Der sterbende Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle

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Der sterbende Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle

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eines Freundes?«

      Draußen wurden in der Tat Schritte vernehmbar, die Tür ging auf, und herein trat Inspektor Morton.

      »Es hat alles geklappt, und das hier ist Ihr Mann,« sprach Holmes.

      Der Beamte erfüllte die vom Gesetz verlangte Förmlichkeit. »Ich verhafte Sie, Culverton Smith,« sagte er, »unter Anklage des Mordes an einem gewissen Viktor Savage.«

      »Und Sie können hinzufügen: ›des versuchten Mordes an einem gewissen Sherlock Holmes‹,« setzte mein Freund hinzu. »Um mir krankem Mann die Mühe zu ersparen, hatte Herr Smith die Liebenswürdigkeit, selbst das verabredete Zeichen zu geben und das Gas voll aufzudrehen. Ihr Gefangener hat übrigens in der rechten Tasche seines Überziehers eine kleine Dose, die Sie ihm besser abnehmen. Danke Ihnen. Seien Sie vorsichtig mit dem Ding, da sitzt der Teufel drin. Stellen Sie's dort auf den Tisch. Das ist ein wichtiges Beweisstück, Inspektor.«

      Ich hörte plötzlich Lärm und Durcheinander, dann das scharfe Klicken von Stahl und einen Schmerzensschrei.

      »Sie tun sich nur unnötig weh,« sagte der Inspektor. »Am besten für Sie, wenn Sie ganz ruhig bleiben und hier keine Zicken machen.«

      »Das ist eine nette Falle,« schrie Smith voll Wut. »Das wird Sie vors Gericht bringen, Holmes, und nicht mich! Er hat mich bitten lassen, hierher zu kommen, um ihn zu heilen. Er tat mir leid, und ich kam sofort. Jetzt wird er wahrscheinlich behaupten, ich hätte hier Dinge gesagt, die seinen irrsinnigen Verdacht bestätigen. Sie mögen lügen, so viel Sie wollen, Holmes – mein Wort wiegt genau so schwer wie das Ihrige!«

      »Donnerwetter!« rief Holmes, »den armen Teufel habe ich ja ganz vergessen. Watson, komm' hervor, ich bitte tausendmal um Entschuldigung. Daß ich dich so ganz vergessen konnte! Herrn Smith brauche ich dich nicht erst vorzustellen, da du ihn ja vor kurzem erst selber kennen lerntest. Haben Sie einen Wagen unten, Inspektor? Sobald ich mich angezogen, möchte ich Ihnen folgen, denn ich kann Ihnen noch einiges Wichtige sagen, wenn wir auf Ihrer Station sind.«

      Während Holmes sich ankleidete, reichte ich ihm Biskuits mit Rotwein. »Nie im Leben habe ich so etwas nötiger gehabt,« sagte er und aß gierig. »Aber du weißt ja, ich bin keine Regelmäßigkeit gewohnt, und so eine Hungerkur bedeutet für mich weniger als für die meisten anderen. Es war besonders wichtig, daß ich Frau Hudson meinen kranken Zustand überzeugend vortäuschte, denn die sollte dir davon erzählen, und du wiederum ihm. Du darfst nicht verletzt sein, Watson. Unter deinen vielen Fähigkeiten fehlt die Kunst der Verstellung völlig, und wenn du an meine Krankheit nicht geglaubt hättest, dann wäre es dir nie gelungen, Herrn Smith hierherzulocken. Davon aber hing alles ab. Mir war sein rachsüchtiger Charakter bekannt, und daß es ihm eine Befriedigung sein würde, zu beobachten, wie ich an seiner Bazilleninfektion sterbe.«

      »Aber dein geisterhaftes Aussehen, Holmes! Man kann Delirium vortäuschen, aber doch nicht –«

      »Weißt du, drei Tage fasten, das heißt also nahezu verschmachten, verschönert niemanden. Im übrigen habe ich einiges ja auch schon mit dem Schwamm abgewaschen. Mit Vaseline, auf die Stirn geschmiert, Belladonna, in die Augen geträufelt, Schminke auf den Backen und Wachs an den Lippenrändern kann man einen ganz netten Eindruck erzielen. Mit der Kunst der Simulation habe ich mich viel beschäftigt und schreibe vielleicht noch einmal eine Monographie darüber. Ein paar unsinnige gelegentliche Worte über halbe Kronen, Austern oder sonst etwas Verrücktes täuschen selbst dem Arzt Delirium vor.«

      »Aber weshalb wolltest du nicht, daß ich dir nahe käme, wo doch keine Ansteckung zu befürchten war?«

      »Kannst du das fragen, Watson? Glaubst du, ich hätte so wenig Achtung vor deinen medizinischen Kenntnissen? Dir wäre es doch sofort aufgefallen, da ein Sterbender keine normale Temperatur und keinen normalen Puls haben kann. So schwach ich auch war, du wolltest mich ja untersuchen, und beides hättest du zu deiner Überraschung festgestellt. Auf vier Schritt Entfernung konnte ich dich täuschen. Auf die Nähe aber nicht. Und wer hätte mir denn meinen Smith herbeigeholt? – Nein, Watson, ich würde die Dose lieber stehen lassen. Unter dem Deckel an der Seite siehst du ein kleines Loch. Wenn du den Deckel abschraubst, fährt da eine Nadelspitze heraus. Auf solch eine Art muß er seinen Neffen umgebracht haben, der zwischen ihm und einer Erbschaft stand. Ich bin aber berufsmäßig mißtrauisch, und als die Dose mit der Post ankam, roch ich Lunte. Der Trick ist nicht neu genug. Aber nun kam mir sofort der Gedanke, daß, wenn ich mich so stellte, als sei sein Anschlag gelungen, ich ihn fangen könne und er ein Geständnis von sich gebe. Es hat wunderbar geklappt, Watson. Aber bitte, gib mir noch einmal die Biskuits her! Ich habe ja drei Tage Essen gut!«

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