Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Bernd Siggelkow
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SCM R.Brockhaus ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-417-22978-3 (E-Book)
ISBN 978-3-417-26954-3 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck
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Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:
Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Weiter wurde verwendet:
Hoffnung für alle, ® Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis – Brunnen Basel (Hfa).
Umschlaggestaltung: Miriam Gamper-Brühl, Agentur 3Kreativ, Essen
Titelbild: Shutterstock/Magnia
Autorenfoto: © unbekannt
Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach
Inhalt
Über den Autor
Zum Beginn – Ganz persönlich
1 Barmherzigkeit ist mehr
2 Barmherzigkeit oder Mitleid?
3 Was für ein Vater
4 Es geht nicht um Kleingeld
5 Kann Gott an seinen Menschen verzweifeln?
6 Barmherzigkeit und Nächstenliebe
7 Barmherzigkeit und Sozialarbeit
8 Barmherzigkeit und Ehrenamt
9 Eine Krise hat uns fest im Griff
Zum Abschluss – Mehr als nur ein Wort
Anmerkungen
Über den Autor
Bernd Siggelkow, Gründer und Vorstand der Kinderstiftung »Die Arche«, ist ausgebildeter Theologe und war mehrere Jahre als Jugendpastor tätig. Er veröffentlichte bereits mehrere Bücher zum Thema Kinderarmut. Bernd Siggelkow ist Vater von sechs Kindern.
Zum Beginn – Ganz persönlich
Als meine Sekretärin die Post ins Büro brachte, war ich nicht wirklich überrascht, dass es sich nur um zwei Briefe handelte. Schließlich wird immer alles bereits vorsortiert und gleich an die entsprechenden Mitarbeiter weitergeleitet. Das hat natürlich viele Vorteile, besonders für mich, denn dadurch kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren und meine Zeit effektiv einteilen.
Doch auf diesen beiden Briefen stand »persönlich« und somit war klar, dass nur ich die Kuverts öffnen durfte.
In einem Umschlag fand ich den handgeschriebenen Brief einer Spenderin. Sie drückte ihren Dank unseren Mitarbeitern gegenüber aus, die sich jeden Tag um Hunderte Kinder kümmern, die nicht auf der Sonnenseite der Welt geboren worden waren. Sie schrieb ein wenig aus ihrem bewegten Leben, wie sie nach dem 2. Weltkrieg miterlebte, wie Deutschland wieder aufgebaut wurde und viele Kinder Kartoffeln direkt vom Acker sammelten, um satt zu werden. Sie beschrieb eine Form der Armut, die vielen von uns fremd ist. Wir haben entweder diese Zeit niemals kennengelernt oder wurden in eine bessere Lebenssituation hineingeboren.
Die ältere Dame berichtete, wie ihre Mutter versuchte, die Familie in diesen harten Zeiten durchzubringen, und blickte trotz allem voller Dankbarkeit auf ihre eigene Kindheit zurück. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer eigenen leidvollen Erfahrungen hatte sie viel Verständnis für die vielen alleinerziehenden Mütter, die heute häufig die Hilfe unserer Arche suchen, damit ihre Kinder eine bessere Zukunft haben können. Diese Tatsache erfreute die Dame so sehr, dass sie dies neben ihrer monatlichen Spende auch einmal zu Papier bringen wollte, um meine Mitarbeiter und mich zu ermutigen.
Der zweite Brief war viel förmlicher. Der Absender war ein Notar aus Norddeutschland, den ich nicht zuordnen konnte. Ein Testament? Für die Arche?
Nein, es handelte sich um eine private Übermittlung. Bereits einige Tage zuvor hatte mich eine mir unbekannte Frau angerufen und mir mitgeteilt, dass mein Vater gestorben sei. Er lebte mit seiner dritten Frau in Schleswig Holstein und ich hatte ihn seit über 30 Jahren nicht mehr gesehen. Ich kannte weder seine jetzige Frau noch ihre Kinder, die sie wohl mit in die Ehe gebracht hatte. Es war tatsächlich die Tochter dieser dritten Ehefrau, die mich über das Ableben meines leiblichen Vaters informierte. Alles war so fremd, so hart und so endgültig und schon nach diesem Anruf beschäftigten mich meine Kindheit, meine Eltern und die damit verbundenen Herausforderungen erneut.
Ich war etwa sechs Jahre alt, als meine Mutter die Familie verließ und meinen Bruder und mich bei meinem Vater und meiner Großmutter zurückließ. Meine Eltern verstanden sich nicht und ihre Ehe war schon von vornherein zum Scheitern verurteilt, doch so etwas weiß man als Kind nicht. Mich traf der Weggang meiner Mutter wie ein Messerstich ins Herz. Von dieser Stunde an erlebte ich nur noch Existenzkampf und Kälte. Meine Oma wurde krank. Trotz der Prognosen der Ärzte lebte sie viel länger als erwartet, aber sie wurde sichtbar vom Krebs zerfressen und mein Bruder und ich sahen, wie sie von Monat zu Monat schwächer wurde.
Mein Vater hingegen rannte von einer Schuldenfalle in die nächste. So gut es ging, versuchte er zu arbeiten, um wenigstens einen Teil der Schulden abzahlen zu können. Der Gerichtsvollzieher gehörte beinahe zur Familie. Sein Kommen war jedes Mal wie der Besuch eines Verwandten. Meine Großmutter unterstützte ihren Sohn so gut wie möglich mit ihrer winzigen Witwenrente. Wir bekamen unseren Vater nur sehr selten zu Gesicht, da er häufig erst von der Arbeit kam, wenn wir schon im Bett waren. Er rauchte viel und lehnte auch Alkohol nicht ab, denn seine Sorgen waren sicher nicht die kleinsten.
Am Wochenende machte er in der Regel sein eigenes Ding. Wir waren meist nicht Teil davon. Er war kein Beziehungsmensch, zumindest nicht in unserer Familie. Er war streng, Lob kannte