Sherlock Holmes - Seine Abschiedsvorstellung. Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes - Seine Abschiedsvorstellung - Arthur Conan Doyle

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Ausführung er dann den Tod fand. Ich sage ›verbrecherisch‹, weil nur ein Mann mit verbrecherischen Absichten den Wunsch hat, für ein Alibi zu sorgen. Wer also kommt dann am ehesten für den Mord an ihm in Frage? Doch wohl diejenige Person, gegen die der verbrecherische Anschlag gerichtet war. So weit, scheint mir, bewegen wir uns auf sicherem Boden.

      Damit wird nun aber auch ein Grund für das Verschwinden von Garcias Dienerschaft ersichtlich. Sie waren alle drei Komplizen bei diesem uns unbekannten Verbrechen. Klappte die Sache und kehrte Garcia zurück, so würde die Aussage des englischen Gentleman jeglichen Verdacht entkräften, und alles wäre in Ordnung. Indes, das Unternehmen war gefährlich, und kehrte Garcia innerhalb einer festgelegten Zeit nicht zurück, so mußte angenommen werden, daß er selbst ums Leben gekommen war. Für diesen Fall hatten sie deshalb vereinbart, daß sich die beiden Bediensteten an einen vorher bestimmten Ort begeben sollten, wo sie vor den Ermittlungen der Polizei in Sicherheit und außerdem in der Lage wären, den Anschlag später zu wiederholen. Das würde die vorliegenden Fakten doch umfassend erklären, nicht wahr?«

      Das ganze Durcheinander begann sich vor meinem geistigen Auge zu entwirren, und ich fragte mich, wie jedesmal, warum mir dies alles nicht längst schon klar gewesen war.

      »Aber warum sollte einer der Diener zurückkommen?«

      »Man könnte sich vorstellen, daß er in der Aufregung der Flucht etwas Kostbares, etwas, von dem er sich nicht trennen konnte, zurückgelassen hat. Dies würde seine Hartnäckigkeit erklären, denken Sie nicht?«

      »Nun ja, und was kommt als nächstes?«

      »Als nächstes kommt der Brief, den Garcia während des Abendessens erhalten hat. Er verweist auf einen Verbündeten auf der anderen Seite. Es fragt sich bloß, wo diese andere Seite ist. Ich habe Ihnen bereits dargelegt, daß es sich um ein großes Haus handeln muß und daß die Anzahl großer Häuser begrenzt ist. Die ersten paar Tage hier in diesem Dorf verbrachte ich mit einer Reihe von Spaziergängen, auf denen ich – in den Pausen zwischen meinen botanischen Studien – alle großen Häuser in der Umgebung auskundschaftete und die Familiengeschichte ihrer Bewohner unter die Lupe nahm. Ein Haus, ein einziges nur, erregte meine Aufmerksamkeit. Es war der berühmte, alte, im Stile Jakobs des Ersten erbaute Landsitz High Gable, der eine Meile hinter Oxshott und weniger als eine halbe Meile vom Schauplatz der Tragödie entfernt liegt. Die anderen Landhäuser gehören alle prosaischen, ehrbaren Leuten, die ein Leben fern aller Abenteuerlichkeit fuhren. Mr. Henderson von High Gable jedoch ist nach allem, was man so hört, ein merkwürdiger Mann, dem merkwürdige Erlebnisse durchaus widerfahren könnten. Ich konzentrierte also meine Aufmerksamkeit auf ihn und seine Hausgenossen.

      Ein eigenartiges Grüppchen, das kann ich Ihnen sagen, Watson – und der Mann selbst ist der eigenartigste von allen. Es gelang mir, unter einem plausiblen Vorwand bei ihm vorzusprechen, aber im grüblerischen Blick seiner dunklen, tiefliegenden Augen glaubte ich lesen zu können, daß er sich über den wahren Grund meines Besuches völlig im klaren war. Er ist ein kräftiger und energischer Mann um die fünfzig mit eisengrauem Haar, dicken, buschigen, schwarzen Augenbrauen, dem Gang eines Hirsches und dem Auftreten eines Imperators – ein gefährlicher, herrischer Mensch, hinter dessen pergamentenem Gesicht der Jähzorn lauert. Henderson ist entweder Ausländer öder hat längere Zeit in den Tropen gelebt, denn er wirkt gelblich und ausgedörrt, ist aber zäh wie Peitschenleder. Sein Freund und Sekretär, Mr. Lucas, ist ohne jeden Zweifel Ausländer; er ist schokoladenbraun, durchtrieben, glatt und katzenhaft, seine Sprechweise ist von giftiger Sanftheit. Sie sehen, Watson, jetzt haben wir bereits zwei Gruppen von Ausländern – eine in Wisteria Lodge und eine in High Gable –, womit sich die Lücken allmählich schließen.

      Diese beiden Männer, zwischen denen eine enge und vertraute Freundschaft besteht, bilden das Zentrum des Haushalts; daneben gibt es aber eine Person, die in unserem speziellen Zusammenhang vielleicht noch wichtiger ist. Henderson hat zwei Kinder, Mädchen im Alter von elf und dreizehn Jahren, und eine Miss Burnet, eine Engländerin von ungefähr vierzig Jahren, ist ihre Gouvernante. Zudem gibt es da noch einen ergebenen Diener. Diese kleine Gruppe bildet die Familie im engeren Sinn, denn sie reisen gemeinsam in der Welt umher, und Henderson ist ein großer Reisender, ein Mensch, der immer auf dem Sprung ist. Erst vor ein paar Wochen ist er, nach einjähriger Abwesenheit, wieder nach High Gable zurückgekehrt. Beizufügen wäre noch, daß er enorm reich ist und jegliche seiner Launen mit Leichtigkeit befriedigen kann. Im übrigen wimmelt es in dem Haus von Dienern, Lakaien, Dienstmädchen und dem sonstigen überfütterten, unterbeschäftigten Personal eines englischen Landhauses.

      All dies habe ich teils durch Dorfklatsch, teils durch eigene Beobachtung in Erfahrung gebracht. Es gibt kein willigeres Werkzeug als einen entlassenen, von Groll erfüllten Diener, und ich hatte das Glück, so einen aufzugabeln. Ich rede von Glück, aber natürlich wäre es mir kaum über den Weg gelaufen, wenn ich nicht danach Ausschau gehalten hätte. Jeder hat so seine Methode, wie Baynes zu sagen pflegt. Und meiner Methode ist es zu verdanken, daß ich John Warner, den ehemaligen Gärtner von High Gable, aufgegabelt habe, der von seinem anmaßenden Brotherrn in einer Aufwallung von Zorn gefeuert worden war. Er wiederum hatte Freunde unter dem Hauspersonal, das dem Herrn ohne Ausnahme mit Furcht und Abscheu gegenübersteht. Und damit hatte ich meinen Schlüssel zu den Geheimnissen des Hauses.

      Seltsame Leute, Watson! Ich will nicht behaupten, daß mir schon alles bis ins letzte klar ist, aber seltsame Leute sind sie allemal. Das Haus hat zwei Flügel, und die Dienerschaft lebt in dem einen, die Familie im anderen. Die beiden Gruppen kommen nicht miteinander in Berührung, mit Ausnahme von Hendersons Leibdiener, welcher der Familie das Essen serviert. Alles wird zu einer bestimmten Tür gebracht, der einzigen Verbindung zwischen den beiden Hausteilen. Die Gouvernante und die Kinder gehen kaum je außer Haus, es sei denn in den Garten. Henderson macht keinen Schritt ohne Begleitung. Sein dunkler Sekretär ist wie sein Schatten. Unter der Dienerschaft wird gemunkelt, der Hausherr habe eine entsetzliche Furcht vor irgend etwas. ›Hat dem Teufel für Geld seine Seele verkauft‹, sagt Warner, ›und fürchtet sich jetzt, daß sein Gläubiger auftaucht und sein Eigentum verlangt.‹ Niemand hat die leiseste Ahnung, woher diese Leute kommen oder wer sie sind. Sie sind äußerst gewalttätig. Henderson ist schon zweimal mit der Hundepeitsche auf jemanden losgegangen, und nur sein voller Geldbeutel und großzügige Abfindungen haben verhindert, daß er vor Gericht kam.

      Und nun, Watson, wollen wir unsern Fall einmal im Licht dieser neuen Informationen betrachten. Es ist so gut wie sicher, daß der Brief aus diesem merkwürdigen Haus kam und eine Aufforderung an Garcia war, einen bereits geplanten Anschlag auszuführen. Wer hat diese Mitteilung geschrieben? Es war jemand im Innern der Festung, und es war eine Frau. Wer anderes kann es gewesen sein als Miss Burnet, die Gouvernante? All unsere Überlegungen scheinen in diese Richtung zu weisen. Auf jeden Fall dürfen wir dies als Hypothese annehmen und schauen, was für Konsequenzen sich daraus ergeben würden. Ich darf hinzufügen, daß meine erste Vermutung, es könnte eine Liebesgeschichte in diese Sache hineinspielen, aufgrund des Alters und der Wesensart von Miss Burnet mit Sicherheit als nichtig ausgeschlossen werden kann.

      Wenn sie die Nachricht geschrieben hat, so war sie vermutlich eine Freundin und Verbündete von Garcia. Wie dürfte sie sich also verhalten haben, als sie von seinem Tod erfuhr? Falls seine Unternehmung eine verbrecherische war, so kam wohl kein Wort über ihre Lippen. In ihrem Herzen blieben aber gleichwohl Bitternis und Haß gegen diejenigen zurück, die ihn getötet hatten, und soweit dies in ihrer Macht stünde, würde sie wohl helfen, ihn zu rächen. Könnten wir sie also aufsuchen und für unsere Zwecke einzuspannen versuchen? Dies waren meine ersten Gedanken. Aber damit kommen wir zu einem düsteren Kapitel. Miss Burnet ist seit der Mordnacht von keiner Menschenseele mehr gesehen worden. Sie ist seit jenem Abend wie vom Erdboden verschwunden. Lebt sie überhaupt noch? Hat sie vielleicht in derselben Nacht den Tod gefunden wie ihr Freund, den sie herbeigerufen hatte? Oder wird sie lediglich gefangengehalten? Das ist der Punkt, den wir noch klären müssen.

      Ermessen Sie die Schwierigkeit der Lage, Watson. Wir

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