Sophienlust Box 14 – Familienroman. Aliza Korten
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Читать онлайн книгу Sophienlust Box 14 – Familienroman - Aliza Korten страница 10
»Ich muss nach den Zwillingen sehen, Nick«, fiel ihr ein. »Willst du mitkommen? Ich habe noch etwas Kuchen vom Sonntag.«
Da sagte Nick nicht nein. Wenig später saß er in Carolas blitzblanker Küche und verzehrte schweigend und erstaunlich rasch zwei riesige Kuchenstücke, während die junge Hausfrau und Mutter die Fläschchen für ihre Sprösslinge vorbereitete.
»Viel Arbeit, gleich zwei Kinder«, meinte Nick mit vollem Mund.
»Im Kinderheim sind es doch weit mehr«, lachte Carola glücklich. »Ich bin dankbar und froh, dass ich nicht nur ein Kind habe. Zwillinge waren genau richtig für unsere Familie.«
»Das finde ich auch«, erklang unvermutet Wolfgang Rennerts Stimme. Der Lehrer war hereingekommen, ohne dass die beiden ihn bemerkt hatten. Er umarmte seine Frau liebevoll und so stürmisch, dass die Fläschchen dabei in Gefahr gerieten. Schließlich einigten sie sich, indem jeder ein Fläschchen und ein Kind übernahm. Nick verabschiedete sich, denn mehr Kuchen war leider nicht vorhanden.
Noch am gleichen Tag suchte und fand der Junge eine Gelegenheit, die Geschichte von Micki Luftballon mit ein paar phantasievollen Ausschmückungen Isolde von Rettwitz zu erzählen. Zu seiner Enttäuschung hörte seine große Freundin zwar höflich und aufmerksam zu, doch sie schien von dem ungeklärten Schicksal des Kindes nicht sonderlich beeindruckt zu sein.
*
Lieselott Engel bremste ihren knallroten Mini-Minor genau vor dem Gartentor des Bungalows. Vom Rücksitz angelte sie zwei große Tüten aus dem Supermarkt, ehe sie ausstieg und den Mini abschloss.
Die blonde Lieselott war als Sekretärin in einem großen Bürohaus in der Innenstadt tätig. Sie verdiente recht gut und konnte sich außer dem Mini-Minor eine nette Kleinwohnung und einen verhältnismäßig anspruchsvollen Lebensstil leisten. Trotzdem strebte sie nach mehr. Die Verbindung mit Isolde hatte sie ursprünglich in der Hoffnung aufrechterhalten, durch die Familie mit reichen jungen Männern Kontakt zu bekommen. Denn Lieselott hatte durchaus nicht die Absicht, ihr Dasein bis in alle Ewigkeit hinter einer elektrischen Schreibmaschine zu fristen. Bisher war ihr jedoch der richtige Freier noch nicht über den Weg gelaufen. Insgeheim beneidete sie Isolde um ihr Glück. Achim von Rettwitz war von Haus aus vermögend, führte einen klangvollen Namen und würde im Staatsdienst unter allen Umständen eine steile Karriere machen.
Seit Isolde nun in Sophienlust war, gaukelte sich Lieselott vor, dass Achim sie nicht entbehren könne. Fast jeden Abend war sie mit ihm zusammen, und heute wollte sie in seiner Küche für ihn und sich selbst ein leckeres Abendessen zubereiten. Anfangs war Achim noch ein wenig abweisend und zurückhaltend gewesen, doch inzwischen schien er für ihre ständige Hilfsbereitschaft dankbar zu sein.
Lieselott drückte auf den Klingelknopf. Als niemand öffnete, angelte sie aus ihrer Handtasche den Schlüssel, den sie sich schon vor ein paar Tagen von Achim ausgebeten hatte. Kurz darauf betrat sie das Haus.
Mustergültige Ordnung empfing sie. Es stimmte, Achim kam im Grunde genommen auch ohne Hilfe zurecht. Offenbar war heute gründlich geputzt worden. Lieselott konnte kein Stäubchen entdecken. In der Küche stand auch kein schmutziges Geschirr herum. Die Küche war blitzblank und aufgeräumt.
Lieselott stellte ihre Tüten ab und packte aus. Da sie nicht zum ersten Mal in dieser Küche war, brauchte sie nicht lange zu suchen. Sie legte kaltes Fleisch auf eine Platte, verteilte leckere Salate in kleine Glasschalen und überzeugte sich, dass im Kühlschrank Wein kalt gelegt war. Ja, das hatte Achim also nicht vergessen! Um ihren vollen Mund spielte ein befriedigtes Lächeln.
Leise vor sich hinsummend, deckte Lieselott im Speisezimmer den Tisch. Sie nahm die weißen Stickerei-Sets und gute Servietten. Auch das beste Silberbesteck und die kostbaren Kristallgläser kamen auf den Tisch, dazu die beiden Leuchter. Es sollte ein ganz festlicher Abend werden – und natürlich sehr gemütlich und intim.
Als Vorspeise sollte es eine klare Schildkrötensuppe geben, die Lieselott aus einer Dose in den Topf tat, sodass sie später nur eben gewärmt zu werden brauchte. Zum Fleisch und den Salaten würde sie heißes französisches Weißbrot reichen, das sie bereits in den Backofen geschoben hatte.
Fertig!
Lieselott ging ins Bad, wusch sich sorgsam die tadellos manikürten Hände und überprüfte ihr Aussehen. Das neue hellgrüne Kleid umschloss ihre schlanke Figur eng wie eine zweite Haut. Ihr blondes Haar hatte sie in der Mittagspause beim Friseur waschen und legen lassen. Am Make-up war nicht das Geringste auszusetzen. Vielleicht noch ein bisschen Parfüm hinter die Ohren …
So, nun konnte Achim kommen.
Leider ließ der Hausherr zunächst einmal auf sich warten. Lieselott schaltete das Radio ein und setzte sich in einen tiefen Sessel. Doch sie war unruhig und sprang immer wieder auf, um aus dem Fenster zu sehen. Während sie unverwandt auf die Straße starrte, gingen ihre Gedanken seltsame Wege.
Wenn ich seine Frau wäre, dachte sie, würde ich jeden Abend hier so stehen. Lieselott von Rettwitz! Das hört sich wirklich phantastisch an. Isolde will ja von Achim nichts mehr wissen, seit das Kind gestorben ist. Wenn sie einfach fortgeht, dann ist das ihre Sache.
Lieselott presste die Hände gegen ihr wild schlagendes Herz. Bis zu diesem Abend war es eigentlich nur ein Spiel gewesen, vielleicht sogar ein kleiner Flirt. Doch sie hatte respektiert, dass Achim verheiratet war. Jetzt sah sie die Situation anders an.
Achim hat ein Recht auf Glück, überlegte sie. Isolde hätte sich nicht so gehenlassen dürfen. Der arme Mann wird ja nach und nach zugrunde gerichtet, wenn sie so weitermacht.
Lieselott fand sehr viele Gründe für ihren einmal gefassten Plan. Als Achim gegen halb neun erschien, fiel sie ihm atemlos um den Hals. »Gott sei Dank, dass du da bist«, sprudelte sie hervor. »Ich hatte schon Angst, dass dir etwas passiert sei.«
Lächelnd befreite er sich aus ihrer Umarmung, hielt ihre Handgelenke jedoch mit beiden Händen fest. »Was soll mir schon passieren, Lieselott? Ich bin leider aufgehalten worden. Wir haben da einen komplizierten Fall, der mir Kopfzerbrechen verursacht.«
»Das nächste Mal musst du anrufen«, flüsterte sie. »Ich habe mir hier die schlimmsten Dinge ausgemalt und bin ganz durcheinander.«
Noch einmal kam sie dicht an ihn heran. Ihr Mund war so nahe vor dem seinen, dass es eigentlich ganz von selbst geschah. Sie schmiegte sich an ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Dann zog sie sich mit einem Lächeln zurück.
»Ich bin völlig durcheinander«, wiederholte sie. »Jetzt will ich das Essen fertig machen. Du musst ganz verhungert sein.«
»Ja, Lieselott, Hunger habe ich tatsächlich.« Seine Stimme klang anders als sonst. Er fand die blonde Lieselott an diesem Abend in ihrer gut gespielten Verwirrung verführerisch und bezaubernd.
»Schenk uns einen Sherry ein. Die Suppe ist in fünf Minuten warm, Achim«, rief sie von der Küche her, wo sie unterdessen auch den Ofen für das Weißbrot eingeschaltet hatte.
Achim erwartete sie mit den gefüllten Gläsern.
»Auf einen schönen Abend, Achim.« Ihre blauen Augen grüßten