Halt. Michael Donkor

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Halt - Michael Donkor

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Ellbogen auf ihren Beinen ruhen, die sie spreizte wie ein Mann, und beugte sich vor, um den Stempel der Kaffeekanne nach unten zu drücken.

      »Du willst wahrscheinlich keinen Kaffee, Be?«

      »Nein. Nein danke, meine ich. Mir ist er zu stark, auch wenn ich weiß, dass du ihn so magst.« Amma runzelte die Stirn, senkte leicht den Kopf. »Ich hoffe, er schmeckt dir.«

      »Bestimmt.« Amma kippte Milch hinein, lehnte sich zurück und wartete offenbar auf die nächste Geste, den nächsten Satz. Da nichts kam, schüttelte sie den Kopf und lutschte glänzende Tropfen von ihrem kleinen Finger. Sie streckte die Hand aus und biss in einen bofrot. Belinda tat der Krapfen fast leid, der diesem Angriff nicht standhielt. Wobei sie sich selbst natürlich noch mehr leidtat.

      Die Ausstattung des oberen Zimmers war in Belindas Augen möglicherweise der Grund, warum das Gespräch zwischen den beiden, die standen, und der einen, die saß, derart ins Stocken geriet. Dieses zweite Wohnzimmer wirkte überhaupt nicht wohnlich, sondern überkandidelt. Belinda hatte nur einmal ein Museum besuchen dürfen, anlässlich eines kulturhistorischen Pflichtausflugs, für den Mutter eisern gespart hatte. Das hier war auch ein Museum. Festliche Kenteschals waren hinter Glas erstarrt und machten die Wände regenbogenbunt. Daneben hingen riesige Gemälde von blutroten Sonnenuntergängen und Kolabäumen, Krüge tragenden Frauen, gekrümmten Greisen, die sich auf lange Stöcke stützten. Die schwarzen Gestalten waren auf diesen Bildern jedoch drahtig und langgezogen, während der Hintergrund irgendwie dunstig gemalt war: Bilder einer Welt, die viel traumhafter anmutete, als Belinda sie in Erinnerung hatte.

      Die Regale waren eher für Zierrat und gerahmte Dokumente bestimmt als für Bücher. In einem Regal waren mehrere Urkunden mit schwarz verschnörkeltem Rand ausgestellt. Alle mit Hologrammen versehen, so glänzend wie Bonbonfolie. Auf den meisten stand in Großbuchstaben Ammas vollständiger Name, wobei der Zweitname Danquah auf unterschiedliche Weise falsch geschrieben war. In anderen Regalen standen reihenweise akuaba mit ausgebreiteten Armen stramm. Die flammenden Köpfe und verkniffenen Gesichtszüge der Fruchtbarkeitspuppen hatte Belinda schon immer merkwürdig gefunden – wie konnte ein so hässlicher Gegenstand die Geburt eines wonnigen Babys herbeiführen?

      »Siehst du, wie sehr unsere traditionellen Artefakte Belinda in Bann schlagen? Gefällt dir meine Sammlung? Die Puppen?«

      »Eine sehr große Sammlung … sehr ungewöhnlich.«

      »Sie wirken so … so mürrisch, findest du nicht, Ma? Am liebsten würde man sich diese Schätzchen vorknöpfen und sie fragen, warum sie so angefressen sind«, sagte Amma mit vollem Mund.

      »Vorknöpfen? Angefressen? Was meinst du damit?«

      Aber da warf Nana ein: »Manche Weiße sammeln ja Briefmarken oder Münzen oder sonst was, vielleicht ist das meine Spielart. Jedes Mal, wenn ich in unsere Heimat fahre, nehme ich mir vor, ein oder zwei dieser Puppen aufzustöbern, besonders schöne, um meine Sammlung zu ergänzen. Am Anfang ging es mir auch ein bisschen um den juju, das will ich gar nicht leugnen.« Nana griff sich an den Kopf und zupfte mit ihren goldenen Fingern ein paar lose, ergrauende Locken zurecht. »Nachdem ich so viele Jahre gehofft und gebetet hatte, sammelte ich einfach weiter, sogar nach der Geburt meines kleinen Mädchens, weil ich … weil ich das Gefühl habe, dass diese Puppen mich beschützen. So erkläre ich es mir jedenfalls. Verstehst du?«

      »Du klammerst dich an die Vergangenheit, Mater. Wär’s nicht besser, sich davon zu trennen? Ich bin sicher, Oxfam wäre entzückt über einen Posten dieser goldigen Figürchen – und dann noch so herrlich symmetrisch: afrikanische Kleinode retten afrikanische Menschenleben, bla bla bla.«

      »Wie witzig. Schön für dich. Gratuliere zu deinen Künsten als Komikerin. Müsste dein Vater jetzt nicht arbeiten, hätte er bestimmt einen Riesenspaß und würde sich hier mit dir schieflachen. Wenn ich aber von dieser Zeit vor deiner Geburt rede? Ist mir ganz und gar nicht nach Lachen zumute. Es war schwer, so lange auf dich zu warten, Amma – die allerschwerste Zeit meines Lebens.«

      Sie wedelte Ammas Antwort beiseite, nahm sich eine Serviette und legte ein bofrot-Bällchen darauf. Belinda überlegte, ob sie einen Spritzer Zitronensaft hätte hinzufügen sollen, um den Geschmack zu verstärken.

      Etwas schien Nana zu amüsieren. »Es war vielleicht mein dritter oder vierter Heimatbesuch, nachdem ich begonnen hatte, die Puppen zu sammeln; meine Mutter hatte schwere Rückenschmerzen. Sie klagte sehr und kam auf die schrecklichsten Ideen: ihr Rückgrat sei verfault und werde bald rausfallen. Adjei! Was für eine grauenhafte Vorstellung. Zu dieser Zeit machten sich ihre Nachbarn alle über diesen kwadwo besia lustig, der durch das Dorf gezogen war. Belinda, was meinst du? Wie könnten wir Amma erklären, was ein kwadwo besia ist?«

      Belinda blinzelte mehrmals, zog am gestreiften Träger ihrer Schürze und zuckte dann mit den Schultern.

      »So ähnlich wie diese … Tunten. Lily Savage, Edna Everage. Amma, ich hatte dich doch mal gefragt, ob Margarita Pracatan auch so eine ist? Egal, jedenfalls hatten mir die Nachbarn erzählt, dass er sogar eine akuaba auf dem Rücken trug, wie eine richtige Frau, die sich nach einem Kind sehnte, so wie ich. Und ich dachte: nein, das kann nicht sein, die lügen, so weit kann doch niemand gehen, wenn er so tut als ob. Aber dann, an einem Nachmittag, habe ich ihn selbst gesehen! Es war wie in der Shopping Mall, wenn man dort zum ersten Mal den Weihnachtsmann sieht. Er klopfte an eine Haustür, um etwas Kleingeld zu erbetteln. Adjei, sowas hatte ich noch nie gesehen, Belinda. Über 1,80 groß und mit so einem glitzernden Nachtclubfummel, der nur knapp den Hintern bedeckte und seine riesenlangen Beine frei ließ. Und dann dieses Haar! Eine Perücke, die so aussah, als hätte er sie am Straßenrand aufgelesen. Wie zertrampelt. Und dazu hatte er sich eine dieser Puppen, eine richtig große, auf den Rücken geschnallt, so wie es bei uns normale Frauen tun, als wäre er normal. Was haben wir gelacht! Beide! Meine Mutter, die seit Wochen bettlägerig war und immer nur stöhnte und klagte, lachte auf einmal so heftig, dass wir schon Angst hatten, sie würde sich einnässen! Die Kleinen eilten alle herbei, um den Frau-Mann mit Stöcken und faulen Papayas zu bewerfen, und als der kwadwo besia wegrennen wollte, war er nicht schnell genug mit seinen Damenschuhen!«

      Nana unterbrach sich, um einen Bissen zu nehmen, und tat so, als müsste sie sich eine Lachträne wegwischen. Belinda wäre es lieber gewesen, wenn Amma nicht schon wieder an die Decke gestarrt hätte, noch verstockter als vorhin. Es wäre ihr lieber gewesen, wenn Amma nicht die Augen geschlossen und eine so friedliche Miene aufgesetzt, wenn sie nicht so gleichmäßig geatmet hätte, dass Belinda ein Täuschungsmanöver witterte.

      »Ich dachte, den kwadwo besia gibt es nur im Fernsehen. In Komödien. Nicht im wirklichen Leben. So einem leibhaftig zu begegnen, ist sicher sehr beeindruckend«, sagte Belinda zaghaft.

      »Und warum bist du so ernst, Miss Otuo? Und das bei einer meiner Lieblingsanekdoten. Willst du mir nicht wenigstens ein winziges Lächeln schenken? Kein dankbares Publikum hier, was?!«

      »Kwadwo be-sia. Kwadwo be-sia«, flüsterte Amma und fügte dann mit Nachdruck hinzu: »Ich habe meine ganz eigenen Erinnerungen an Ghana.«

      »Ja! Sehr gut! Die solltest du auch mit deiner Schwester Belinda teilen. Großartig.« Nana ließ sich in einem der Sessel nieder und forderte Belinda auf, den anderen zu nehmen. »Man könnte glauben, du interessierst dich gar nicht für das, was in der Heimat los ist. An Ostern hattest du so viele Ausreden, um nicht mitzukommen, dabei hättest du Belinda schon im prachtvollen Haus deiner Aunty kennenlernen können. Manche Teile von Kumasi sind inzwischen so schön, dass man fast das Gefühl hat, in Los –«

      »Ich könnte wetten, an diese Geschichte erinnerst du dich nicht, Mum.«

      »Wir

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