Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling страница 5
Später?
Nicht weiter denken! Florians kleine Hand lag in der ihren, er war bei ihr, sie hielt ihn fest.
Abends gab es Spaghetti und eine Tomatensoße aus der Tüte, hinterher einen Fruchtjoghurt. Florian war mit allem zufrieden.
Als Julia in der winzigen Küche das Geschirr abspülte, fiel ihr ein, wie stolz ihre Kusine vor einem Jahr gewesen war, hier nun eine eigene Wohnung zu haben, nachdem sie eine Zeitlang in einer Wohngemeinschaft gelebt hatte. Aber Anette würde ihr nicht böse sein, daß sie sich bei ihr einquartiert hatte.
Im Schrank hatte sie einige Wäsche zurückgelassen. Florian bekam für die Nacht ein T-Shirt angezogen, das ihm zu lang und zu weit war. Mit dem Schlafanzug, den Julia fand, war es dasselbe. Sie mußte ihn an den Ärmeln und über den Füßen mehrmals hochkrempeln.
»Jetzt verkleiden wir uns auch noch«, kicherte Florian und hampelte herum, während er drollige Grimassen schnitt.
Am nächsten Tag spielten sie weiter ›Verstecken‹. Julia wußte ihr Söhnchen zu beschäftigen, daß es ihm nicht langweilig wurde. Er war ja auch glücklich, bei seiner Mama zu sein.
Erst am Nachmittag des darauffolgenden Tages unternahm sie mit ihm einen Spaziergang. Sie sahen sich die Geschäfte an, die es in der näheren Umgebung gab, in einem großen Kaufhaus bummelten sie durch die Spielwarenabteilung. Florian meldete Wünsche an, aber seine Mutter vertröstete ihn.
»Is’ ja wahr«, sagte ihr Kleiner vernünftig, »zu Haus hab ich so was alles und noch mehr. Aber wir könnten doch das Kasperltheater holen, Mama? Damit spiel ich am liebsten, weil du dir immer was Neues ausdenkst.«
Julia antwortete ihm nicht darauf, daß sie unmöglich in ihre Wohnung konnte. Unruhig sah sie sich um. War da nicht wieder der Mann, von dem sie sich beobachtet glaubte? Er war von unauffälligem Äußeren, um die Fünfzig etwa, aber er tauchte, scheinbar völlig unabsichtlich, immer wieder in ihrer Nähe auf.
»Komm, wir gehen!«
Sie streckte die Hand nach Florian aus, der eben im Begriff war, auf das Schaukelpferd zu klettern, das für die Kinder dort stand.
»Och, laß mich doch ’n bißchen schaukeln…«
Aber sie zog ihn mit sich fort, schlüpfte mit ihm in den Lift, dessen breite Tür sich gerade für andere Kunden geöffnet hatte, unten tauchten sie in der Menge unter, und sie nahmen einen anderen Ausgang als vorher.
»Warum packst du mich so fest an der Hand, und warum müssen wir so schnell laufen?« fragte Florian.
Litt sie schon an Verfolgungswahn? Die Rodenbachs wußten doch kaum etwas von ihrer Kusine, schon gar nicht, wo sie wohnte, und es war eine ganz andere Gegend in dieser großen Stadt.
»Wir wollten doch wieder zu Hause sein, wenn die Schlümpfe kommen«, antwortete sie ihrem Söhnchen.
»Auja, und Tom und Jerry«, nickte Florian und verstand nun, warum sie es so eilig hatten.
Aber sie mußte sich Geld abholen, das war nun nicht mehr länger aufzuschieben. Die bescheidenen Vorräte gingen zu Ende.
»Florian, mein Schatz«, sagte sie am nächsten Morgen, »bleibst du heute mal ganz lange im Bett, ich muß ein paar Besorgungen machen.«
Er lugte unter der Bettdecke hervor. »Kann ich doch mit, Besorgungen machen. Ich bin auch schnell angezogen.«
»Ach nein, es ist ja noch so kalt und ungemütlich draußen. Wenn ich zurückkomme, dann mache ich uns ein wunderbares Früstück. Ich bleibe nicht lange, ich beeil’ mich.« An der Tür verharrte sie. »Du hast doch keine Angst, allein?«
»Angst, phh«, machte er. »Tschüs, Mami«, und er wedelte ihr mit dem Händchen nach.
Sie hatte sich Geld besorgt, sie hatte im Supermarkt eingekauft und verließ ihn mit hochgefüllten Beutel und einer Tragetasche dazu, über der noch ein Netz von Orangen lag – da erstarrte sie plötzlich.
Dort stand er doch wieder, dieser schreckliche Mensch im blauen Trenchcoat, den stechenden Blick auf den Ausgang geheftet.
Sie hastete davon, prallte nach ein paar Schritten gegen einen Mann, der aus seinem Auto ausstieg. Das konnte die Rettung
sein.
»Bitte helfen Sie mir«, stieß sie hervor, »lassen Sie mich einsteigen, und fahren Sie los, bitte!«
»Hoppla, was soll denn das?«
Aber dann sah er in das flehend zu ihm aufgehobene Gesicht, sah den gehetzten Ausdruck darin und die große Angst in den Augen. Wortlos stieg er wieder ein und öffnete die Tür zur anderen Seite. Zwei Sekunden später saß sie neben ihm, mit ihren sämtlichen Sachen.
»Und wo soll es hingehen?« erkundigte er sich im Anfahren, halb belustigt, halb ärgerlich, daß er der Unbekannten nachgegeben hatte.
»Egal, irgendwohin – nur rasch weg von hier«, kam es abgerissen zurück. »Fahren Sie kreuz und quer durch ein paar Straßen, bitte…«
»Glauben Sie, daß ich am Morgen nichts anderes zu tun habe, als kreuz und quer spazierenzufahren? Man erwartet mich im Büro.«
Er tat ihr dennoch den Gefallen.
Julia wurde etwas ruhiger. Sie war sicher, daß sie den Mann im blauen Trenchcoat abgehängt hatten.
»Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie aufgehalten habe«, sagte sie.
»Sie werden Ihren Grund dafür gehabt haben. Fühlen Sie sich verfolgt?« Es war kaum eine Frage, denn ihrem Benehmen nach konnte es nicht anders sein.
»Ja. – Fahren Sie jetzt bitte geradeaus und dann rechts. Dahinten in dem Hochhaus wohnen wir.«
Er hielt davor an, dann wandte er sich ihr zu. Mit einem aufmerksamen Blick umfaßte er ihr Gesicht. Sie hatte auffallend schöne Augen, stellte er bei sich fest. Plötzlich verspürte er den Wunsch, mehr über sie zu wissen, deren Bekanntschaft er auf so ungewöhnliche Weise gemacht hatte.
»Und wer ist wir?« fragte er.
Zum erstenmal sah auch sie ihn nun an. Ihr Retter mochte Anfang bis Mitte Dreißig sein, er sah sympathisch und vertrauenswürdig aus.
»Wenn Sie noch ein paar Minuten Zeit haben, können Sie ihn kennenlernen«, sagte sie. »Ich heiße Julia Rodenbach.«
»Mathias Walden.«
Sah es nicht so aus, als wäre er da in eine merkwürdige Geschichte hineingeraten? Wollte sie ihm jetzt ihren Mann vorstellen, oder was hatte sie vor? Er besaß genug Menschenkenntnis, um sich sicher zu sein, daß sie keine Frau war, die einen Fremden leichtsinnig mit in ihre Wohnung nahm.
»Geben Sie mir Ihre Taschen«, sagte er, und er nahm sie ihr ab. Schweigend fuhren sie im Lift empor. Sein Blick streifte ihre herabhängende Hand. Einen Ehering trug sie nicht.
Als sie die Tür aufschloß, bemerkte er, daß dort ein anderer Name stand als