächtig und ehrfürchtig, alle stehend, folgen ihm die Versammelten. Mir ist, als sollte ich nicht für Nikolaus II. beten, sondern an ihn die Bitte richten: O du Kühner, bleibe stark! Laß den Undank und die Tücke und den Stumpfsinn der Welt nicht störend und lähmend zu dir dringen – wenn man dein Werk auch verkleinern, mißdeuten, vielleicht auch verhindern wollte – bleibe stark!

      Der Pope reicht das Kreuz zum Kusse: die Messe ist aus. Jetzt werden Begrüßungen und Vorstellungen getauscht. Lerne die Frau des Ministers Beaufort kennen.

      Fahrt zur Eröffnung. Strahlender Sonnenschein. Wie zu einem fröhlichen Prater- oder Bois-Korso fahren die zahlreichen Wagen durch die Alleen nach dem »Haus im Busch«. Am Gittertor leistet eine militärische Ehrenwache die Ehrenbezeugungen. Ich bin die einzige Frau, welcher der Zutritt gewährt wird.

      Was ich hier empfand … es war wie die Erfüllung eines hochfliegenden Traumes. »Friedenskonferenz«! Zehn Jahre lang ist das Wort und die Sache verlacht worden – ihre Teilnehmer, machtlose Privatleute, gelten als »Utopisten« (beliebteste, höfliche Umschreibung für »verrückte Käuze«) –, jetzt versammeln sich auf den Ruf des gewaltigsten Kriegsherrn die Abgesandten aller Machthaber, und ihre Versammlung führt denselben Namen: »Friedenskonferenz«.

      Aus der Eröffnungsrede des Ministers Beaufort notiert:

      Durch seine Initiative hat der Kaiser von Rußland den von seinem Vorgänger Alexander I. ausgedrückten Wunsch erfüllen wollen, daß alle Herrscher Europas sich untereinander verständigen, um als Brüder zu leben und sich gegenseitig in ihren Bedürfnissen zu unterstützen.

      Mir scheint, Nikolaus II. hat mehr gewollt; nicht um die Bedürfnisse aller Herrscher, sondern vielmehr aller Völker handelt es sich da. Die Rüstungen lasten auf den Völkern, nicht auf den Herrschern. Das sogenannte dynastische Interesse liegt eher in militärischem Pomp und dem Prestige der kriegerischen Gewaltfülle.

      Und weiter; Beaufort:

      Die Aufgabe der Konferenz ist, nach Mitteln zu suchen, um den unaufhörlichen Rüstungen ein Ziel zu setzen und die schwere Not, welche die Völker bedrückt, zu beendigen. Der Tag des Zusammentritts dieser Konferenz wird einer der hervorragendsten Tage in der Geschichte des endenden Jahrhunderts sein.

      Nach

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