In Stahlgewittern, aus dem Tagebuch eines Stoßtruppführers. Эрнст Юнгер
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Doch ich sprach ja vom Grabendienst. Man liebt solche Abschweifungen, man wird leicht gesprächig, um die dunkle Nacht und die endlose Zeit zu füllen. Deshalb bin ich auch bei einem bekannten Krieger oder einem anderen Unteroffizier stehen geblieben und lausche mit gespanntem Interesse seinen tausend Nichtigkeiten. Als Fähnrich werde ich auch öfters von dem wachthabenden Offizier, der sich ebenso unbehaglich fühlt, in ein wohlwollendes Gespräch verwickelt. Ja, er wird sogar ganz kameradschaftlich, redet leise und eifrig, kramt Geheimnisse und Wünsche aus. Und ich gehe gern darauf ein, denn auch mich drücken die schweren, schwarzen Wälle des Grabens, auch ich bange nach Wärme, nach irgend etwas Menschlichem in dieser unheimlichen Einsamkeit.
Das Gespräch wird matter. Wir sind ermüdet. Apathisch lehnen wir an einer Schulterwehr und starren auf die glühende Zigarette des andern . . . .
Bei Frost trampelt man frierend auf und ab, daß die harte Erde von vielen Tritten erklingt. Sehr oft regnet es, dann steht man traurig mit hochgeschlagenem Mantelkragen unter den Regendächern der Stolleneingänge und lauscht dem gleichförmigen Falle der Tropfen. Hört man die Schritte eines Vorgesetzten auf der nassen Grabensohle, so tritt man rasch hervor, geht weiter, dreht sich plötzlich um, schlägt die Hacken zusammen und meldet: „Unteroffizier vom Grabendienst. Im Abschnitt nichts Neues!“ Denn das Stehen in den Stolleneingängen ist verboten.
Die Gedanken wandern. Man sieht in den Mond und denkt an schöne gemütliche Tage zu Hause oder an die große Stadt weit dahinten, in der jetzt gerade die Menschen aus den Kaffees strömen, und viele Bogenlampen das rege, nächtliche Treiben des Zentrums bestrahlen. Es scheint, als ob man das nur irgendwo geträumt hätte.
Da raschelt irgend etwas vorm Graben, zwei Drähte klirren leise. Im Nu zerflattern die Träume, alle Sinne sind bis zum Schmerz geschärft. Man klettert auf den Postenstand, schießt eine Leuchtkugel hoch: nichts rührt sich. Es wird wohl nur ein Hase oder Rebhuhn gewesen sein.
Oft hört man den Gegner an seinem Drahtverhau arbeiten. Dann schießt man rasch hintereinander dorthin. Nicht nur, weil es befohlen ist, man empfindet auch eine gewisse Befriedigung dabei. „Jetzt sitzen sie drüben aber in Druck. Vielleicht hast du sogar einen getroffen.“ Auch wir ziehen fast jede Nacht Draht und haben häufig Verwundete. Dann fluchen wir auf diese gemeinen Schweine von Engländern.
Mitunter hört man auch ein pfeifendes, flatterndes Geräusch nach dumpfem Abschuß. „Achtung, Mitte!“ Man stürzt zum nächsten Stolleneingang und hält den Atem an. Die Minen krachen ganz anders, viel aufregender als die Granaten. Sie haben überhaupt so etwas Reißendes, Hinterlistiges, etwas von persönlicher Gehässigkeit. Es sind heimtückische Wesen. Die Gewehrgranaten sind nicht viel besser. Leuchtet es an bestimmten Stellen des feindlichen Hinterlandes auf, so springen alle Posten von ihren Ständen und verschwinden. Sie wissen aus langer Erfahrung ganz genau, wo die Geschütze stehen, die auf den Abschnitt C eingerichtet sind.
Endlich zeigt das Leuchtzifferblatt, daß zwei Stunden verflossen sind. Nun rasch die Ablösung geweckt und in den Unterstand. Vielleicht haben die Essenholer Briefe, Pakete oder eine Zeitung mitgebracht. Man empfindet ein ganz merkwürdiges Gefühl, wenn man die Nachrichten von der Heimat und ihren friedlichen Sorgen liest, während die Schatten der flatternden Kerze über das niedrige, rohe Gebälk huschen. Nachdem ich mir mit einem Holzspan den gröbsten Dreck von den Stiefeln gekratzt und an ein Bein des primitiven Tisches gestrichen habe, lege ich mich auf die Pritsche und ziehe meine Decke über den Kopf, um für vier Stunden zu „röcheln“, wie der Fachausdruck lautet. Draußen knallen die Geschosse in eintöniger Wiederholung auf Deckung, eine Maus huscht über Gesicht und Hände, ohne meinen festen Schlaf zu stören. Auch vor dem niederen Getier habe ich Ruhe, wir haben den Unterstand erst vor einigen Tagen gründlich desinfiziert.
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