Mitten unter euch .... Helmut Schlegel
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Fest der Erscheinung des Herrn
LICHT, DAS DIE VÖLKER ERLEUCHTET
Fest der Darstellung des Herrn
VORWORT
Liturgie ist eine bewegende Erfahrung. Menschen bewegen ihr Leben, bringen es vor Gott in allen seinen Farben und Spielarten, alles kommt vor und alles hat Raum. Gewiss hat gute Liturgie auch eine Statik: Verlässliche Formen, vertraute Lieder, gewohnte Gebete. Sie tun gut, um sich daheim zu fühlen. Aber nie darf Liturgie zum starren Ritual werden.
Liturgie ist auch eine bewegte Erfahrung: Es ist die heilende und heilige Geistkraft, die bewegt. Darum ist Liturgie mehr warten als machen, mehr hören als reden, mehr Passion als Aktion.
Die Liturgiemodelle in diesem Buch haben sowohl meditative als auch kreative Elemente: Sie wollen einladen, mit allen Sinnen zu feiern: schauend, hörend, riechend, schmeckend, spürend. Sie wollen zur Stille anregen, um Gott aus der Tiefe sprechen zu hören. Die kreativen Elemente sind dazu keine Gegensätze. Im schöpferischen Tun und Erfahren, im Probieren und Experimentieren haben wir Menschen teil an der schaffenden Geistkraft Gottes, werden wir mehr und mehr zum Bild des schaffenden Gottes.
Gerade die Advents- und Weihnachtszeit lädt zu meditativ-kreativen Gottesdiensten ein. Sie können ein befreiender Gegenpol in einer Zeit werden, in der wir uns selbst oft so sehr unter Druck setzen. Und keine andere Zeit hält eine so große Fülle an Bildern, Symbolen und Zeichenhandlungen bereit wie diese.
Eine große Zahl der hier vorliegenden Liturgien ist im Frankfurter Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität entstanden und erprobt worden. Darum sage ich an dieser Stelle den Kolleginnen Dank, mit denen ich 12 Jahre in diesem Projekt arbeiten durfte: Sr. Beate Glania MMS, Sr. Kristina Wolf MMS, Sr. Mary Pullattu MMS, Ricarda Moufang und Andrea Maschke.
Juni 2020 | Helmut Schlegel OFM |
WIE WEIHRAUCH STEIGE MEIN GEBET VOR DIR AUF
ERSTER ADVENTSSONNTAG
Vorbereiten
An verschiedenen Stellen des Raumes sind aufgestellt:
Instrumentalmusik
Einstimmen
Herzlich begrüßen wir Sie zu diesem Gottesdienst am ersten Advent. Mit diesem Sonntag beginnt eine erfüllte und heitere Zeit. Advent ist eine Zeit voller Düfte: Bratäpfel, wohlriechende Kerzen, Tannenduft, Gewürze für die Weihnachtsbäckerei.
Da mutet es eigenartig an, dass in den biblischen Texten an den Geruch von Pech und Schwefel, an Gestirne, die vom Himmel fallen, und an angsterfüllte Menschen, die aus ihren Häusern fliehen, erinnert wird. Es sind apokalyptische Bilder, die wir nicht aus dem Advent verdrängen können. Wie viele Menschen leiden unter Angst und Gewalt! Sie warten auf unser Mitgefühl, unsere Solidarität und nicht zuletzt auf unser Gebet.
Sie haben es schon erraten: Es wird in diesem Gottesdienst um Gerüche gehen. Wir laden Sie auf eine Entdeckungsreise mit der Nase ein.
Zu Beginn zeichnen wir ein Kreuz über uns und die Welt. Wir beginnen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
STATION 1: ES STINKT ZUM HIMMEL
Jemand bringt eine Mülltonne und öffnet sie.
Impuls
Eine offene Mülltonne – wer näher hingeht, riecht es schnell: Es müffelt nicht ein bisschen, nein, es stinkt. Fäulnis, Moder, Verdorbenes.
In Wirklichkeit gibt es noch schlimmere Gerüche. Etwa in den Krankenhäusern und Altenheimen: Desinfektionsmittel und Wundgeruch, Urin und volle Windeln, der sterile Plastikgeruch der Schläuche … In seiner drastischen Sprache lässt der Prophet Amos Gott sprechen:
Hören
„Den Gestank eures Heerlagers ließ ich euch in die Nase steigen. Und dennoch seid ihr nicht umgekehrt zu mir – Spruch des HERRN.“ (Amos 4,10b)
Es stinkt Gott gewaltig, wie Menschen mit seiner Schöpfung und miteinander umgehen. Und Amos fährt fort:
„Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie und kann eure Feiern nicht riechen. Wenn ihr mir Brandopfer darbringt, ich habe kein Gefallen an euren Gaben und eure fetten Heilsopfer will ich nicht sehen. Weg mit dem Lärm deiner Lieder! Dein Harfenspiel will ich nicht hören, sondern das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Amos 5,21–24)
Jesus spricht im Evangelium eine ähnliche Sprache: „Sofort nach den Tagen der großen Drangsal wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden alle Völker der Erde wehklagen und man wird den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ (Mt 24,29 f.)
Bei Gestank wenden wir uns schnell ab.