Ausgewählte Werke von Gottfried August Bürger. Gottfried August Bürger
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Werke von Gottfried August Bürger - Gottfried August Bürger страница 15
»Als ich dem holländischen Ufer schon ziemlich nahe war und das Wasser über meinem Kopfe keine zwanzig Klafter mehr hoch sein mochte, so kam es mir vor, als läge eine menschliche Gestalt in weiblicher Kleidung vor mir auf dein Sande. Ich glaubte einige Zeichen des Lebens an ihr zu bemerken, und als ich näher kam, sah ich auch wirklich, daß sie ihre Hand bewegte. Ich faßte diese an und brachte die Person als eine anscheinende Leiche mit mir an das Ufer. Ob man nun gleich damals in der Kunst Tote zu erwecken noch nicht so weit gekommen war, daß man so wie in unseren Tagen auf jeder Dorfschenke eine Anweisung vorfand, Ertrunkene wieder aus dem Reiche der Schatten zurückzurufen, so gelang es doch den klugen und unermüdeten Bemühungen eines dortigen Apothekers, den kleinen Funken des Lebens, den er in dieser Frau noch übrig fand, wieder anzumachen. Sie war die teuere Hälfte eines Mannes, der ein nach Helvoetsluys gehöriges Schiff kommandierte und kurz vorher aus dem Hafen abgefahren war. Unglücklicherweise hatte er in der Eile eine andere Person anstatt seiner Frau mitgenommen. Dies wurde ihr sogleich von einer der wachsamen Schutzgöttinnen des häuslichen Friedens hinterbracht, und weil sie fest überzeugt war, daß die Rechte des Ehebettes zu Wasser so gültig wären als zu Lande, so fuhr sie ihm wütend von Eifersucht in einem offenen Boote nach und suchte, sobald sie auf das Oberlof seines Schiffes gekommen war, nach einer kurzen unübersetzbaren Anrede, ihre Gerechtsame auf eine so triftige Art zu beweisen, daß ihr lieber Getreuer es für ratsam fand, ein paar Schritte zurückzutun. Die traurige Folge davon war, daß ihre knöcherne Rechte den Eindruck, der den Ohren ihres Mannes zugedacht war, auf die Wellen machte, und da diese noch nachgebender waren als er, so fand sie erst auf dem Grunde der See den Widerstand, den sie suchte. – Hier brachte mich nun mein Unstern mit ihr zusammen, um ein glückliches Paar auf Erden mehr zu machen.
»Ich kann mir leicht vorstellen, was für Segenswünsche mir ihr Herr Gemahl nachgeschickt hat, als er bei seiner Rückkunft fand, daß sein zärtliches Weibchen, durch mich gerettet, seiner harre. Indes so schlimm auch immer der Streich sein mag, den ich dem armen Teufel gespielt habe, so war mein Herz doch außer aller Schuld. Der Bewegungsgrund meiner Handlung war reine, klare Menschenliebe, obgleich, wie ich nicht leugnen kann, die Folgen davon für ihn schrecklich sein mußten. «
Und so weit, meine Herren, geht die Erzählung meines Vaters, an die ich durch die berühmte Schleuder erinnert wurde, die leider, nachdem sie sich so lange bei meiner Familie erhalten und ihr viele wichtige Dienste geleistet hatte, in dem Rachen des Seepferdes ihren Rest gekriegt zu haben scheint. Wenigstens habe ich den einzigen Gebrauch davon gemacht, den ich Ihnen erzählt habe, daß ich den Spaniern eine ihrer Bomben uneröffnet wieder zurückschickte und dadurch meine zwei Freunde vom Galgen rettete. Bei dieser edlen Anwendung wurde meine Schleuder, die vorher schon etwas mürbe war, vollends aufgeopfert. Das größte Teil davon flog mit der Bombe weg, und das übrige kleine Stückchen, das mir in der Hand blieb, liegt jetzt in unserm Familienarchiv, wo es nebst mehreren wichtigen Altertümern zu ewigem Andenken aufbewahret wird.
Bald darauf verließ ich Gibraltar wieder und kehrte nach England zurück. Dort begegnete mir einer der sonderbarsten Streiche meines ganzen Lebens. Ich mußte nach Wapping hinuntergehen, um verschiedene Sachen einschiffen zu sehen, die ich einigen meiner Freunde in Hamburg schicken wollte, und als ich damit fertig war, nahm ich meinen Rückweg über den Tower Wharf. Es war Mittag; ich war schrecklich müde, und die Sonne wurde mir so lästig, daß ich in eine von den Kanonen hineinkroch, um dort ein bißchen auszuruhen. Kaum war ich darin, so fiel ich auch sogleich in den tiefsten Schlaf. Nun war es gerade der vierte Junius, und um ein Uhr wurden alle Kanonen zum Andenken dieses Tages abgefeuert. Sie waren am Morgen geladen, und da niemand mich hier vermuten konnte, so wurde ich über die Häuser an der entgegengesetzten Seite des Flusses weg in den Hof eines Pächters zwischen Berinondsey und Deptford geschossen. Hier fiel ich auf einen großen Heuhaufen nieder und blieb – wie aus der großen Betäubung leicht begreiflich wird –, ohne aufzuwachen, liegen. Ungefähr nach drei Monaten wurde das Heu so erschrecklich teuer, daß der Pächter einen guten Schnitt zu machen dachte, wenn er jetzt seinen Vorrat losschlüge. Der Haufen, auf dem ich lag, war der größte auf dem Hofe und hielt wenigstens fünfhundert Fuder. Mit ihm wurde also bei dem Aufladen der Anfang gemacht. Durch den Lärmen der Leute, die ihre Leitern angelegt hatten und auf den Haufen hinaufsteigen wollten, wachte ich auf, noch halb im Schlafe und ohne im geringsten zu wissen, wo ich war, wollte ich weglaufen und stürzte herunter auf den Eigentümer des Heus. Ich selbst litt durch diesen Fall nicht den geringsten Schaden, der Pächter aber einen desto größern; er blieb tot unter mir liegen, denn ich hatte unschuldigerweise ihm das Genick gebrochen. Zu meiner großen Beruhigung hörte ich nachher, daß der Kerl ein abscheulicher Jude war, der immer mit den Früchten seiner Ländereien so lange zurückhielt, bis erst bittere Teuerung einriß und er mit übermäßigem Profite sie verkaufen konnte, so daß also sein gewaltsamer Tod für ihn gerechte Strafe und für das Publikum wahre Wohltat war.
Wie sehr ich übrigens erstaunte, als ich wieder völlig zu mir selbst kam und nach langem Besinnen meine gegenwärtigen Gedanken an die anknüpfte, mit denen ich vor drei Monaten eingeschlafen war, und wie groß die Verwunderung meiner Freunde in London war, als ich nach vielen vergeblichen Nachforschungen auf einmal wieder erschien – das können Sie, meine Herren, sich leicht vorstellen
Nun lassen Sie uns erst ein Gläschen trinken, und dann erzähle ich Ihnen noch ein paar meiner Seeabenteuer.
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