Dornen der Liebe. Barbara Cartland
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dornen der Liebe - Barbara Cartland страница 4
»Also gut, das ist ein Pluspunkt für uns«, meinte Lord Mere. »Wenn Arthur nach Hause kommt, darfst du keinen Augenblick lang den Verdacht erwecken, du wärst aus irgendeinem Grund besorgt oder würdest dich vor etwas fürchten.« Er runzelte die Stirn und konzentrierte sich auf seine Überlegungen. Dann fuhr er fort: »Ehegatten haben einen sechsten Sinn füreinander. Beinahe kann der eine die Gedanken des anderen lesen. Was du auch tust, du darfst dir nichts anmerken lassen.«
Erschrocken hielt Jennie den Atem an.
»Nein, natürlich nicht.«
»Also gut. Benimm dich einfach so, wie es jede liebende Frau tun würde - erfreut, weil der Gatte wohlbehalten und gesund wieder aus Paris zurückgekehrt ist. Zeig ihm, wie einsam und verlassen du dich ohne ihn gefühlt hast.« Lord Mere hielt inne. Dann fügte er hinzu: »Alle Frauen können schauspielern, wenn sie wollen. Und wenn dir dein guter Ruf etwas wert ist, Jennie, dann wirst du schauspielern müssen, wie noch nie zuvor in deinem Leben.«
»Ich will es versuchen. Wirklich! Aber es wird schwierig sein, weil ich mich so sehr fürchte.«
»Vergiß deine Ängste! Und wenn es zum Schlimmsten kommt, müssen wir vielleicht selbst den Tresor aufbrechen und erklären, jemand sei unbemerkt ins Haus gekommen und habe deine Juwelen auf so geschickte Art gestohlen, daß die Polizei keine Ahnung hat, wer der Täter sein könnte.«
»Die Polizei...«, stammelte Jennie.
Sie wurde blaß, und ihr Bruder sagte rasch: »Wir werden sie nur im äußersten Notfall rufen. Denn du würdest doch nicht gern gestehen, daß du das Halsband zum letzten Mal gesehen hast, als du mit dem Prinzen zusammen warst. Du müßtest dann behaupten, du hättest es bei einer späteren Gelegenheit auf einer großen Gesellschaft getragen.«
»Oh Ingram, würde uns das überhaupt jemand glauben? Du weißt, dieses Halsband ist so außergewöhnlich, daß überall, wo ich auch hingehe, die Leute sagen, es sei das Schönste, was sie je gesehen haben.«
»Ich weiß«, erwiderte Lord Mere gereizt. »Aber wir müssen eine Ausrede bereit haben, falls ich das Halsband nicht zurückbekomme.«
»Aber es muß dir gelingen, und du schaffst es auch!« rief Jennie. »Ich weiß, wie klug und geschickt du bist, obwohl du niemals über deine Arbeit sprichst. Meine Freundin Eileen, deren Mann im Außenministerium tätig ist, sagte mir, wie sehr dich alle schätzen. Sie trauen dir zu, Wunder zu vollbringen, wenn die Botschafter versagt haben.«
»Deine Freundin sollte nicht so indiskret sein«, bemerkte Lord Mere.
»Aber es ist wahr. Und deshalb, liebster Ingram, wirst du mich auch retten. Ich bin viel wichtiger als deine Könige und Königinnen, denen du schon geholfen hast.«
»Ich bezweifle, daß sie dir zustimmen würden«, entgegnete Lord Mere. »Aber ich werde mein Bestes tun, Jennie. Und während ich nach Florenz reise, wirst du für meinen Erfolg beten.«
»Ich werde inständig beten!« versprach Jennie. »Und wenn du mir das Halsband tatsächlich zurückbringst, werde ich dem heiligen Antonius, oder wer immer auch der Heilige für gestohlene Güter ist, ein riesiges Dankopfer darbringen.«
Lord Mere lachte.
»Wir brauchen wahrlich den Schutz aller Heiligen. Denn wenn der Prinz dein Halsband gestohlen hat, muß er einen triftigen Grund dafür gehabt haben. Ich bin sicher, er wird mir diesen nur unter äußerstem Druck verraten.«
Nachdem seine Schwester ihm überschwenglich gedankt und beteuert hatte, ihr ganzes künftiges Glück hänge von ihm ab, verabschiedete sie sich, und Lord Mere ließ seinen Sekretär kommen.
Er befahl Mr. Barrington, die Reisevorbereitungen zu treffen und alle Termine abzusagen, die er für die nächsten Tage vereinbart hatte. Dann ging er in sein Schlafzimmer hinauf, um mit seinem Kammerdiener zu sprechen.
Als er die Schublade seiner Kommode aufzog, mußte er unwillkürlich an die Worte denken, die er zu seiner Schwester gesagt hatte. ,Nur unter äußerstem Druck!'
Er nahm den kleinen Revolver, den er eigens hatte anfertigen lassen, aus einem Etui. Die Waffe war kleiner als das übliche Modell und so neu, daß nur wenige Menschen eine solche besaßen.
Lord Mere legte den Revolver bereit, damit er zusammen mit einem Vorrat dazu passender Patronen in seinen Koffer gepackt wurde.
Dann suchte er weiter in der Schublade und fand einen scharfen Dolch, nicht unähnlich einem Stilett, dessen glänzende Klinge in einer Scheide steckte. Er konnte ihn an seiner Taille oder notfalls sogar in einem Strumpf verstecken.
Lord Mere dachte daran, wie nützlich und was für ein wertvoller Schutz dieser Dolch bei anderen Gelegenheiten gewesen war. Er hoffte jedoch, die Waffen nicht benützen zu müssen, obwohl er das Gefühl hatte, daß er sich wieder einmal auf ein gewagtes Abenteuer einließ. Der Himmel wußte, was ihn in Florenz erwartete.
Sein Sekretär traf alle Vorbereitungen für ihn, damit er rechtzeitig den Zug erreichte, der London um die Mittagszeit verließ und Anschluß zum Dampfer nach Calais hatte. Bis dahin blieb nur kurze Zeit, aber Mr. Barrington war es gewöhnt, rasch zu handeln, wenn es um seinen Herrn ging.
Lord Mere wußte, daß wie durch Zauberhand ein Abteil im Zug nach Dover für ihn reserviert war. Auf dem Schiff würde ihm die beste Kabine zur Verfügung stehen, und ein Reisebegleiter würde für ihn jeweils ein Coupé in den Expreßzügen nach Florenz besorgen.
Lord Mere verließ sein Haus jedoch früher, als es notwendig gewesen wäre, um seinen Zug im Viktoria-Bahnhof zu erreichen.
Seine Londoner Kutsche, die von zwei herrlichen Pferden gezogen wurde, brachte ihn rasch zum Auswärtigen Amt, wo er darum bat, den Außenminister sprechen zu dürfen.
Er wurde sofort in das Büro des Earl of Rosebery geführt, der sich freute, ihn zu sehen.
»Mein lieber Mere, das ist eine Überraschung!« rief er. »Sie lassen sich gewöhnlich nicht herab, mich zu besuchen. Normalerweise bin ich es, der flehentliche Nachrichten an Sie schickt und um Ihr Erscheinen bittet.«
»Sie sind sarkastisch, Mylord. Ich brauche Ihre Hilfe.«
»Meine Hilfe?« rief der Außenminister. »Das ist wirklich einmal etwas anderes, da ich sonst um die Ihre bitte.«
»Sie haben recht, und ich hoffe, Sie lassen mich nicht im Stich.«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Erzählen Sie mir, was Sie über den Fürsten di Sogino wissen.«
Der Außenminister sah ihn überrascht an.
»Ist das alles?«
»Für den Augenblick, ja.«
»Es würde mich interessieren, weshalb Sie das wissen wollen.«
»Verzeihen Sie mir, wenn ich es verschweige, aber ich brauche Ihre Information.«
Der Außenminister läutete eine Glocke, und als ein Sekretär erschien, befahl er: »Bringen Sie mir die florentinische Akte.«
Es dauerte nur wenige Minuten, bis ein großer Aktenordner vor den Außenminister