Fürstenkrone Box 14 – Adelsroman. Marisa Frank
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Der junge Fürst besaß alles, was seine Klasse auszeichnete. Er hatte die beste Erziehung genossen, und obwohl die Großborns sehr reich waren, hatte Friedrich ein juristisches Studium abgeschlossen und mit Auszeichnung bestanden.
Sein Äußeres war sehr ansprechend, wie Fürst Buchenhain empfand. Er war groß und schlank gewachsen und besaß sogar eine gewisse Eleganz.
Gewiss, Humor und Esprit waren nicht gerade seine Stärken, dafür hielt Fürst Buchenhain ihn jedoch absolut für vertrauenswürdig. Mit seinen dreißig Jahren hatte Friedrich von Großborn genügend Lebenserfahrung gewonnen, um zu wissen, was er wollte. Auch das sprach für ihn.
»Ja, ich meine, wir sollten nicht mehr lange warten und die Hochzeit bald bekanntgeben, Fürst«, sagte Dianas Vater langsam.
Die schmalen Lippen Friedrich von Großborns verzogen sich zu einem Lächeln.
»Das ist ganz in meinem Sinn, Fürst. Und ich versichere Ihnen, dass Diana ähnlichen Launen oder Anwandlungen wie heute nicht mehr nachgeben wird.«
In diesem Augenblick klopfte jemand an die Tür.
»Bitte!«, rief Fürst Buchenhain.
Sein Sekretär trat ein und meldete, dass die Prinzessin gerade zurückgekehrt sei. Sie habe sich in ihr Zimmer begeben.
»Richten Sie meiner Tochter bitte aus, dass sie unverzüglich in die Bibliothek kommen soll. Fürst Großborn und ich erwarten sie hier.«
Der Sekretär verneigte sich leicht und ging fort, um den Auftrag auszuführen.
Fürst von Buchenhain hatte seine Wanderung durch die Bibliothek wieder aufgenommen. Je länger es dauerte, bis Diana seinem Wunsch oder seinem Befehl nachkam, desto zorniger wurde er. Er war es gewohnt, dass seine Untergebenen und auch seine Tochter seine Anordnungen immer sofort erfüllten.
Endlich trat Diana ein.
Ihr Vater verhielt den Schritt, über Friedrich von Großborns Gesicht glitt unwillkürlich ein Lächeln.
Er glaubte, Diana noch nie so schön gesehen zu haben. Etwas Strahlendes ging von ihr aus, das den jungen Fürsten ganz in ihren Bann zog.
Sie trug ein enganliegendes weißes Kleid, das bis zu ihren Waden reichte. Um ihre Taille schlang sich ein roter Gürtel mit einer goldenen Schnalle.
Ihre schwarzen Locken hatte Diana zurückgebürstet, so dass die ganze Feinheit ihres schmalen, edlen Gesichts voll zum Ausdruck kam.
»Auf diesen Augenblick habe ich einen ganzen Tag gewartet, Diana«, begrüßte Fürst von Buchenhain seine Tochter.
»Zürnen Sie bitte nicht mit ihr, Fürst«, mischte sich Friedrich von Großborn ein.
Lächelnd ging er auf Diana zu, neigte sich über ihre feingliedrige Hand, um sie zu küssen.
»Auch ich habe einen ganzen Tag auf diesen Augenblick gewartet. Voller Sehnsucht«, fügte er hinzu.
Dianas Lächeln wurde ein wenig starr. Sie wusste, dass Fürst von Großborn sich seit mehreren Monaten bei ihrem Vater um ihre Hand bewarb. Und sie wusste auch, dass ihr Vater sehr geneigt war, dem Wunsch nachzukommen.
»Diana, darf ich um eine Auskunft bitten, wo du dich heute aufgehalten hast?«, fragte Fürst von Buchenhain mit seiner harten Stimme, die immer klang, als würde er einen Befehl erteilen, selbst wenn er eine Bitte aussprach.
Diana senkte die Augenlider. Sie würde keines der Wunder, die sie an diesem Tag erfahren hatte, ihrem Vater und Friedrich von Großborn preisgeben.
»Ich bin gewandert. Und – und ich habe in der Sonne gelegen. Das ist alles«, sagte sie leise und ohne aufzusehen.
Ihr Vater sog hörbar die Luft ein. Was Diana ihm gestanden hatte, schien ihm ungeheuerlich. Als ob Wandern und Sonnenbaden einen ganzen Tag ausfüllen könnten, wenn ein Mensch nicht gerade ein Zigeuner war.
Das Gesicht des alten Fürsten schien zu versteinern. Er fasste sich aber schnell und sagte, dass es Zeit sei, zu Abend zu essen.
»Sie werden meiner Tochter und mir doch das Vergnügen bereiten und mit uns speisen?«, fragte er Friedrich von Großborn.
Der junge Fürst verneigte sich kurz, um seine Zustimmung auszudrücken.
*
Der Tisch war für drei Personen im französischen Speisezimmer gedeckt worden. In diesem wundervollen, intimen kleinen Raum standen ausnahmslos Möbelstücke, die während der Regierungszeit Ludwig des Vierzehnten in Frankreich von einem der bedeutendsten Schreiner seiner Zeit hergestellt worden waren.
Die anmutig geschwungenen Formen und die Kostbarkeit der verwendeten Hölzer und Seiden- und Brokatstoffe vermittelten den Eindruck von Eleganz und Leichtigkeit, die jene Zeit ausgezeichnet hatte.
Das französische Speisezimmer wurde immer nur dann benutzt, wenn weniger als fünf Personen bei einer Mahlzeit zugegen waren.
Auf einem silbernen Tafelaufsatz lagen die köstlichsten Käsesorten, die Frankreich, Deutschland und die Schweiz hervorbrachten.
Fürst von Buchenhain schenkte seinem Gast und seiner Tochter tiefroten, uralten Burgunder in kostbare Gläser.
»Ich hoffe, Sie entschuldigen die Kargheit unseres Mahls, Fürst«, bat er. »Ich habe dem Koch die Anweisung gegeben, an heißen Sommertagen abends nur Käse aufzutragen. Sicherlich hat unsere Küche aber auch andere Dinge zu bieten, wenn Sie es wünschen.«
»O nein, Fürst. Ich nehme abends nie viel zu mir.«
Diana aß außer einigen blauen Trauben, die neben dem Käse lagen, gar nichts. Sie dachte an den wundervollen Tag zurück. Ein sicheres Gefühl verriet ihr, dass Hubertus jetzt ebenfalls mit seinen Gedanken bei ihr war. Unbewusst lächelte sie.
Ihr Vater und Friedrich von Großborn unterhielten sich über die neuesten Gesetze, die von der Regierung gerade verabschiedet worden waren. Diana hörte nicht zu.
Marthe, eine Bedienstete, die seit über zwanzig Jahren auf Schloss Buchenhain lebte, brachte als Nachtisch Eis mit Rumfrüchten. Diana ließ auch ihren Nachtisch stehen.
An diesem Abend erkannte Diana, dass sie nicht zu ihnen gehören wollte. Sie hatte die Freiheit, einen Hauch von Freiheit, kennengelernt. Und sie war wie berauscht von dieser Freiheit.
»Der Abend ist so herrlich. Ich würde gern noch einen Spaziergang durch den Park machen«, sagte Friedrich von Großborn.
»Ja, ich begleite Sie sehr gern, Fürst«, erklärte Diana.
Sie traten aus dem Schloss. Die große Tür aus hellem Lindenholz hatte offengestanden.
»Dieser Arkadengang an den Seitenbauten des Schlosses erregt jedes Mal wieder meine Bewunderung«, meinte Friedrich von Großborn.
»Ja, ich liebe Buchenhain auch sehr. Es ist ein hübsches kleines Juwel.«
Im Abendlicht wirkten die uralten Zypressen düster und mächtig. Diana und Friedrich gingen in jenen Teil des Parks, der halb verwildert hinter dem