Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Sehr gern«, nickten Mutter und Sohn. »Herzlichen Dank für die Einladung.«
Sie verabschiedeten sich und gingen den Kiesweg hinunter. Der Bergpfarrer blieb einen Moment stehen und schaute ihnen hinterher.
Er war beeindruckt von Margot Richter. Anläßlich ihres sechzigsten Geburtstages hatte er einen Artikel über sie gelesen, der in einer großen Münchener Zeitung stand.
In den siebziger Jahren hatte sie ihren Mann kennengelernt und geheiratet. Damals war die Brauerei noch nicht das große Unternehmen, das es heute darstellte. Max Richter hatte sie von seinem Vater übernommen und erst nach seinem Tod gelang es der Witwe, sie zu einer der führenden Privatbrauereien Bayerns zu machen.
Von vielen in der Branche belächelt, arbeitete sie mit Verbissenheit und Zielstrebigkeit. Richterbräu war eine der ersten Brauereien, die auf den Begriff ›Bio‹ setzte und nur Hopfen und Gerste aus biologischem Anbau kaufte und verbraute. Der Erfolg gab Margot Richter recht, und heute belächelte niemand sie mehr.
Im Gegenteil, man begegnete ihr mit Respekt und Hochachtung.
Sebastian freute sich auf einen schönen Abend in interessanter Gesellschaft.
*
Langsam spazierten sie zum Hotel zurück. Mutter und Sohn genossen die Ruhe, die in dem Alpendorf herrschte.
»Ich könnt’ mich glatt hinlegen und einen Mittagsschlaf machen«, meinte Stephan.
Seine Mutter sah ihn erstaunt an.
»Das hast du seit deinem vierten Lebensjahr nicht mehr getan«, sagte sie.
»Da kannst du mal seh’n«, schmunzelte er. »Das macht die gute Bergluft. Bist’ net auch ein bissel müd’? Immerhin war es doch eine recht lange Fahrt von Straubig hierher.«
»Mal seh’n«, antwortete Margot Richter und schaute gespannt zum Hotel hinüber.
Dabei hoffte sie inständig, daß Stephan ihre Aufregung nicht bemerkte, denn aufgeregt war sie. Eigentlich müßten sie nämlich schon da sein.
Hoffentlich ging alles gut!
Sie betraten die Hotelhalle, und Stephan ging an die Rezeption, um sich die Schlüssel geben zu lassen. Verwundert bemerkte er, wie eine junge Frau seine Mutter anlachte und auf sie zulief.
»Frau Richter! Na, das ist aber ein Zufall«, hörte er die Unbekannte sagen, die für seine Mutter gar nicht so unbekannt schien.
»Angela? Sind Sie’s wirklich?« rief die Brauereibesitzerin. »Nun sagen Sie bloß, Ihre Eltern sind auch hier?«
»Ja«, nickte die junge Frau. »Eben angekommen.«
»Also, das ist ja net zu glauben«, schüttelte Margot den Kopf. »Wo sind sie? Ich würd’ sie gern’ begrüßen.«
»Sie haben sich hingelegt«, erklärte Angela Pfister. »Die Fahrt hat sie ein bissel angestrengt.«
Stephan hatte sich derweil die Schlüssel geben lassen und war zu ihnen getreten. Stirnrunzelnd schaute er seine Mutter an.
»Wie’s scheint, hast du eine Bekannte getroffen«, sagte er. »Willst du uns net bekannt machen?«
»Ja, natürlich«, erwiderte sie. »Angela, das ist mein Sohn, Ste-phan. Und das hier, Stephan, ist Angela Pfister. Die Tochter von dem Ehepaar, dessen Bekanntschaft ich im letzten Jahr gemacht hab’, als ich zur Kur in Davos gewesen bin.«
Stephan deutete eine knappe Verbeugung an. Er wußte nicht so recht, was er davon halten sollte. War es wirklich nur ein zufälliges Zusammentreffen oder steckte mehr dahinter?
Er wußte nur zu gut, daß seine Mutter ihn unbedingt verheiratet sehen wollte. Und es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß sie über Umwege versucht hätte, dem Schicksal ins Handwerk zu pfuschen.
Allerdings erinnerte er sich an den Namen. Mutter hatte seinerzeit, als sie aus der Schweiz zurückkam, von dem Ehepaar erzählt. Pfister – der Mann hatte irgendwas mit Lebensmitteln zu tun. Auch die Tochter hatte die Mutter erwähnt. Die hatte ihre Eltern über ein verlängertes Wochenende besucht.
Aber bis heute war der Name nie wieder gefallen. Also mußte es doch einer dieser merkwürdigen Zufälle sein, die das Leben immer wieder mit sich brachte.
»Kommst du dann?« fragte er und wandte sich schon zur Treppe um.
»Wo sind denn Ihre Zimmer?« fragte Margot die junge Frau.
»Oben, die Eltern wohnen in der Franz-Joseph-Suite, und ich hab’ das Zimmer daneben.«
»Was? Da sind wir ja Nachbarn«, rief die Brauereibesitzerin begeistert. »Da komm’ ich nachher gleich guten Tag sagen, wenn Ihre Eltern ausgeschlafen haben.«
»Sie werden sich freuen«, nickte Angela und ging mit ihr die Treppe hinauf.
Stephan Richter wußte indes immer noch nicht, was er von der ganzen Angelegenheit halten sollte. Aber wenn die Bekannten seiner Mutter tatsächlich ihren Urlaub ebenfalls in St. Johann verbrachten, dann konnte das ja nur bedeuten, daß man sich die ganzen Tage immer wieder über den Weg laufen wür-
de.
Ach, du lieber Gott, womöglich noch irgendwelche gemeinsamen Unternehmungen?
So hatte er sich den Urlaub allerdings nicht vorgestellt, und schon gar nicht in Gesellschaft einer Frau, die ihn kaum beachtet hatte, während er ihr vorgestellt wurde.
Stephan behauptete zwar von sich, nicht eitel zu sein, dennoch kränkte es ihn, daß Angela Pfister ihn gerade mal mit einem kurzen Blick gemustert hatte, während seine Mutter sie miteinander bekannt machte.
Was bildete die sich eigentlich ein?
So eine Schönheit war sie nun auch wieder nicht!
Sie hatten den Flur erreicht, auf dem die Zimmer und Suiten lagen. Während er seine Tür aufschloß, sah Stephan mit Entsetzen, daß Angela sich von seiner Mutter verabschiedet hatte und nun auf ihn zukam.
Wollte sie ihm etwa auch einen schönen Nachmittag wünschen?
Na, das konnte sie sich ersparen!
Allerdings hatte die junge Frau auch gar nicht die Absicht. Sie ging nur in seine Richtung, weil ihr Zimmer neben dem lag, das er bewohnte.
Margot Richter war bereits in ihrer Suite verschwunden. So sah sie nicht mehr, wie Angela ihr Zimmer aufschloß, Stephan kurz zunickte und eintrat.
Der hatte irgendwelche Schwierigkeiten mit seinem Schlüssel – oder machte die junge Frau ihn nervös? – und ärgerte sich noch mehr über Angela Pfister.
Obwohl er eigentlich gar keinen Grund dazu hatte.
Allerdings, wenn man sich ärgern will, findet man immer einen, und so saß Stephan Richter in seinem großen, gemütlich eingerichteten Hotelzimmer und starrte finster vor sich hin.
Am liebsten hätte