Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus - Andreas Suchanek страница 73
Die Schlacht um NOVA-Station würde zweifellos ihren Platz in den Geschichtsbüchern finden. Zu seinem Entsetzen hatte Jayden festgestellt, dass die Nachrichten ihn zur Ikone dieses Kampfes stilisierten, und das völlig zu Unrecht. Der Held von Tikara II hatte erneut bewiesen, dass Mut und Ehre in der Flotte noch etwas gelten, als er die mutmaßlichen Parlidenschiffe zerstörte, die das Leben so vieler bedrohten. Ihm wurde ganz schlecht, als er an diese Aussage eines Reporters dachte. Dass er eines der Schiffe nicht hatte aufhalten können, wurde nicht ihm zur Last gelegt, sondern der schlampig aufgebauten Flotte von Systemkommandant Harris, der in der Schlacht gefallen war und sich daher auch nicht verteidigen konnte. Und Ivo Coen, der das System heldenhaft verteidigt hatte, wurde mit keiner Silbe erwähnt; genauso wenig wie all die anderen. Wenn das so weiterging, würde jeder Captain in der Flotte Jayden bald hassen.
»Wie ist unser Status?«, fragte Jayden seine I.O. Es gefiel ihm nicht, dass die HYPERION abberufen wurde. Er hätte Captain Coen gerne dabei geholfen, die Evakuierung abzuschließen und die Infrastruktur des Systems wieder aufzubauen. Doch die Admiralität hatte andere Pläne.
»Der Schaden am Phasenfunk-Modul konnte durch den Materialnachschub der Hilfsschiffe behoben werden«, sagte Ishida, nachdem sie ihre Konsole zu Rate gezogen hatte. »Das Erholungsdeck ist vollständig zerstört, die Hälfte unserer Torpedoschächte ist nicht mehr zu gebrauchen und die Laserkristalle sind allesamt ausgebrannt. Zudem sind mehrere Stationen unterbesetzt. Wir sollten uns keinen weiteren Kampf mehr erlauben, bis wir die heimatliche Werft besucht haben.«
Ein übermüdet wirkender Admiral Sjöberg hatte sich vor wenigen Stunden gemeldet und die HYPERION ins Sol-System zurückbeordert. Dort sollte das Schiff in den kommenden Monaten vollständig instand gesetzt werden. Der Admiral hatte ferner angedeutet, dass es beunruhigende Neuigkeiten gab, die die Admiralität und die Regierung zurzeit beschäftigten. Diesbezüglich wollte er persönlich mit Jayden sprechen, sobald der Interlink-Kreuzer das Sol-System erreichte.
Irgendwie habe ich kein gutes Gefühl dabei, dachte er. »Lieutenant McCall, senden Sie der Systemüberwachung unseren Abflugvektor. Lieutenant Task, berechnen Sie einen Kurs und bringen Sie uns auf Interlink.« Beide Offiziere bestätigten den Befehl. »Ich bin in meinem Bereitschaftsraum.«
*
Alpha 365 sank in den Konturensessel. »Sir, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass sich mein Verdacht bestätigt hat.«
Für einige Augenblicke hatte Jayden keine Ahnung, wovon der Sicherheitschef des Schiffes eigentlich sprach, dann erinnerte er sich. »Sie sprechen von Ihrer Theorie, dass es einen Verräter an Bord gibt?«
Alpha 365 bejahte. »Nachdem wir die Schlacht überstanden hatten, wollte ich mir die Sensorlogbücher noch einmal anschauen. Im Verlauf unseres Fluges nach NOVA erfassten die Sensoren eines der fremden Schiffe, um genau zu sein: den Duspanit-Anteil der Hülle. Entgegen der Vorgabe durch die implementierten Algorithmen verlangte das System jedoch keine Bestätigung von Lieutenant Kensington, sondern stufte die Signatur – fehlerhaft – als Asteroiden ein.«
»Was haben Sie entdeckt?«
»An den Sensoraufzeichnungen nichts, denn die wurden gelöscht. Jemand gab sich große Mühe, dies als Ergebnis der Beschädigung hinzustellen, die wir im Verlauf der Schlacht davontrugen. Dem ist jedoch nicht so. Ich kann noch nicht sagen, wer sich an den Aufzeichnungen zu schaffen gemacht hat, doch es ist ihm gelungen, sogar die Backups aus dem gesicherten Speicher zu löschen. Mein Verdacht richtet sich aktuell auf ein Mitglied der Kommandobrückencrew.«
»Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber das ergibt einfach keinen Sinn.« Jayden rieb sich müde die Augen.
»Sie irren sich, Sir. Es macht durchaus Sinn. Die angreifenden Raumer wollten zweifellos das zweite Fraktal, das wir beim Einflug noch bei uns führten.«
»Wie kommen Sie darauf? Vielleicht wollten die einfach nur, dass es keine Zeugen gibt und haben der PI-RA daher nachgesetzt.«
»Ich fürchte, dem ist nicht so. Kurz bevor zwei der Angreifer das rentalianische Schiff verfolgten, ging ein Phasenfunksignal von der HYPERION aus. Ziel war eines der feindlichen Raumschiffe. Zumindest diese Informationen konnte ich rekonstruieren.«
»Das ergibt trotzdem keinen Sinn!« Jayden schlug mit der flachen Hand auf seinen Schreibtisch. »Wenn Ihre Theorie zutrifft, müssten diese Schiffe uns irgendwie bis zur NOVA-Station verfolgt haben. Der Raumer, der den Angriff ausgelöst hat, muss jedoch schon vor Monaten auf Unterlicht zu NOVA geflogen sein. Eine Transition hätte man geortet, und auch ein Schiff unter Vollschub wäre den Plattformen nicht entgangen. Wir wussten aber selbst bis vor wenigen Tagen nicht, dass wir hierher beordert werden würden. Das hat die Admiralität erst nachträglich entschieden.«
Alpha 365 neigte den Kopf zur Seite. »Es macht keinen Sinn, weil wir bisher nicht über genügend Informationen verfügen. Ich habe auf Ihre Fragen also auch keine Antwort. Doch ich bin überzeugt davon, dass wir diese durchaus erhalten können. Meiner Meinung nach haben die 'Artefaktjäger' jemanden in unsere Crew eingeschleust. Wenn wir diese Person enttarnen, werden wir Antworten bekommen.« Er unterbreitete Jayden einen Plan, mit dem er den Verräter aus dem Schatten zerren wollte.
»Ich lasse Ihnen dabei freie Hand«, sagte Jayden, nachdem er in Ruhe darüber nachgedacht hatte. »Aber wenn Sie recht haben, will ich diesen Schweinehund, bevor wir die Erde erreichen. Egal wie, machen Sie es möglich. Der oder die Unbekannte hat die HYPERION ebenso verraten wie die gesamte Erde. Ich habe von Sabotage, versteckten Signalen und ausfallenden Systemen die Nase voll!«
Alpha 365 erhob sich. »Ich werde tun, was ich kann, Sir.«
Damit verließ der Sicherheitschef den Bereitschaftsraum. Jayden nippte an seinem Vitamincocktail, bei dem er dieses Mal den Koffein-Zusatz weggelassen hatte. Er würde noch einige Dinge erledigen und sich danach in sein Quartier begeben, um eine Menge Schlaf nachzuholen.
Es gab also tatsächlich einen Verräter an Bord. Jemanden, der gegen die Interessen der Menschheit arbeitete, der die HYPERION auf der einen Seite beschützte, wie es im Elnath-System und bei der Verfolgung des rentalianischen Schiffs im Parlidenraum geschehen war, auf der anderen Seite aber kalt lächelnd den Tod unzähliger Leben in Kauf nahm.
Jayden schüttelte den Kopf und vertrieb die Gedanken. Momentan konnte er nichts tun, musste abwarten, wie der Sicherheitschef weiter vorging.
Er aktivierte das interne Komm-System. »Cross an Kommandobrücke.«
»Ishida hier, was kann ich für Sie tun, Captain?«
»Schicken Sie bitte Lieutenant Kensington in meinen Raum.«
»Aye, Sir.«
Er beendete die Verbindung.
Nur Sekunden später ertönte ein weicher Dreiklang, der einen Besucher ankündigte. Jayden gab den Zugang frei, worauf Lieutenant Tess Kensington seinen Raum betrat.
»Sie wollten mich sprechen, Sir?«
Die Ortungsoffizierin mit den langen blonden Haaren wirkte müde und angeschlagen, hielt sich jedoch kerzengerade und hatte vor einigen Stunden darauf bestanden, wieder ihren Dienst aufzunehmen.