Sehnsucht nach Hause. Elisabeth Kubler-Ross

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Sehnsucht nach Hause - Elisabeth Kubler-Ross

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Gästen vorbehalten. Ich hatte es ganz für mich allein. Das Haus bestand aus einem einzelnen, sehr großen, luftigen Raum, der eine sonderbare Ausstrahlung hatte. Ich war zum ersten Mal in den Bergen von Virginia, alleine in einer abgelegenen Gegend, etwa 20 Minuten zu Fuß vom Hauptgebäude entfernt.

      Alles, was ich wußte, war, daß ich zu weit gegangen war. Es war mir nicht klar, was das bedeutete, aber ich hörte es laut und deutlich: “Du bist zu weit gegangen!” Ich wußte, es war meine eigene Überzeugung. Ich war eigensinnig gewesen, und ich hatte das Gefühl, daß es nicht richtig war, schneller als Licht sein zu wollen und weiter gehen zu wollen als jeder andere vor mir. Es war keine Warnung und kein Tadel, sondern einfach eine Feststellung, und das bedeutete für mich: “Wenn du einmal dort gewesen bist und zurückkehrst, kannst Du nie wieder das sein, was du vorher warst.”

      Als ich das Haus betrat, hatte ich das unbehagliche Gefühl, als ob als Folge meines arroganten Verhaltens ein Unheil in der Luft liegen würde. Aber da ich die Sache angefangen hatte, würde ich sie auch zu Ende bringen.

      Es war ein sehr merkwürdiges Haus. Als ich mich schlafen legte, hatte ich das untrügliche Gefühl, nicht allein zu sein. Ich sah jedoch niemanden und hörte auch niemanden. Vergessen Sie nicht, ich war eine sachliche, rational denkende, schweizerische Wissenschaftlerin und glaubte nicht an geistige Führer oder Schutzengel. Dennoch war ich absolut sicher, nicht allein in dem Haus zu sein, weshalb ich mich nicht ganz auszog und erst recht kein Bad und keine Dusche nahm, weil ich dabei nicht beobachtet werden wollte. So kroch ich, mit meiner Unterwäsche bekleidet, ins Bett. Ich fühlte mich wie ein Angsthase.

      Ich war sehr unruhig und vermied es, einzuschlafen. Eine innere Stimme sagte mir, daß etwas passieren würde, wenn ich einschliefe. Aber gegen zwei oder drei Uhr morgens, war ich dann doch so müde, daß ich mich nicht mehr länger wach halten konnte. In dem Moment, als ich eingeschlafen war, brach die Hölle los – ein Alptraum, der mit Worten nicht zu beschreiben ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich Tausende von Patienten leiden und viele sterben sehen. Ich hatte ein sehr persönliches Verhältnis zu meinen Patienten und liebte sie sehr. In dem, was nun geschah, durchlitt ich buchstäblich den Tod jedes einzelnen meiner Patienten. Ich hatte Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und konnte kaum atmen. Die Schmerzen waren einfach unbeschreiblich. Ich nahm deutlich wahr, was in meinem Körper vor sich ging und wo die Schmerzen herkamen. In meiner Pein wünschte ich, jemand würde mir seine Schulter reichen, damit ich meinen Kopf anlehnen könnte. Ich fühlte mich wie eine Frau, die ein Kind erwartet und in den Wehen liegt. Das Atmen wurde immer schwieriger, und klar denken konnte ich auch nicht mehr. Ich wußte nur, daß ich die linke Schulter eines Mannes brauchte, um mich anzulehnen. Und dann hörte ich diese laute, donnernde Männerstimme. Sie war überall, neben mir, über mir, innerlich und äußerlich, und sie rief: “Es soll dir nicht gewährt werden.” Ich weiß, daß Gott weder eine Frau noch ein Mann ist, aber das war eindeutig eine harte, männliche Stimme. Ich wollte schon sagen: “Ich habe so vielen Menschen meine Schulter geboten, um ihnen Trost zu geben. Ich denke, ich habe es jetzt verdient, daß wenigstens einer mir hier beisteht.” Aber ich hatte weder die Kraft noch die Energie, es auszusprechen.

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