Franz Joseph. Katrin Unterreiner

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Franz Joseph - Katrin Unterreiner

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Willen mit sich reißt. Er wird häufig ausgezankt, aber es ist, als spräche man zu einer Kuh.« Vor allem aber ihr dritter Sohn, Karl Ludwig, machte Sophie große Sorgen: »Er macht den Eindruck eines dicken, kleinen Bauernbuben und wenn der Hofpfarrer nach Aufbietung seiner ganzen Geduld glaubt, ihm etwas begreiflich gemacht zu haben, da sagt er ein einziges Wort, aus dem erhellt, dass er aber schon gar nichts verstanden hat.«3

      Im Unterschied zu Franz Joseph, der von frühester Kindheit an geradezu zum Kaiser dressiert wurde, wuchsen seine Brüder unbeschwert auf. Dennoch hatten die Brüder als Kinder ein sehr inniges Verhältnis und verbrachten viel Zeit miteinander.

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      [2] Die Erzherzoge Franz Joseph, Ferdinand Max und Karl Ludwig, Lithographie von Joseph Kriehuber, 1844

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      [3] »Allerhöchstes Handschreiben« des Kaisers mit eigenhändiger Unterschrift die Pensionierung seiner Kinderfrau Baronin Sturmfeder betreffend

      3 Mit dem vollendeten sechsten Lebensjahr folgte eine große Zäsur im Leben des kleinen Erzherzogs, der bis dahin zusammen mit seinen Brüdern in der sogenannten Kindskammer aufgewachsen und von seiner »Amie«, wie er seine Aja (Erzieherin) Louise Baronin Sturmfeder zärtlich nannte, betreut und erzogen worden war. Nun musste er ein eigenes Appartement beziehen und kam der Tradition entsprechend »zu den Männern«. Da seine Aja seine Hauptbezugsperson gewesen war, die er wie eine Mutter liebte, war diese Trennung sehr hart und auch Baronin Sturmfeder brach es das Herz, ihren Franzi hergeben zu müssen und von nun an, dem Protokoll entsprechend, auch keinen Kontakt mehr zu ihm haben zu dürfen. Sie blieb zunächst noch Aja seiner jüngeren Brüder, als aber auch diese schließlich der Kindskammer entwachsen waren, erhielt sie zwar eine kleine Wohnung in der Hofburg, sah »ihre Kinder« jedoch meist nur noch von Weitem. Der Überlieferung nach bestand ihr einziger Kontakt zu den Buben, die sie auch ihrerseits in ihrem neuen »Männerhaushalt« schmerzlich vermissten, darin, dass ihr die Kinder, die ein Stockwerk über ihr wohnten, geheime Botschaften und Geschenke, die sie an einem Bindfaden herabließen, schickten und sie auf demselben Wege mit kleinen Bildern und Briefen antwortete. In ihrem Tagebuch notierte sie verzweifelt: »Über meinem Kopfe trappen sie den ganzen Tag herum, ich bin also gezwungen an sie zu denken und im Garten seh ich sie und darf nicht zu ihnen, muss ihnen ausweichen. Es ist eine namenlose Pein. Habe ich sie denn nicht lieb genug gehabt? Wäre es nicht Glück für mich, hätte ich sie nie lieb gehabt?«4 Schließlich fand sich eine glückliche Lösung: Louise Sturmfeder wurde ins Gefolge der Kaiserinwitwe Caroline Auguste aufgenommen. Damit hatte sie wieder engen Kontakt zu »ihren Kindern«, da diese regelmäßig Besuch von ihrer Großmutter, zu der sie eine sehr innige Beziehung hatten, erhielten und diese nun von ihrer »Amie« begleitet wurde.

      Um seine Ziehmutter gut versorgt zu wissen, wies ihr Franz Joseph schließlich in diesem Schreiben eine lebenslange Pension zu: »Besonders liebe Großmutter, Eure Majestät! Ich genehmige die von der Hofdame Louise Freyin von Sturmfeder mit Euerer Majestät Zustimmung angesuchte Dienstenthebung und bewillige derselben auf Lebensdauer den Fortgenuß aller bisherigen Bezüge mit Einschluß der Naturalwohnung, des Gebrauches einer Hofequipage und des Damendiners, in welcher Beziehung Ich unter Einem das erforderliche an Meine Obersten Hofämter erlaßen habe. Eurer Majestät treulich ergebener Enkel Franz Joseph, Schönbrunn am 15. Mai 1865.«

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      [4] Das »Wettrennen am 29. May 1842«, eigenhändige Zeichnung des zwölfjährigen Erzherzogs

      4 Im Alter von zwölf Jahren hielt Erzherzog Franz ein »Wettrennen« fest, das am 29. Mai 1842 mit seinen Freunden auf einer Rennbahn im Burggarten veranstaltet worden war. Teilgenommen hatten die Söhne seines Kammervorstehers Carl (Charly) und Markus Bombelles, die Söhne des Staatskanzlers Richard und Paul Metternich, »Franzis« jüngerer Bruder Ferdinand Max, Franz Coronini, der Sohn seines Erziehers, und Dionys (Dénes) Széchényi, der ebenfalls zum engsten Umfeld des Erzherzogs zählte. Die Burschen trugen in sportlicher Kleidung offenbar auch ein Fechtturnier aus.

      Die Zeichnung stellt einen der wenigen ausgelassenen Momente im Leben des jungen Erzherzogs dar, der von Kindheit an zum Kaiser gedrillt wurde. Im Jahr, als diese Zeichnung entstand, wurde sein Stundenplan auf fünfzig Wochenstunden erweitert. Er lernte neben Deutsch, Französisch, Ungarisch, Tschechisch und Latein Geschichte, Geographie, Rechtskunde, Politikwissenschaft, Physik, Chemie, Mathematik – und vor allem Religion. Dazu kam noch Tanzen, Reiten, Exerzieren. Sein Weltbild wurde konsequent klerikal und militärisch geprägt – Werte, die später seine gesamte Regierungszeit prägen sollten. Am Abend standen neben Verwandtenbesuchen – meist seiner Großmutter, Onkel und Tanten – auch Theateraufführungen oder Kinderbälle auf dem Programm, um den Erzherzog auf das gesellschaftliche Parkett vorzubereiten. Franz versuchte stets, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen, und verrichtete verlässlich seine Pflicht – ausgelassene Stunden mit Gleichaltrigen waren eine absolute Seltenheit, unter anderem auch, um seine erhabene Stellung zu betonen. Umso mehr freute sich der Zwölfjährige über diese Ausnahme und hielt sie in einer Skizze fest. Sie zeugt auch vom zeichnerischen Talent, das Franz Joseph als Jugendlicher entwickelte. Während sich der spätere Kaiser bereits seit seiner frühesten Jugend vor allem für alles Militärische interessierte und sich als völlig unmusikalisch und wenig kunstbegeistert erwies, gehörte Zeichnen nicht nur zu seinen Lieblingsfächern, sondern war auch das einzige künstlerische Talent, über das er verfügte.

      Der junge Kaiser

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      [5] Kaiser Franz Joseph, Porträt des jungen Kaisers in Uniform mit Ordensschmuck, Gemälde, um 1849

      5 Als im Zuge der bürgerlichen Revolution 1848 absehbar wurde, dass mit dem schwachen und kranken Kaiser Ferdinand für die Monarchie ernsthafte Gefahr bestand, war Sophies Stunde gekommen. Da bald deutlich war, dass der Kaiser werde abdanken müssen, und auch Franz Josephs Vater, Franz Karl, nicht die Persönlichkeit war, der man die nötige Intelligenz, Tatkraft und das entsprechende Auftreten zutraute, war immer öfter vom jungen Erzherzog Franz als Nachfolger die Rede. Sophie war an ihrem Ziel angelangt: Ihr Sohn sollte Kaiser werden. Geschickt und energisch lenkte sie die Beratungen – nur in einem Punkt konnte sie sich nicht durchsetzen. Sophie wollte unbedingt, dass sich Franz in Erinnerung an den von ihr verehrten und geschätzten Kaiser Franz I. »Franz II.« nennen sollte. Die Politiker sprachen sich jedoch entschieden dagegen aus, da sich mit dem jungen Kaiser auch eine neue Ära ankündigen sollte und »Franz II.« zu sehr an die unmittelbare Vergangenheit anknüpfte. So entschloss man sich zum Doppelnamen Franz Joseph, wobei »Joseph« ganz bewusst an den großen Reformkaiser Joseph II. erinnern sollte. Franz Joseph sollte also gleichermaßen für Tradition und Fortschritt stehen.

      Sophies Hoffnungen erfüllten sich schließlich am 2. Dezember 1848, als Kaiser Ferdinand abdankte, ihr Mann Franz Karl auf den Thron verzichtete und Franz Joseph im Alter von achtzehn Jahren Kaiser von Österreich wurde. Obwohl er von Kindheit an auf seine Aufgabe vorbereitet worden war, kam die Thronbesteigung dennoch unerwartet früh. So verließ er sich von Beginn an in allen Belangen blind auf das Urteil und die Beratung seiner Mutter – eine Konstellation, die zwar für ein stabiles Machtgefüge bei Hof sowie in der Regierung sorgte, privat jedoch auch bald zu Problemen führen sollte.

      6 Als Franz Joseph den Thron bestieg, wurde er Monarch des nach Russland mit 56 Millionen Einwohnern zweitgrößten Staates Europas, in dem zahlreiche Völker, Sprachen und Religionen vereint waren. Dazu zählten neben Österreich das Königreich Böhmen mit Schlesien, Mähren, Galizien, Lodomerien und der Bukowina im Nordosten, das Königreich Ungarn mit Kroatien, Slavonien, Dalmatien, Siebenbürgen, der Wojwodina und dem Banat im Südosten sowie das Königreich Lombardo-Venezien. Die Amtssprachen war Deutsch

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