Auf den Flügeln der Liebe. Barbara Cartland

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Auf den Flügeln der Liebe - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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Rêve errötete vor sich selbst, als sie sich eingestand, wie sehr sie sich nach raschen Verhandlungen sehnte. Sie wollte ihn heiraten, wollte ihm mit ihrem Herzen, ihrer Seele gehören. Falls je eine Ehe im Himmel beschlossen worden war, so ihre.

      »Armand de Segury!«

      Sie wiederholte im Stillen seinen Namen, er gefiel ihr. Doch dann mußte sie über sich selbst lächeln. Gewiß würde ihr jeder Name gefallen, den er trug, und sei er noch so gewöhnlich! Sie seufzte leise und wandte sich vom Fenster ab.

      Sie mußte hinuntergehen und das petit dejeuner im Schlafzimmer ihrer Großtante einnehmen, wie sie es immer tat. Es würde ihr nicht leichtfallen, ihre Glückseligkeit vor den durchdringenden Augen ihrer Tante zu verbergen, vor ihrem Scharfsinn, der sie manche Dinge schon fast erahnen ließ, bevor man sich selbst ihrer bewußt wurde.

      Rêve hatte schon befürchtet, daß ihre Großtante bereits bei Armands Besuch am Vortag ahnte, daß etwas Außergewöhnliches geschehen war. Nachdem er das Zimmer wieder verlassen hatte, hatte die Herzogin eine Weile kein Wort gesagt.

      Sie schien nachzudenken, den Blick sinnend auf die Tür gerichtet, durch die er gegangen war. Auf einmal hatte sie gesagt: »Wirklich ein gutaussehender junger Mann! Unter diesem anziehenden Antlitz vermute ich sowohl Charakter als auch Intelligenz. Gefällt er dir, mein Kind?«

      Rêve war bei dieser Frage erschrocken, doch sie hatte sich Mühe gegeben, mit möglichst gleichgültiger Stimme zu antworten: »Er schien mir ein sehr angenehmer Mensch zu sein, Madame.«

      »Zweifellos denkt er in denselben überschwenglichen Ausdrücken über dich«, hatte die Herzogin darauf sarkastisch und mit einer Spur trockenen Humors erwidert, der keinen Zweifel daran ließ, daß Rêve sie mit ihrer ungeschickten Bemerkung nicht hatte täuschen können. »Ich wünschte, ich könnte mich an etwas erinnern, was seine Familie betrifft, denn der Junge gefällt mir. Etwas an ihm verrät eine gute Kinderstube und eine ausgeprägte Persönlichkeit. Heutzutage, da Ladenschwengel und Küchenjungen ihre Vorgesetzten nachäffen, gibt es von solchen jungen Männern nicht allzu viele.«

      Rêve hatte nichts darauf entgegnet, aus Angst, sich selbst zu verraten. Ein paar Minuten später hatte die alte Dame ihr die Hand auf die Schulter gelegt und ruhig gesagt: »Hélas! Laß uns hoffen, daß dein Stiefbruder bald kommt und wir deine Zukunft regeln können!«

      In diesem Moment war Rêve sicher gewesen, daß die Herzogin ihre Gefühle erraten hatte, und nun wünschte sie schon beinahe, daß sie sich ihrer Großtante anvertraut hätte, denn da es ihr schon gestern so schwergefallen war, nichts zu erzählen, würde es heute noch viel schwieriger sein.

      Sie hatte das Gefühl, vor Glück zu zerspringen, und als sie sich im Spiegel betrachtete, war es ihr, als leuchte ihr Gesicht so, daß es ihr Geheimnis jedem, der sie ansah, verraten müßte.

      Sie begann sich anzukleiden; sie wählte ihr hübschestes Kleid aus und kämmte sich mit größter Sorgfalt. Dabei summte sie dieselbe trällernde, beschwingte Melodie, die ihr an jenem Abend, der jetzt schon so lange zurückzuliegen schien, durch den Kopf gegangen war, als sie aus dem Tempel trat und Armand sah.

      Sie war fast fertig mit Ankleiden, als es laut an die Tür klopfte. Ehe sie jedoch »Herein« rufen konnte, kam eines der Mädchen aus dem Dorf, ein großes, plumpes Geschöpf mit einer Hasenscharte, hereingestürzt.

      »Mam’selle? Oh, Mam’selle!« rief die Bedienstete aufgeregt, wobei sie noch mehr Silben verschluckte als sonst.

      Rêve sah erstaunt auf.

      »Was ist los, Lili?« fragte sie, während das Mädchen nach Atem rang. »Hat dich irgendetwas erschreckt? Du siehst so bestürzt aus!«

      Lili schien die Angst im Gesicht geschrieben. Ihr Haar quoll in dunklen, fettigen Locken unter ihrer weißen Haube hervor, sie rang die großen roten Hände und schien jeden Moment in Tränen ausbrechen zu wollen.

      »Kommen Sie gleich mit, Mam’selle, bitte. Die alte Dame, die alte Dame.«

      Den Mädchen war unzählige Male aufgetragen worden, die Herzogin nicht »die alte Dame« zu nennen, doch in diesem Augenblick merkte Rêve die Entgleisung nicht einmal. Sie sprang auf, und ehe Lili noch ein einziges Wort sagen konnte, war sie bereits aus dem Zimmer geeilt und die breite Treppe zum Zimmer der Herzogin hinabgelaufen.

      Die Tür stand offen, die Vorhänge waren zugezogen, und ein wenig erleichtert stellte Rêve fest, daß Antoinette neben dem Bett saß. Vermutlich hatte diese Lili auch zu ihr geschickt.

      Als sie durch das Zimmer auf das große, vierpfostige Bett mit dem Baldachin aus gefärbtem Satin zuging und das Gesicht der Herzogin auf den Kissen liegen sah, wußte sie, daß Lili Angst gehabt hatte, ihr die Wahrheit zu sagen.

      Wie angewurzelt blieb sie stehen und vermochte sich nicht zu rühren.

      Die Herzogin war sehr alt, trotzdem hatte die Flamme des Lebens so kräftig, so jugendlich in ihrem alten Körper gebrannt, daß es fast unmöglich gewesen war, sich vorzustellen, daß auch sie sich einmal von der Welt, die sie so amüsant gefunden hatte, trennen müßte.

      Rêve stand vor Schmerz erstarrt da. Antoinette drehte sich nach ihr um, kam zu ihr und legte ihr die Arme tröstend um die Schultern, wie sie es seit Rêves Geburt so oft getan hatte.

      »Es war ein schöner Tod, meine Kleine. Du darfst dich nicht grämen! Sie ist so gestorben, wie sie es sich gewünscht hat.«

      »Aber was sollen wir ohne sie anfangen, Antoinette?« fragte Rêve mit gebrochener Stimme.

      Antoinette zog sie mit sich ans Fenster. »Ja, ja, ich weiß; aber wir weinen nur um unser selbst willen. Das Leben geht weiter! Wir müssen immer daran denken, wieviel reicher wir dadurch sind, daß wir sie gekannt haben.«

      »Ja, das stimmt«, sagte Rêve. »Sie hat uns so viel gegeben.« Einen Moment legte sie ihren Kopf auf Antoinettes Schulter. »Wie weise du doch bist, Antoinette! Du weißt immer das Richtige zu sagen, das Richtige zu tun. Manchmal wünsche ich mir, so tapfer wie Madame und so weise wie du zu sein.«

      Während sie sprach, traten ihr Tränen in die Augen und flossen ihre Wangen hinab. Antoinette zog sie enger an sich und tröstete sie wie ein ängstliches Kind.

      »Ich weiß, meine Kleine«, murmelte sie. »Wir alle fühlen uns manchmal so. Aber für dich fängt das Leben gerade erst an, und du darfst es nicht mit nutzloser Trauer vergeuden. Madame la Duchesse hätte das nicht gewollt. Sie hat ein ausgefülltes Leben gehabt. Wie oft sagte sie zu mir: »Antoinette, die einzigen Dinge, die ich in meinem Leben bereue, sind die Male, da ich Nein sagte - und davon gab es nicht allzu viele!««

      Rêve lächelte trotz ihrer Tränen.

      »Ich kann mir genau vorstellen, wie sie das sagte.«

      »Madame hat das Leben mit beiden Händen ergriffen. Sie hat es umschlossen, hat jeden Moment genossen, bejaht, sie hat Mut gezeigt. Das ist es, was zählt, meine Kleine, hab Mut!«

      Rêve hob den Kopf und sah ihrer Kinderfrau ins Gesicht. Antoinette war trotz ihrer fast weißen Haare eine jung aussehende Frau mit einem gütigen, sanften Gesicht, das den gleichen Ausdruck zeigte, den Rêve oft bei Nonnen gesehen hatte, die ihr Leben der Pflege von Kranken und Leidenden weihen. Es war ein Ausdruck der Hingabe, der einer inneren Stärke und Entschlossenheit entsprang.

      Und genauso war Antoinette auch: Rêve wußte, daß sie ihr Leben ihr gewidmet

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