Denken und schöpferisches Werden. Henri Bergson

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Denken und schöpferisches Werden - Henri Bergson eva taschenbuch

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gehen. Wie dem auch sei, wir gaben in dieser Hinsicht in unserem ersten Buch nur Andeutungen, und wir beschränkten uns im zweiten noch auf Anspielungen, als wir den Plan de l’action — in dem die Vergangenheit sich in der Gegenwart zusammenzieht — verglichen mit dem Plan du rêve, in dem sich die Totalität der Vergangenheit unteilbar und unzerstörbar entfaltet. Aber wenn auch das Studium der Seele in concreto an individuellen Beispielen Sache der Literatur ist, so schien uns doch die Aufgabe der Philosophie zu sein, hier die allgemeinen Bedingungen der direkten unmittelbaren Selbstbeobachtung festzustellen. Diese innere Beobachtung wird durch die Denkgewohnheiten, die wir angenommen haben, verfälscht. Die hauptsächlichste Entstellung ist ohne Zweifel diejenige, die das Problem der Freiheit geschaffen hat, ein Pseudoproblem, das aus einer Verwechslung der wahren Dauer mit dem Raum entstanden ist. Aber es gibt noch andere, die denselben Ursprung zu haben scheinen: unsere Seelenzustände scheinen uns zählbar, diese oder jene unter ihnen sollen, in dieser Weise dissoziiert, eine meßbare Intensität haben, jedem von ihnen glauben wir die Worte substituieren zu können, die sie bezeichnen, und die sie dann überdecken, wir schreiben ihnen dann die Festigkeit, die Diskontinuität, die Allgemeinheit der Worte selber zu. Diese Hülle gilt es zu erfassen, um sie zu zerreißen. Aber man wird sie nur erfassen, wenn man zuerst ihre Gestalt und Struktur untersucht, wenn man auch ihre Bestimmung versteht. Sie ist von Natur räumlich, und sie hat eine soziale Bedeutung. Die Räumlichkeit also und in diesem ganz besonderen Sinn auch die Erfordernisse des Gemeinschaftslebens sind hier die wahren Ursachen für die Relativität unserer Erkenntnis. Wenn wir diesen trennenden Schleier entfernen, dann kehren wir zum Unmittelbaren zurück und berühren ein Absolutes, ein Unbedingtes.

      Aus diesen ersten Überlegungen gingen Schlußfolgerungen hervor, die glücklicherweise fast banal geworden sind, aber die damals kühn erschienen. Sie forderten den Bruch mit der Assoziations-Psychologie, die, wenn auch nicht als Lehre, so doch als Methode, damals allgemein anerkannt war. Sie verlangten noch einen weiteren Bruch, den wir nur erst andeuteten. Neben der Assoziations-Psychologie gab es den Kantianismus, dessen Einfluß übrigens, oft mit der ersteren verbunden, nicht weniger mächtig und nicht weniger allgemein war. Diejenigen, die den Positivismus eines Comte, oder den Agnostizismus eines Spencer zurückwiesen, wagten nicht, die kantische Auffassung von der Relativität der Erkenntnis zu bestreiten. Kant hatte, so sagte man, bewiesen, daß unser Denken eine Materie bearbeitet, die von vornherein in Raum und Zeit zerstreut ist, und die so ganz speziell auf den Menschen zugeschnitten ist: das sog. „Ding an sich“ entschlüpft uns; um dieses zu erfassen, bedürfte es einer intuitiven Erkenntnisfähigkeit, die wir nicht besitzen. Ganz im Gegensatz dazu ging aus unserer Analyse hervor, daß wenigstens ein Teil der Wirklichkeit, nämlich unsere Person, in ihrer ursprünglichen Reinheit erfaßt werden kann. Hier ist das Material unserer Erkenntnis nicht geschaffen und gleichsam zerbröckelt und entstellt durch eine Art von boshaftem Geist, der danach einen Haufen atomisierter Empfindungen unserem Bewußtsein zu einer künstlichen Synthese dargeboten hätte. Unsere Person erscheint uns, so wie sie ist, in ihrem „An-sich“, sobald wir uns von Denkgewohnheiten freimachen, die wir aus Bequemlichkeit angenommen haben. Aber sollte es nicht ebenso bei anderen Wirklichkeiten sein, vielleicht gar bei jeder? War die „Relativität der Erkenntnis“, die jeden Aufschwung der Metaphysik verhinderte, ursprünglicher und wesentlicher Art? Sollte sie nicht vielmehr zufälliger Art sein und auf einer erworbenen Denkgewohnheit beruhen? Sollte sie nicht ganz einfach daher rühren, daß die Intelligenz Vorstellungsgewohnheiten angenommen hat, die für das praktische Leben notwendig sind: diese Gewohnheiten, auf das Gebiet der Spekulation übertragen, stellen uns einer entstellten und umgemodelten Wirklichkeit gegenüber, die konstruiert ist; aber die Konstruktion zwingt sich uns nicht unausweichbar auf, sie rührt von uns selbst her; was wir selbst gemacht haben, können wir auch wieder auflösen, und dann treten wir in direkten Kontakt mit der Wirklichkeit. Es war also nicht nur die psychologische Theorie des Assoziationismus, die wir beiseite schoben, es war auch, und aus einem analogen Grund, eine allgemeine Philosophie, wie etwa der Kantianismus und alles, was sich damit verband. Beide, die damals in ihren großen Zügen anerkannt waren, erschienen uns als impedimenta, die die Philosophie und die Psychologie am Fortschritt hinderten.

      Es blieb also die Aufgabe vorwärtszuschreiten. Es genügte nicht, das Hindernis beiseitezuschieben. Wir machten uns an die Arbeit und gaben uns an das Studium der psychologischen Funktionen, dann der psychophysiologischen Beziehungen, dann an das Studium des Lebens im allgemeinen und suchten dabei immer die direkte Schau, wodurch wir immer Probleme ausschalteten, die nicht die Dinge selber betrafen, sondern ihre Übersetzung in künstliche Begriffe. Wir wollen hier nicht eine Geschichte skizzieren, deren erstes Ergebnis darin bestünde, die äußerste Kompliziertheit einer so einfach erscheinenden Methode aufzuzeigen; wir werden übrigens im nächsten Kapitel kurz noch einmal darauf zurückkommen. Aber da wir damit begonnen haben, daß wir sagten, wir hätten vor allem an die Präzision gedacht, so wollen wir mit dem Hinweis schließen, daß die Präzision unseres Erachtens durch keine andere Methode gewonnen werden kann. Denn die Ungenauigkeit schreibt sich im allgemeinen daher, daß eine Sache durch einen zu unbestimmten Allgemeinbegriff aufgefaßt wird, wobei Sache und Begriff übrigens fix und fertigen Wortschablonen entsprechen. Aber wenn man damit anfängt, die fertigen starren Begriffe zu beseitigen, wenn man sich eine direkte Schau des Wirklichen verschafft, wenn man dann diese Wirklichkeit unterteilt mit Rücksicht auf ihre natürliche Gliederung, so werden diesmal die neuen Begriffe, die man bilden muß, um sich auszudrücken, dem Ding genau auf den Leib zugeschnitten sein: die Ungenauigkeit wird nur entstehen können durch ihre Ausdehnung auf andere Dinge, die sie gleichermaßen in ihrer Allgemeinheit mit umfaßten, aber die für sich studiert werden müssen unter Außerachtlassung dieser Begriffe, wenn man sie ihrerseits wirklich kennen lernen will.

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