Traum aus Eis - Der Kalte Krieg 3. Dirk van den Boom

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Traum aus Eis - Der Kalte Krieg 3 - Dirk van den Boom

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der Dridd ist. Vielleicht der berühmte Eiskern selbst, aber das werden wir erst herausfinden, wenn wir ihn erreicht haben.«

      »Metallplanet? Eine Art Mond?«, fragte Vocis zweifelnd.

      »Das ist kein Mond. Es ist eine Raumstation.«

      »Von der Größe eines Mondes?«

      »Von der Größe eines Planeten.«

      Aume war nicht überrascht. Die Menschen waren offenbar nicht halb so beeindruckt, wie man hätte annehmen können. Das Imperium baute bereits verdammt große Habitate. Es war bekannt, dass die Simmi noch größere Weltraumkonstruktionen errichteten. Die richtigen Werkstoffe, Fertigungstechniken und die notwendige Entschlossenheit vorausgesetzt, erschien ihnen die Perspektive, die Aume nun vor ihnen eröffnete, nicht völlig absurd. Beeindruckend, gewiss, aber begreifbar.

      »Sie bewegten sich nicht in Flotten«, fuhr Thasri fort. »Sie bewegten sich in mobilen Welten. Davon müssen noch Hunderte als tote Hüllen durch die Galaxis treiben, auf ewig dem neugierigen Blick anderer verborgen. Aber eine davon war der Ort, an dem Dendh mit allem begann. Oder an dem etwas passierte, was uns den richtigen Weg weist. Die Kath haben diese Welt besonders markiert, ohne es zu erläutern. Es muss eine Bedeutung haben. Aber es ist für mich klar: Den müssen aufsuchen. Das Gute ist: Die Kath haben die meisten der bereits toten Metallwelten kartografiert. Ich habe die Daten extrapoliert.«

      »Sie ist weitergeflogen?«, fragte Vocis.

      »Wenn sich keine radikalen Veränderungen ergeben haben, ist diese Metallwelt näher als gedacht. Sie kommt nämlich beständig auf uns zu. Wir müssen vielleicht etwas suchen, um Antworten zu bekommen, und möglicherweise irren wir uns auch in der Interpretation der Daten. Aber dorthin wollten die Unbekannten Vigil weisen, ob sie nun ahnten, wer an diese Koordinaten kommt oder nicht. Das ist kein Zufall.«

      Aume nickte. »Unsere Interpretation stimmt überein. Ich irre mich übrigens selten.«

      »Aber dort werden wir Dendh nicht aufhalten«, warf Thasri ein. »Richtig? Es ist ein Ort, der keine Bedeutung mehr hat. Ein Ort der Vergangenheit. Dass ausgerechnet ich das sagen muss, bedrückt mich selbst. Aber dort werden wir Dendh nicht finden, dort ist nicht das Zentrum seiner Macht.«

      »Ich bin mir nicht sicher, was wir genau vorfinden werden. Aber ich wäre nicht überrascht, wenn dort noch etwas wäre, was uns weiterhilft. Tatsächlich glaube ich fest daran, denn sonst hätten sich die Kath nicht die Mühe gemacht, auf diese verklausulierte Weise auf die Möglichkeit hinzuweisen. Die Kursdaten der Dridd-Welten nehmen im Datenspeicher einen prominenten Platz ein. Als ob jemand grell leuchtende Hinweisschilder aufgestellt hätte.«

      »Ich habe mich schon gewundert«, murmelte Thasri. »Aber so ergibt es Sinn. Also steht das Ziel unserer Reise nun fest.«

      Es gab Zweifel, viele Fragen, jedoch keinen weiteren Widerspruch.

      Damit war es besiegelt.

      7

      Simm, die Heimatwelt der Simmi, war zweimal so groß wie die Erde, dreimal so schön und unendlich gefährlicher. Ein Planet mit einer tropischen Temperatur aufgrund der Nähe zum Gestirn; herumgewirbelt und geknetet durch die Schwerkraft eines Doppelsterns sowie dreier weiterer Gasgiganten des ansonsten wie leer gefegten Sonnensystems, hatte sich darauf eine Zivilisation entwickelt, deren Existenz eine beständige Herausforderung war. Der evolutionäre Druck war erheblich, genauso erheblich wie die damit verbundenen Gefahren, und beides hatte dazu geführt, dass die Simmi sehr früh auf die Idee gekommen waren, diese geliebte und gefürchtete Heimat zu verlassen. Die Suche nach einem Ort, in dem keine beständigen Stürme tobten und Fauna und Flora nicht durchgehend damit befasst waren, neue Wege zu ersinnen, ihre intelligenten Mitbewohner umzubringen, hatte sie ins Weltall und am Ende in Kontakt mit den Menschen geführt. Als sich herausgestellt hatte, dass die Terraner nicht viel freundlicher als der räuberische Gierstiger oder die hinterhältige, handtellergroße Rohdmücke waren, hatten sich die Simmi mit der Erkenntnis arrangieren müssen, dass es keinen Ort der Ruhe für sie gab, wenn sie ihn sich nicht selbst schufen.

      Das war der Moment, in dem sie mit Ilimm das große, beeindruckende, ja einschüchternde Habitat um den Orbit Simms errichteten, eine Welt, die ihre Welt umkreiste, ein metallenes Konstrukt mit einem Durchmesser von gut fünfzehn Kilometern, eines der größten artifiziellen Bauwerke der Gegenwart und der Gipfel der Ingenieurskunst dieses einfallsreichen Volkes. 36 Erdenjahre dauerte die Konstruktion und sie war im Grunde nie beendet, ein Projekt für Generationen. Ilimm war nicht nur der Ort, an dem gut die Hälfte der im System lebenden Simmi ihr Leben verbrachte, sondern auch der inoffizielle Regierungssitz. Offiziell gab es noch einige große Städte unten auf der Planetenoberfläche, eine davon die Hauptstadt, doch die allermeisten Simmi hatten diese längst verlassen, der beständigen Unwägbarkeiten müde. Sie waren nun ein Volk der Raumfahrer, die die ruhige, beharrliche und ewig lauernde, aber im Regelfall berechenbare Bedrohung des Vakuums der chaotischen und stetem Wandel unterworfenen Lebensumgebung ihrer alten Heimat vorzogen.

      Die Simmi, so sagte man in der Galaxis, wollten eigentlich nur ihre Ruhe haben. Doch die Galaxis war gegen sie, schon immer.

      Heinrichs hatte für diese Lebenseinstellung ein großes Verständnis. Vielleicht war er tief in seinem Herzen auch ein Simmi, allen äußerlichen Unterschieden zum Trotz. Ihr ästhetisches Empfinden jedenfalls sprach ihn an: Ilimm, beleuchtet von der aktuell gut stehenden kleineren der beiden Sonnen, begleitet durch die weite grünblaue und intensiv wirbelnde Scheibe der Welt unter ihr, war dem Auge wohlgefällig. Auch dem der Menschen. Heinrichs glaubte, dass nach dem Erstkontakt es vor allem der Neid der imperialen Beobachter war, der zum ersten Krieg gegen diese Zivilisation geführt hatte. So etwas wie Ilimm war ein Schmuckstück. Es zu klauen oder in Besitz zu nehmen, erforderte einen großen Ressourcenaufwand und viele Opfer, aber Rationalität war selten die Grundlage der Entscheidungen des Imperiums, wenn es um das Anzetteln eines bewaffneten Konflikts ging.

      Nun, die Simmi hatten sich erfolgreich gewehrt. Mehr als einmal. Irgendwann hatten die Menschen es dann aufgegeben und die Kalten hatten dafür gesorgt, dass ihre Aufmerksamkeit in andere Richtungen ging. Es herrschte Frieden, soweit man die Abwesenheit von Krieg als solchen bezeichnen wollte. Es gab diplomatische Beziehungen, etwas Handel. Man hatte sich aneinander gewöhnt, ohne große Begeisterung für die jeweils andere Seite zu entwickeln. Terranische Kriegsschiffe tauchten hier nur auf, wenn es zu offiziellen Flottenbesuchen kam, die man als Quelle möglicher Missverständnisse eher vermied.

      Die Ankunft der Santiago im Raum um Ilimm sorgte daher für … Interesse.

      »Sie melden sich«, sagte Shibutani, der selbst an der Komstation saß, weil er nicht wollte, dass jemand die falschen Worte zum falschen Gelee sagte. Simmi auseinanderzuhalten, das war für einen Menschen völlig unmöglich, und selbst wenn die Exoskelette individuelle Markierungen aufwiesen, bedeutete das noch lange nicht, dass das gleiche Gallert in dem Ding steckte wie das, das letzte Woche darin saß. Auf Ilimm wie auf ihrer Heimatwelt benutzten Simmi die Außenverstärkungen nur, wenn sie sich in Gefahr begaben oder mit Aliens kommunizierten, in letzterem Fall nicht einmal das durchgängig. Manche zogen es auch vor, sich darin fortzubewegen, da es oft schneller ging und man das Gefühl von Sicherheit hatte. Die Geleeform eines Simmi war sehr verletzlich und die Exoskelette erfüllten auch eine wichtige psychologische Funktion.

      Und so war es auch nicht verwunderlich, dass der Simmi in der Leitstelle, der sie nun kontaktierte, eines trug, und es war auf dem Bildausschnitt gut zu erkennen.

      »Ich identifiziere das imperiale Kriegsschiff Santiago«, sagte er anstelle einer formalen Begrüßung. Die Betonung lag auf »Kriegsschiff«, und das kam ja auch nicht von ungefähr. Die normalerweise durchaus zurückhaltenden

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